E-Sturm auf den Gipfel

VW Pikes Peak Elektro-Renner mit ‚nur‘ 680 PS

Volkswagen hat die technischen Daten des „I.D. R Pikes Peak“ bekanntgegeben, mit dem man einen neuen Rekord für Elektrofahrzeuge beim berühmten Pikes-Peak-Bergrennen aufstellen will. Dabei wurden klare Prioritäten gesetzt.

Volkswagen Motorsport hat die Hüllen vom ersten rein elektrisch angetriebenen Supersportler gezogen. Die Flunder, die auf den leicht sperrigen Namen „I.D. R Pikes Peak“ hört, verfügt über zwei Elektromotoren mit einer dauerhaften Systemleistung von 500 kW (680 PS), 650 Nm Drehmoment und ist 1.100 kg schwer. Damit sprintet das Auto in 2,25 Sekunden von 0 auf 100 und erreicht eine Spitze von 240 km/h. Das Ziel: Beim „Race to the Clouds“ den bestehenden Rekord von 8:57,118 Minuten für Elektrofahrzeuge zu unterbieten.  

„Für diese 20 Kilometer auf den Punkt ein Auto zu entwickeln, ist etwas ganz Besonderes für Ingenieure“, sagt François-Xavier Demaison, eigentlich nur „FX“ gerufen, Technischer Direktor von Volkswagen Motorsport und verantwortlich für die Entwicklung des Pikes-Peak-Fahrzeugs. Demaison und sein Team verzichteten auf einen E-Muskelprotz. Nicht das maximal Erreichbare in Sachen Leistungsfähigkeit war oberstes Ziel, sondern auch das Optimum aus Energiekapazität – und damit Gewicht – und der eingesetzten Kraft.

Der I.D. R Pikes Peak tritt beim „Race to the Clouds“ in der Prototypen-Klasse „Unlimited“ an, wo man die erwünschte Freiheit ohne technisch einschränkende Regeln findet. Fahrzeugabmessung, Dimensionierung der Leistung der Elektromotoren, Auslegen der Aerodynamik, Bemessung der Energiespeicher – hier waren die Volkswagen Ingenieure in der Festlegung des bestmöglichen Konzepts nicht eingeschränkt. Die Philosophie: Möglichst leichtgewichtig den Gipfel zu stürmen – und das mit einer optimalen Balance zur eingesetzten Leistung.

Als Energiespeicher kommen – wie auch im Bau von Serienfahrzeugen mit elektrischem Antrieb – Lithium-Ionen-Batterien zum Einsatz. Der Anspruch an die Batteriezellen ist hoch: Ihre Leistungsdichte ist das entscheidende Kriterium des Systems im Hoch-Volt-Bereich. Anders als in der Serienfertigung war von den Motorsport-Ingenieuren nicht die maximale Reichweite gefragt, sondern eine möglichst hohe Leistungsabgabe auf den 20 Kilometern Distanz in Richtung Pikes-Peak-Gipfel „Am Pikes Peak benötigen wir Batterien mit möglichst hoher Leistungsdichte“, so Demaison. „Anders ist es bei Elektro-Fahrzeugen, die sich im Alltag bewegen. Hier muss die Energiedichte besonders hoch sein, um mehr Reichweite zu generieren.“ 

Computer errechnet das Optimum

Im Wechselspiel zwischen Kraft und Gewicht wurden simulationsgestützt das Optimum aus Batterie-Gewicht und Motorleistung erarbeitet, denn die Leistungsfähigkeit der Batterie muss mit der Leistungsfähigkeit des Motors ausbalanciert werden. Bei einem Bergrennen wie am Pikes Peak mit einem Höhenunterschied von 1.440 Metern zwischen Start und Ziel und einer durchschnittlichen Steigung von sieben Prozent spielt das Fahrzeuggewicht eine enorm wichtige Rolle. Mehr gespeicherte Energie bedeutet ein höheres Gewicht der Batterie und damit des Gesamtsystems. Mehr Gewicht erfordert mehr Leistung der Motoren. Mit diesen Parametern wurde bei Volkswagen Motorsport das Optimum für den Rekordversuch errechnet.

Etwa 20 Prozent der benötigten elektrischen Energie wird während der 20 Kilometer Fahrt erzeugt – durch Energie-Rückgewinnung, die beim Bremsen die sonst antreibenden Motoren mit nutzt. Während des Bremsens wird ein Teil der Verzögerung durch die mechanische Wirkung von Bremsscheiben erreicht, der andere durch die Unterstützung der Elektromotoren, die in diesem Fall gleichzeitig als Generatoren wirken. 

Für den Rest bedarf es dank Schnellladesystems einer Ladezeit von nur etwa 30 Minuten. Bei der Entwicklung der fest eingebauten Batterien des I.D. R Pikes Peak profitierte Volkswagen Motorsport von den Fachabteilungen für E-Mobilität in Wolfsburg. „Die Technische Entwicklung von Volkswagen verfügt über Werkstätten und Labors, um verschiedene Belastungstests mit Batterien zu machen“, so Demaison. „Volkswagen hat bereits viel Erfahrung in der Hoch-Volt-Technik. Da gibt es spezielle Anforderungen an die Verkabelung und den Isolationsschutz. Darauf zurückgreifen zu können, war viel wert.“

Neben der reinen Batterie-Technik kommen wertvolle Erkenntnisse und Entwicklungen zum Batterie-Management dazu – etwa die Ladetechnik und die Überwachung der Batterie während des Ladevorgangs. „Das ist eine elektronische Entwicklung, die man ganz sicher auch in anderen Bereichen anwenden kann“, so Demaison.

Am 24. Juni wird sich zeigen, ob es den VW-Motorsportlern gelungen ist, den bestehenden Rekord für Elektro-Fahrzeuge zu unterbieten. Der liegt derzeit bei 8:57.118 Minuten, aufgestellt von Rhys Millen im Jahr 2016. Dessen 'eO PP100' leistete übrigens schlappe 1.190 kW bzw. 1.618 PS in der Spitze bei 1.200 kg Leergewicht.

Ab morgen beginnt das Testprogramm mit Elektro-VW. Testfahrten auf der Bergrennstrecke in Colorado Springs sind nur abschnittsweise und in sehr begrenztem Umfang möglich. Das Gros der Testarbeit wird deshalb nicht auf dem tatsächlichen Kurs, sondern auf Rennstrecken absolviert. Hinter dem Steuer wird Pikes-Peak-Titelverteidiger Romain Dumas sitzen.

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