EM-Zukunft

Ley: „Lausitz-Rallye könnte in EM passen“

Jean-Baptiste Ley ist Koordinator bei Rallye-EM-Promoter Eurosport Events. Im Interview erklärt der Franzose wie sich die Meisterschaft entwickeln soll und wie es um einen deutschen Lauf bestellt ist.

<strong>TRAUM VIELER FANS:</strong> Die Lausitz-Rallye als Teil der Europameisterschaft

Die ‚neue’ Rallye-Europameisterschaft befindet sich in ihrem zweiten Jahr. Sind sie zufrieden mit dem Wechsel von der IRC zur EM?
Auch wenn es für Eurosport Events als offizieller Promoter ein großer Schritt war, wir sind sehr zufrieden.

Ein großer Schritt in welcher Hinsicht?
Die Interkontinentale Rallye Challenge war keine offizielle FIA-Meisterschaft. Wir waren frei in der Gestaltung. Nun müssen wir uns nach den Regeln der FIA richten, was auf der anderen Seite aber auch neue Möglichkeiten für die Serie bietet. Die FIA-Europameisterschaft ist eine tolle und klar positionierte Meisterschaft, die jeder kennt und seinen hohen Stellenwert einschätzen kann.

Hat Eurosport Events auch Interesse andere Serien zu vermarkten, zum Beispiel die kontinentalen FIA Rallyemeisterschaften in Asien-Pazifik, oder im Mittleren Osten?
Im Moment konzentrieren wir uns auf die Rallye-EM und die Tourenwagen-WM. Vielleicht sind in ein paar Jahren auch andere Aktivitäten möglich. Aber das ist Zukunftsmusik. Wir sind noch jung in der Familie der FIA-Meisterschaften. Im Vorjahr war unser erstes Jahr in der Rallye-EM, in der zweiten Saison sind wir gerade dabei an den richtigen Stellschrauben zu drehen, für eine erfolgreiche Zukunft. Erst wollen wir auf unserem Heimatkontinent eine starke Meisterschaft haben, bevor wir uns mit anderen Serien und Projekten befassen.

Was verstehen Sie unter einer starken Rallye-EM?
Unser Ziel ist es, die Europameisterschaft als beste kontinentale Rallyemeisterschaft und zudem als DIE Serie unterhalb der Weltmeisterschaft, also als optimale Vorbereitung für die höchste FIA-Meisterschaft zu etablieren. Und um das hier nochmals klarzustellen: Wir haben keine Machtkämpfe oder gar Krieg mit der WM und deren Promoter, wie mancher gerne kolportiert. Im Gegenteil: Unsere Unterstützung bei der TV-Produktion zur Rallye Monte Carlo 2012 zeigte, dass wir von Eurosport zu allererst an einer guten Zusammenarbeit interessiert sind. Nochmals: Wir wollen, dass unsere Serien funktionieren und die Rallye-EM die Topserie unterhalb der FIA-WM ist.

Ist sie das nicht schon? Oder anders gefragt, wo können Sie noch zulegen?Auch wenn die EM aus der IRC hervorging, nach gerade einmal 18 Monaten gibt es noch einige Bereiche, in denen man Verbesserungen vornehmen kann: Auch wenn wir durch unsere speziellen Erfahrungen schon eine gute TV-Vermarktung haben, haben wir bei der Vermarktung noch einiges Potential. Zudem kann man bei der Auswahl der Rallyes oder auch der Organisation noch einiges besser machen. Es wäre schön, zu sehen, wenn ein junger Fahrer künftig über die EM in die WM aufsteigt. Dazu sollten wir anspruchsvolle Rallyes und ein ähnliches, aber nicht identisches Format haben.

Was heißt das im Detail?
Früher wurde die EM nur auf Asphalt ausgefahren. Mittlerweile findet sie ebenfalls auf allen Untergründen, also auch auf Schotter, Eis und Schnee statt. Das war unser Wunsch. Nicht nur um spektakuläre Fernsehbilder zu erhalten, sondern auch um dadurch die optimale Vorbereitung zur WM darzustellen. Wichtig sind natürlich die Kosten. EM-Läufe umfassen zwischen 200 und 250 WP-Kilometer, sind also 30 bis 40 Prozent kürzer als WM-Läufe. Zudem gibt es in der EM, anders als in der WM keine Einschreibegebühren. Ein Hauptaugenmerk liegt zudem bei den Nachwuchsfahrern. Den EM-Junioren stehen R2-Autos von sechs verschiedenen Hersteller zur Verfügung, in der WM müssen sie zum R3 einer Marke greifen und müssen deutlich härtere Rallyes überstehen. Schauen sie mal, wo mehr Junioren starten. 

ZUFRIEDEN: Jean-Baptiste Ley sieht die EM auf dem richtigen Weg

Soll heißen, ihr Konzept wird angenommen?
Ein klares Ja. Vor allem wenn man weiß, dass es die wirtschaftliche Situation im Motorsport auch den EM-Teams nicht gerade leicht macht. Die bisherigen Läufe waren gut besucht, auch die Winterrallye in Lettland. Andere Läufe wie jener in Estland wird von vielen zur Vorbereitung auf den WM-Klassiker in Finnland genutzt. Gleiches gilt für die Jänner Rallye im Vorfeld der Rallye Monte Carlo. Wenn sich WM-Piloten und Topstars wie Robert Kubica im EM-Feld messen, ist das eine klassische Win-Win-Situation – für uns als Promoter und auch den Teams. 

Mit Peugeot und Skoda treten im Grunde Werksteams an. Sehen sie darin keine Gefahr für die EM?
Zum einen starten beide Team mit jungen Piloten. Peugeot versucht mit den EM-Starts zudem ihr neues Kundensportmodell zu bewerben. Der Titel ist dabei Nebensache. Zudem muss man feststellen, dass ein Hersteller-Engagement eine starke Wirkung hat und einer Serie immer gut tut. Hersteller sorgen immer auch für ein höheres Medieninteresse, das kommt, wenn man es ordentlich macht, am Ende auch den Privatiers zu gute. Egal ob aktuell nun Peugeot und Skoda, oder nehmen wir Opel und denken von mir aus auch an M-Sport Ford. Top-Privatiers messen sich gerne mit Werksautos, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Es ist unsere Aufgabe, dafür zu sorgen, dass sich die Kosten in Grenzen halten und damit alle die gleichen Erfolgschancen haben.

Jänner-Rallye-Termin nicht optimal

Im kommenden Jahr findet der EM-Auftakt in Österreich noch früher statt. Wie steht es um die Jänner Rallye?
Keine Frage, der sehr frühe Termin der Jänner Rallye, 2015 reden wir sogar vom 2. Januar, ist alles andere als optimal und schon auch ein Problem. Wir haben auch Verständnis für die regionale Situation. Die Rallye kann nur in der Ferienzeit funktionieren, ansonsten wären weder genügend Helfer noch Zuschauer zu mobilisieren. Auf der anderen Seite ist es die erste Motorsportveranstaltung des Jahres und auch dadurch etwas Besonderes. Die Organisatoren in Österreich machen einen guten Job. Der EM-Auftakt 2015 wird erneut dort stattfinden. Daneben sind Topevents wie zum Beispiel die Rallye Azoren auch kommende Saison fester Bestandteil des EM-Kalenders. 

Keine Rallye ist weiter entfernt. Dennoch gilt der Lauf als ein Highlight der Rallye-EM. Wie das?
Die Landschaft und Strecken auf den Azoren sind einmalig. Gut für die Teilnehmer, die zudem bei den Transportkosten großzügig unterstützt werden. Und gut für uns als Promoter. Nirgends können wir spektakulärere Bilder produzieren. Mit dem Tourismusverband haben wir einen starken Partner und können so zusätzlich zur normalen TV-Berichterstattung mehrere Prüfungen live übertragen – mit großem Erfolg. Das gleiche machen wir auf Zypern. Auch dort gilt der EM-Lauf als prima Werbeinstrument.

Das EM-Finale steigt auf Korsika. Ist die EM eine Insel-Serie?
Oh nein, über zwei Drittel der Läufe finden auf dem Festland. Aber Inseln haben schon immer gerne eine Rallye genutzt, um so für sich zu werben, wie die Beispiele Sardinien aber auch Gran Canaria oder Madeira zeigen.

Welches sind die Schlüsselevents, oder gibt es gar EM-Klassiker wie in der WM die ‚Monte’ oder Finnland?
Mit der Rallye Azoren, wo eine, wenn nicht die spektakulärste Prüfung der Welt stattfindet, haben wir eine mittelfristige Vereinbarung, schon wegen der Planungssicherheit und Transportlogistik. EM-Läufe wie in Estland und Österreich dienen vielen Teams zur optimalen Vorbereitung auf WM-Klassiker wie die Monte und Finnland und passen schon deshalb prima in eine kontinentale Serie. Und dann wäre auch noch die Rallye Akropolis, die in einem neuen Format stattfand. Eine so extrem harte Herausforderung wie die frühere Akropolis passt nicht in die EM. Das neue Format mit je einer Asphalt- und einer gut zu bewältigen Schotter-Etappe bei Teams gut an, auch wenn sie zwei Setups mitnehmen mussten. Auch die Rallye Ypern dürfte wieder wieder ein Highlight werden. Und Korsika ist ein echter Klassiker im Rallyesport und wird mit Sicherheit einen großartigen Saisonabschluss bilden.

Hat Eurosport Events anders als der WM-Promoter die Kalenderrechte in der Rallye-EM?
Ja die haben wir. Es ist unsere Aufgabe einen adäquaten EM-Kalender zu erstellen. Aber natürlich brauchen auch wir das grüne Licht und die Freigabe der FIA, respektive des FIA-Weltrats.

Wie steht es um den künftigen EM-Kalender?
Das Grundgerüst steht. Wir müssen uns aber, auch wegen den Teilnehmern, den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen anpassen und überlegen, die Anzahl der Läufe eventuell von zwölf auf zehn zu verringern, aber das sind Planspiele.

Kommt in ihren Planspielen auch der automobile Schlüsselmarkt Deutschland vor?
Ein EM-Lauf in Deutschland könnte eine gute Sache sein, nicht nur für uns als Promoter, sondern auch für die Hersteller und Teams. Einerseits liegt Deutschland im Zentrum von Europa, die Wege wären also für alle ziemlich kurz. Zudem ist Deutschland ein starkes Land, übrigens entgegen der weitläufigen Meinung in anderen Ländern auch im Rallyesport. Das weiß ich aus meiner Zeit, als ich bei Renault im Kundensport tätig war und einige deutsche Rallyes besucht habe. Ich bin mir sicher, dass Hersteller wie Skoda, oder Opel gerne einen EM-Lauf in Deutschland sehen würden. Es gibt immer Ideen und Ansätze und auch Gespräche, aber im Moment gibt es keine konkreten Pläne.

Können Sie uns an ihren Ansätzen teilhaben lassen?
Zu allererst geht es darum, zu sehen, ob auch von anderer Seite Interesse besteht. Ein Organisator sollte auf uns zugehen und das Gespräch suchen. Dass muss gar nicht über den Verband, sondern darf gerne auch direkt sein. Dann geht es darum, die Basis für eine Partnerschaft zu finden. Eine einmalige Veranstaltung ist weniger unser Ziel, wir setzten zum Wohle alle Seiten auf eine mittelfristige Planungssicherheit.

Wenn sie die deutsche Rallyelandschaft ein bisschen kennen, können sie uns doch sicher verraten, welche Rallyes für die Rallye-EM interessant wären?
Da wir schon einige, darunter mit der ‚Tour de Corse’, ‚Ypern’, der ‚Barum’ und auch Irland, ganz spezielle Asphaltrallyes im Kalender haben, wäre ein deutscher Schotterlauf sicher die interessantere und chancenreichere Alternative. Da gibt es ja leider dann nicht so viel Auswahl. Die Lausitz-Rallye habe ich leider noch nicht live erlebt, aber schon einige Ausschnitte im Internet gesehen. Die könnte durchaus in die EM passen. Aber wie gesagt, kommt es auf das Paket an, dass man zusammen stricken kann. Hat ein Organisator ein ähnlich starkes Interesse Prüfungen live im Fernsehen zu zeigen, wie jene auf den Azoren oder Zypern, hilft das einem Promoter wie uns natürlich ungemein, gerade auf einem Schlüsselmarkt wie Deutschland.

GALERIE: Die Bilder der Lausitz-Rallye


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