Halbzeitbilanz Rallye Dakar

Experiment Saudi-Arabien funktioniert

Saudi Arabien als neues Gastgeberland und neue Regeln sorgen für Abwechslung bei der Rallye Dakar. Carlos Sainz, Stephane Peterhansel und Nasser Al-Attiyah machen Sieg unter sich aus

So richtig wusste niemand, worauf sich die Rallye Dakar mit dem Umzug nach Saudi-Arabien eingelassen hat. Doch nach der ersten Hälfte der 42. Ausgabe sind nahezu alle positiv überrascht. Teams, Begleitpersonal und Journalisten können sich frei bewegen, die Organisation läuft ohne größere Probleme. „Eine großartige Rallye“, lobt Rekordsieger Stéphane Peterhansel. „Die Landschaft ist faszinierend, die Navigation ist schwierig – genauso muss es sein.“

Timo Gottschalk, Beifahrer von Jakub Przygonski im Mini-Allradler und dieses Jahr der einzige Deutsche in einem Top-Auto, ergänzt: „Die Biwaks sind super. Die Polizei ist zwar präsent, aber sehr freundlich. Verständigung klappt auf Englisch ganz gut.“ Weniger gut verlief die Rallye bisher für das polnisch-deutsche Duo. Nach zwei Getriebeschäden und Lenkungsproblemen ist eine Spitzenplatzierung nicht mehr drin.

Umstritten war im Vorfeld auch die neue Regel, auf sechs der zwölf Etappen das Roadbook erst 15 Minuten vor dem Start auszugeben. Auf den anderen sechs erhalten die Beifahrer die Wegbeschreibung für die nächste Etappe wie gewohnt jeweils am Vorabend.

Zumindest die Copiloten der Werksteams haben dann nichts Eiligeres zu tun, als das gesamte Roadbook elektronisch zu ihren sogenannten „Map-Men“ zu senden. Die sitzen irgendwo zu Hause vor dem Computer und bauen anhand der Angaben im Roadbook die geplante Strecke auf Google Maps oder vergleichbaren Programmen zusammen. Die Beifahrer haben so schon vor dem Start eine ziemlich konkrete Idee vom Verlauf der Wertungsprüfung inklusive markanter Orientierungspunkte. Auch das Terrain, das bevorsteht, ist dank den Möglichkeiten moderner Satellitenbilder weitgehend bekannt. Dadurch wird die Navigation zwar kein Kinderspiel, aber doch wesentlich vereinfacht.

In diesen Fällen bearbeiten die Beifahrer außerdem das Roadbook meist bis weit in die Nacht mit persönlichen Markierungen in einer Handvoll unterschiedlicher Farben. Diese Aufgabe hat erstmals – zumindest rudimentär – der Veranstalter übernommen. „Dadurch kommen wir Beifahrer viel früher zum Schlafen als früher“, sieht Timo Gottschalk die positive Seite. „Allerdings haben wir jetzt vor jedem Start ein ungutes Gefühl, ob doch nicht irgendwo im Roadbook ein Haken steckt, den wir in 15 Minuten Vorbereitungszeit nicht finden können.“

Doch mit diesem Handicap können die Top-Beifahrer bisher recht gut leben. Navigationsfehler kamen auf den ersten sechs Etappen vor, betroffen waren aber alle Spitzenteams gleichermaßen. Damit auf keinen Fall jemand illegale Hilfsmittel verwendet, haben die Top-Teams zur Überwachung Kameras des Veranstalters im Cockpit. „Außerdem werden abends die Roadbooks wieder eingesammelt und auf unerlaubte Dinge hin kontrolliert“, beschreibt Gottschalk.

Anders als im Vorfeld vermutet, führte die Strecke zumindest während der ersten Halbzeit der Rallye nicht fast ausschließlich über Sand. Stattdessen galt es häufig, sehr harte Passagen mit Geröll zu überwinden. BF Goodrich, der Ausrüster aller Spitzenteams, hat deswegen anders als in der Vergangenheit zwei unterschiedliche Reifentypen mitgebracht. „Auf den ersten fünf Prüfungen sind wir die härtere Variante gefahren“, erzählt Gottschalk.

Mancher Konkurrent setzte eher auf die weichere, mutmaßlich schnellere Mischung. Relativ viele Plattfüße waren die Folge. Die Reifen wurden von den messerscharfen Steinen regelrecht aufgeschlitzt. „Wir hatten schon drei Reifenschäden. So viele habe ich normalerweise während der gesamten Rallye nicht“, sagt Peterhansel, der einen der Mini-Buggy fährt. Die Buggys von Mini oder dem französischen Privatfahrer Mathieu Serradori haben dennoch Vorteile, weil ihre Reifen deutlich größer sind als die Gummis der Allradler von Toyota oder Mini.

Zur Halbzeit hat Peterhansel 16 Minuten Rückstand auf den Gesamtführenden, Carlos Sainz (Mini-Buggy). Zwischen den beiden Teamkollegen liegt Nasser Al-Attiyah (Toyota). Alle drei haben sich bereits leicht von den Verfolgern abgesetzt und werden mit hoher Wahrscheinlichkeit den Sieg unter sich ausmachen.

Vorschau auf die 7. Etappe:

Riad – Wadi Al Dawasir; Gesamtdistanz: 741 km; WP: 546 km; Start Autos: 6:35 Uhr (MEZ); Ziel ca. 12:17 Uhr (MEZ)

Noch so ein klassischer „Dakar“-Hammer: Die erste Prüfung nach dem Ruhetag stellt die Teilnehmer üblicherweise vor extrem große Aufgaben. Die längste Prüfung der Premiere in Saudi-Arabien ist gleichzeitig auch eine der abwechslungsreichsten. Der Beginn wird durch kleine Dünen bestimmt, der Mittelabschnitt eher durch Schotterpisten, angereichert durch das Kreuzen von ausgetrockneten Flussbetten. Danach wechselt die Route zwischen weiten Sandflächen und Dünenquerungen hin und her. Das i-Tüpfelchen bilden Pfade zwischen kleineren Bergen.

Zwischenstand am Ruhetag

01. Carlos Sainz/Lucas Cruz (ESP/ESP), Mini Buggy, 23:33.05 Std.
02. Nasser Al-Attiyah/Matthieu Baumel (QAT/FRA), Toyota, + 7.46 
03. Stéphane Peterhansel/Paulo Fiuza (FRA/POR), Mini Buggy, + 16.18 
04. Yazeed Al-Rajhi/Konstantin Zhiltsov (SAU/RUS), Toyota, + 36.46 
05. Orlando Terranova/Bernardo Graue (ARG/ARG), Mini 4x4, + 43.52 
06. Mathieu Serradori/Fabian Lurquin (FRA/BEL), Century Buggy, + 50.19 
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38. Przygonski/Gottschalk (POL/DEU), Mini 4x4, + 8:25.20 
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53. Walcher/Henschel (DEU/DEU), Enduro XXX, 17:38.56 

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