Baumschlager Rallye Racing wurde von den Coronavirus-Maßnahmen genauso getroffen wie unzählige andere Betriebe und musste die Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken. Auch das innovative Projekt eines elektrisch betriebenen Skoda Fabia Rally2 (vormals R5), das man gemeinsam mit Kreisel Electric auf die Räder stellt, konnte unter diesen Umständen nicht ganz nach dem ehrgeizigen Zeitplan durchgeführt werden.
„Wir haben rund vier bis fünf Monate verloren, weil es zum Teil auch bei den Zulieferfirmen zu Engpässen kam. Aber unser Projekt läuft und ich bin heilfroh, dass die Leute von Kreisel Electric so euphorisch hinter unserem Projekt stehen“, sagt BRR-Chef Raimund Baumschlager.
Philipp Kreisel, CEO der oberösterreichischen Firma, nickt: „Wir profitieren sehr von der Motorsport-Erfahrung, die Raimund Baumschlager und sein Team in das Projekt einbringen. Wir befinden uns mit dem Fabia REX, wie er heißen wird, entwicklungstechnisch eigentlich schon in der Endphase. Und wir geben richtig Gas - im Oktober sollten wir soweit fertig sein, um erste Tests abhalten zu können.“
WRX-Kit als Basis
Kreisel Electric erhielt schon vor einiger Zeit von der FIA den Zuschlag, für die elektrische Rallycross-Weltmeisterschaft Einheits-Kits herzustellen, der Start der elektrischen WRX-Serie war ursprünglich für 2021 geplant, wurde aber wegen der Corona-Krise auf 2022 verschoben. In wie weit unterscheidet sich das bereits fertig entwickelte WRX-Kit vom REX-Antrieb? Philipp Kreisel erklärt: „Da gibt es natürlich unterschiedliche Anforderungen. Wir haben im RX-Kit 500 Kilowatt Leistung (entspricht 680 PS, d. Red.) zur Verfügung - so viel benötigen wir im Rallyesport nicht, denn dort wollen wir auf einem Niveau mit den gängigen R5-Fahrzeugen agieren, da ist die Reichweite natürlich ein großer Faktor.“
Ein völlig neuer Elektromotor muss für den elektrischen Fabia nicht gebaut werden: „Für die Leistungsregelung sind die Inverter zuständig, die nicht im Elektromotor verbaut sind.“ Auch unterschiedliche Getriebe-Übersetzungen, wie sie im herkömmlichen Rallyesport je nach Strecken-Charakteristika nötig sind, gibt es im Elektro-Boliden freilich nicht: „Wir haben ja ein Einstufengetriebe - die Höchstgeschwindigkeit regeln wir daher über die Motordrehzahl. Da entsprechen beispielsweise 16.000 U/min etwa 220 km/h Topspeed.“
Jänner-Rallye als Reichweitenschablone
Wichtig ist für das Rallyeprojekt logischerweise die Reichweite. Kreisel präzisiert: „Wir haben hier eine ordentliche Batterie entwickelt, die uns eine möglichst große Reichweite ermöglicht. Wir haben uns dabei an den geplanten Prüfungen der Jänner-Rallye orientiert - dort wären für eine Etappe ursprünglich 135 Gesamtkilometer am Stück vorgesehen gewesen, also Prüfungen und Verbindungsstrecken zusammen. Das wurde zwar nun verkürzt, aber wir wären auch dafür gerüstet gewesen.“
Wie erfolgt im Rallyeablauf das „Nachtanken“ sprich Aufladen? „Für die Rallyes haben wir eine Schnellladestation entwickelt, bei der es sich um eine entsprechend starke transportable Batterie handelt, mit der wird die Batterie des Fahrzeugs aufgeladen - wir können im Servicebereich unser Auto binnen 18 Minuten wieder komplett aufladen.“
Wenn also die Jänner-Rallye als Vorgabe diente - kann man davon ausgehen, dass der BRR Fabia REX schon bei der Jänner-Rallye 2021 debütieren wird? Philipp Kreisel räumt ein: „Vorausgesetzt, dass es coronabedingt möglich ist, diese Rallye zu fahren, wollen wir natürlich bei unserer großen Heimrallye an den Start gehen.“
Erfahrungen für Hybrid-WRC
In der Folge soll die gesamte österreichische Rallye-Staatsmeisterschaft (ÖRM) gefahren werden - auch, um Erfahrungen zu sammeln hinsichtlich des jüngsten Auftrags seitens der FIA: Denn Kreisel Electric erhielt auch den Zuschlag, zusammen mit einer deutschen Firma das Hybrid-Kit für die in der Weltmeisterschaft ab 2022 eingesetzten World Rally Cars zu entwickeln.
Kreisel: „Das Format Rallye ist für uns eine zusätzliche Herausforderung - und wir wollen hier auch mit dem BRR-Projekt Erfahrungen sammeln und auch weitergeben, denn beim Hybrid-WRC haben wir durchaus ähnliche Voraussetzungen, da haben wir ebenfalls eine Hochvolt-Batterie an Bord. Es geht dabei auch um die Grundsicherheit - um einen optimalen Sicherheitsstandard bei den Rallyes.“
Fahrtechnisch wird auf die Piloten gerade im elektrischen Fabia ebenfalls Neuland warten. Oftmals versuchen die Fahrer, möglichst viel Speed in den Kurven „mitzunehmen“, doch ein Gasstoß in der Kurve könnte wegen des infernalen Drehmoments dazu führen, dass der Wagen ausbricht.
Philipp Kreisel, der auch selbst schon Rallye-Erfahrung aufweist und bei seiner ersten Rallye, gleich in einem BRR Skoda Fabia R5, bei der Herbst-Rallye Dobersberg 2019 Platz sechs sowie bei der Jänner-Rallye 2020 den tollen zwölften Gesamtrang erzielen konnte, grinst: „Man wird mit dem Elektroauto ganz sicher anders fahren müssen. Gerade auf Schnee und Eis wird der REX ziemlich ‚giftig‘ reagieren. Eines werden wir ganz sicher beobachten können: Wenn der Pilot den Schalthebel betätigen will und er ins Leere greift...“