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"Eine der härtesten Dakars"

Bereits zum 14. Mal startet Jutta Kleinschmidt bei der Dakar, doch die Kölnerin kann sich kaum an eine Ausgabe erinnern, die so hart war wie die aktuelle Auflage.

<strong>Verhängnis:</strong> Ein Wasserloch bremste Jutta Kleinschmidt ein

"Es sind Streckenlänge und Route gleichermaßen, die so anspruchsvoll sind", analysiert die erfahrene Marathon-Teilnehmerin. "Die 700 Kilometer von Tan-Tan nach Atar auf der siebten Etappe waren nicht einfach, aber wenigstens haben wir einen Schnitt von 88 km/h erreicht. Zwei Tage später fuhren wir 736 Kilometer, also nur unwesentlich weiter. Bei einem Schnitt von nicht einmal 75 km/h aber kam uns die Strecke durch Sand, Geröll und Kamelgras fast endlos vor. Wir waren eines von nur drei Teams, die weniger als zehn Stunden gebraucht haben. So etwas ist selbst für Dakar-Verhältnisse selten."

 

Inzwischen sind neun der ursprünglich geplanten 17 Etappen absolviert, und die Marathon-Rallye steuert auf ihren Ruhetag in Bobo Dioulasso am 12. Januar zu. Die beiden Prüfungen am 10. und am 11. Januar sagten die Organisatoren aus Sicherheitsgründen ab. "Eine vernünftige Entscheidung, auch wenn ich gerne gefahren wäre", bekennt die Dakar-Siegerin von 2001. Der Grund: Ihr Volkswagen Race-Touareg kommt ebenso wie das Schwesterfahrzeug von Bruno Saby besonders auf den rauen Prüfungen immer besser in Fahrt.

 

"Mein persönlich schönster Moment bisher war gewiss der zweite Platz auf der achten Prüfung", unterstreicht Jutta Kleinschmidt. "Es hat so unglaublich gut getan, dem Team mit diesem Ergebnis einen kleinen Dank für etliche Monate harter Arbeit erweisen zu können." Ihr französischer Teamkollege beweist mit Platz sieben im Gesamtklassement nach neun Etappen, was mit der Neukonstruktion aus Wolfsburg bereits bei der Premiere möglich ist.

 

Diese Chance auf einen vorderen Platz bleibt der gebürtigen Kölnerin allerdings verwehrt: Ein Wasserschaden am 2,3-Liter-Diesel-Triebwerk des Race-Touareg infolge einer Furtdurchfahrt beendete am sechsten Tag alle Hoffnungen auf eine vordere Platzierung. Neben vielen Litern Flusswasser im Motorraum und Cockpit des Race-Touareg flossen an diesem Tag auch einige Tränen bei Jutta Kleinschmidt. "Das war eine ganz bittere Situation, denn wir hatten einfach nur Pech, da das Flussbett an anderen Stellen sehr seicht war. Die Stelle war im Roadbook nicht einmal als Flussdurchfahrt, sondern als Trial-Abschnitt gekennzeichnet."

 

Während Jutta Kleinschmidt notgedrungen auf den Service wartete, der sie letztlich ins Rallye-Camp schleppte, warnte sie gemeinsam mit ihrer Beifahrerin Fabrizia Pons und mit dem viermaligen Dakar-Sieger Ari Vatanen, ebenfalls ein Opfer dieses tückischen Wasserlochs, nachfolgende Teilnehmer. "Diese Stelle wäre sonst noch Einigen zum Verhängnis geworden." Zudem half Jutta Kleinschmidt, die ihre ersten Dakar-Abenteuer mit dem Motorrad in Angriff nahm, einem ebenfalls liegen gebliebenen Motorradfahrer, sein Zweirad wieder instand zu setzen. "Das ist doch selbstverständlich, das ist der besondere Geist der Dakar."

 

Sie selbst fiel mit Co-Pilotin Fabrizia Pons auf Platz 123 zurück. Wer allerdings glaubt, die frühere Marathon-Weltcup-Vizegewinnerin und ihre Navigatorin aus Turin, anno 1982 Rallye-Vizeweltmeisterin als Beifahrerin von Michele Mouton, ließen sich durch einen solchen Rückschlag entmutigen, täuscht sich. "Ich stecke viel zu tief in diesem Projekt, um einen Rallye-Einsatz deswegen aufzugeben", so das ehrgeizige Urteil der Diplom-Physikerin. Seit 2002 hat Jutta Kleinschmidt das Marathon-Projekt von Volkswagen nicht nur ab der ersten Stunde begleitet, sondern aktiv mit gestaltet, war an der Konzeption des Fahrzeuges beteiligt und hat sich bis zu Detailfragen in organisatorische und technische Belange eingebracht.

 

Das Zwischenergebnis spricht Bände über die Motivation von Jutta Kleinschmidt und Fabrizia Pons: Auf den nach dem Wasserschaden folgenden, extrem rauen Etappen verbesserte sich das Damen-Duo innerhalb von drei Tagen um 97 Positionen bis auf Gesamtrang 26. "Dieses Ergebnis haben wir zu einem wichtigen Teil der guten Navigation von Fabrizia auf der extrem schwierigen neunten Etappe zu verdanken", so Jutta Kleinschmidt. "Wir wollen fahren, auf den Prüfungen ermutigende Einzel-Ergebnisse erzielen, das Auto noch besser kennen lernen und damit möglichst viele Kilometer absolvieren. Es wäre toll, wenn am 18. Januar beide Race-Touareg am Lac Rosé in Dakar ankämen. Wir haben ein sehr gutes Gefühl mit dem Auto und kommen immer besser in Fahrt. Dabei haben wir das Potenzial vom Fahrwerk und dem Luftdrucksystem bis hin zu anderen Bereichen noch nicht einmal völlig ausgeschöpft."

 

Dank dieses Motivationsschubs bleibt das insgesamt 43-köpfige Team unter Leitung von Volkswagen Motorsport-Direktor Kris Nissen auch auf den verbleibenden sechs Etappen über 3320 Kilometer so motiviert wie seit Beginn der härtesten Wüsten-Rallye der Welt am Neujahrstag im französischen Clermont-Ferrand. Nur einmal pro Tag, so gibt Jutta Kleinschmidt zu, darf sie den Kopf hängen lassen, dann nämlich, wenn der Physiotherapeut im Volkswagen Team diese Körperhaltung explizit verlangt. "Stefan Haag aus der Sportklinik Bad Nauheim hatte nach der letzten Etappe ganz schön viel zu tun, denn wir wurden auf der zehnstündigen Fahrt durchgeschüttelt wie ein Milch-Shake", erzählt die Wüsten-Königin mit ihrem sympathischen Lachen.

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