WM 2017

Tour der Leiden

Schon lange hatte kein Lauf zur Rallye-Weltmeisterschaft so wenige Wertungsprüfungen wie der Asphaltklassiker auf Korsika, gleichzeitig ist der zehnte Saisonlauf einer der längsten der vergangenen Jahre und besonders anspruchsvoll für die Reifen.

Nach ihrem Comeback im Vorjahr gehört die „Tour de Corse“ auch in dieser Saison wieder zur Rallye-Weltmeisterschaft – so wie von 1973 bis 2008, als die „Rallye der 10.000 Kurven“ zu den Eckpfeilern des WM-Kalenders zählte. Dass sie das höchste Prädikat dieses Sports für sechs Jahre an die Elsass-Rallye nahe der deutschen Grenze abtreten musste, war allein der unvergleichlichen Karriere von Sebastien Loeb geschuldet: Der neunfache Champion stammt aus dieser Gegend Frankreichs.

Dabei hatte es die Rallye Korsika, die 2017 auf ihren angestammten Frühlingstermin zurückkehren darf, schon immer in sich. Gegenüber dem Vorjahr modifizierten die Veranstalter gut 70 Prozent der Wertungsprüfungen und stockten die Gesamtlänge um 20 Prozent auf nunmehr 390,92 Kilometer auf. Dies portionieren sie auf nur noch zehn Prüfungen. Am Freitag legen die Wettbewerbsfahrzeuge zwischen zwei Reifenwechsel-Gelegenheiten fast 79 und am Samstag sogar 84,52 Kilometer zurück – auf den rauen Bergsträßchen der Mittelmeerinsel eine enorme Aufgabe vor allem für die Reifen. 

Aus Reifensicht am anspruchsvollsten

Kaum einfacher machen es zwei weitere Besonderheiten dieser Veranstaltung: Das in den Höhenlagen Korsikas gerade in dieser Jahreszeit wechselhafte Wetter sowie der zum Teil immense Zeitversatz zwischen dem Moment, wenn die Pneus für den nächsten Rallye-Abschnitt gewählt werden müssen, und dem Start in die WP – er kann mitunter drei Stunden betragen. „Die ,Tour de Corse‘ wird aus Reifensicht der anspruchsvollste WM-Lauf der gesamten Saison“, betont Jacques Morelli, Leiter des Rallye-WM-Programms von Michelin. „Die Straßen hier auf Korsika sind zwar nicht mehr ganz so verschleißintensiv wie in früheren Zeiten, dennoch sorgen die enorm schnell aufeinander folgenden Kurven speziell in den Reifenschultern für sehr hohe Temperaturen.“

Michelin bringt insgesamt 2.320 Reifen in den Service-Park von Bastia – 732 für die World Rally Cars, 1.028 für die Partnerteams in der WRC2-Kategorie sowie 560 für die Teilnehmer der Junior-Weltmeisterschaft.

Konzentrierte Asphaltschlacht in der Heimat Napoleons

Die erste Etappe beginnt mit der „Acqua Doria“ gleich schonungslos. Insgesamt stehen am Freitag 157,68 Wettbewerbskilometer auf dem Programm, die lediglich von einer Reifenwechselzone nach der Mittagspause in Porticcio unterbrochen werden – einen Reparaturstopp legen die Fahrzeuge erst im Service-Park des Tagesziels ein. Am Samstag, mit 169,04 WP-Kilometern nochmals länger, ist nach halber Distanz ein zusätzlicher Wartungsdienst vorgesehen. Die drei Prüfungen des Sonntags über insgesamt 64,2 Kilometer müssen erneut ohne die Hilfe der Mechaniker komplettiert werden. Die Zielrampe wartet um 14.30 Uhr im Hafen von Porto Vecchio.

Neu sind dabei vor allem drei Prüfungen: Am Freitag die 49,72 Kilometer lange „Acqua Doria – Albitreccia“, Samstags die 30,8 Kilometer lange „Novella – Pietralba“ und am Sonntag die als finale „Power Stage“ dienende „Porto Vecchio – Palombaggia“, mit 10,42 Kilometern die kürzeste WP des Wochenendes. Zugleich zieht die Rallye von Corte nach Bastia um und schlägt die Zelte ihres Service-Parks nun am dortigen Flughafen auf. Die Startprozedur geht am Donnerstagabend nichtsdestotrotz in der Inselhauptstadt Ajaccio über die Bühne, wo am Freitagmorgen das erste Auto den Parc fermé um 7:30 Uhr verlässt.

Ogier kann Titel holen

Theoretisch kann sich Titelverteidiger Sebastien Ogier auf Korsika am Steuer seines Volkswagen Polo R WRC zum vierten Mal in Folge zum Champion krönen – allerdings müsste sich die versammelte Konkurrenz für dieses Szenario schon sehr kooperativ gemeinsam ins Verderben stürzen: Rein rechnerisch haben noch sieben Crews Chancen auf die Weltmeisterschaft, darunter auch Ogiers Teamkollegen Andreas Mikkelsen und Jari-Matti Latvala. Letzterer konnte den französischen WM-Lauf in den letzten zweit Jahren für sich entscheiden und ist entsprechend motiviert. „Ich mag es, auf dem Asphalt auf Korsika zu fahren. Der Untergrund ist sehr rau und teilweise auch etwas holprig. Die Kurven werden nicht so stark geschnitten. Dadurch kommt weniger Schmutz auf die Straße und das Griplevel ist konstant hoch. Ich mag solche Asphalt-Rallyes und entsprechend freue ich mich sehr auf Korsika“, sagte Latvala.

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