Mit den vielen kleinen Antennen ähneln die Rallye-Boliden ferngesteuerten Modellfahrzeugen, die jeder aus dem Spielzeuggeschäft kennt. Aber wozu dienen die Stummel auf dem Dach eines World Rally Cars eigentlich? Auf Nachfrage von BestofRallyLive gibt uns Xavier von Ino2 Systems einen interessanten Einblick in die Materie.
Beginnen wir unsere Tour durch den Antennenwald mit dem kleinen schwarzen Fleck vorne links. „Diese Antenne dient zur Übertragung des Live-Videosignals. Sie ist mit einer Box verbunden, die unter dem Fahrersitz befestigt ist und für die Aufzeichnung des Materials der Onboard-Kameras verantwortlich. Diese Bilder werden an einen Helikopter gesandt, der sie wiederum an ein Flugzeug weiterleitet, das als fliegende Relais-Station in der Luft kreist. Von dort gelangen die Signale dann in die Fernseh-Zentrale im Service-Park. Das Ganze ist recht kompliziert, denn der Helikopter muss in einer exakt definierten Entfernung zu dem jeweiligen Rallye-Auto fliegen.“
Der weiße Punkt auf der anderen Seite ist die GPS-Antenne, die von der spanischen Firma Sistemas Integrales de Telecomunicacion (SIT) bereitgestellt wird. Mit Hilfe dieses Senders kann die Position jedes Fahrzeugs exakt nachverfolgt werden – ein wichtiges Sicherheitsfeature, damit zum Beispiel nach einem Unfall schnell Hilfe zu den Verunglückten gelangen kann. Dieser GPS-Tracker funktioniert in Verbindung mit einer weiteren Antenne, die über eine Sendeleistung von rund 1 Watt verfügt. Auch dieses Signal gelangt zunächst an das Relais-Flugzeug, das in einer Höhe von rund 1.800 bis 2.100 Metern über dem Geschehen kreist. Dort kommt es mit einer Verzögerung von nur 250 Millisekunden an. Die Antenne am Heck des Fahrzeugs fungiert als „Back-up“ für den Fall, dass die Funkverbindung unterbrochen sein sollte. Sie sendet sowohl im GSM- als auch im GPS-Modus.
In der Dachmitte befindet sich die GSM-Antenne für die Mobiltelefone der Fahrzeugbesatzung. Die meisten der Werksfahrzeuge verfügen zudem über eine Iridium-Satellitenantenne, die es den Teams ermöglicht, auch in besonders abgelegen Gebieten Kontakt zu halten. Manche Autos sind zudem mit einer Antenne zur Übertragung von Telemetriedaten wie zum Beispiel der aktuellen Geschwindigkeit, Fahrzeugstandort etc. ausgestattet.
Last but not least widmen wir uns der Antenne am Heck. Sie dient ausschließlich der teaminternen Kommunikation. Das Signal wird ebenfalls über das Relais-Flugzeug weitergeleitet. Jedes Team sendet auf einer speziellen Frequenz. „Die genaue Platzierung der Antennen ist sehr wichtig. Denn ebenso wie beim Rest des Fahrzeugs handelt es sich auch bei dem Dach um eine elektrisch leitende Fläche. Um mögliche Interferenzen zu vermeiden und eine optimale Sendeleistung zu gewährleisten, müssen wir das so genannte ,Abstandsquadrat-Gesetz‘ berücksichtigen. In der Vergangenheit hatten wir häufig mit Interferenzen zu kämpfen, da die einzelnen Antennen zu stark strahlten. Heute ist das kein Problem mehr, denn dank neuer Technologien können wir jetzt mit weniger Sendeleistung eine noch bessere Übertragungsqualität erzielen.“
