Abschied von Loeb

Erinnerungen eines Weltmeisters

Auch wenn es schwierig ist, einige wenige Momente seiner einmaligen Rallye-Karriere hervorzuheben, hat Sebastien Loeb einen Rückblick gewagt.

<strong>ABSCHIED:</strong> Sebastien Loeb wechselt nach neun WM-Titeln auf die Rundstrecke

Rallye San Remo 2001

„Nachdem ich meine Ziele in der Französischen Rallye-Meisterschaft und in der Rallye- Juniorenweltmeisterschaft erreicht hatte, vertraute mir Guy Fréquelin zum ersten Mal  einen Citroën Xsara WRC an. Ehrlich gesagt, hatte ich nach guten Zeiten  in  den  Tests,  die  im Bereich von Philippe Bugalski lagen, auf ein gutes Ergebnis gehofft. Nach der ersten Wertungsprüfung lag ich vier Sekunden hinter dem Führenden, obwohl ich nicht voll gefahren war. Das war dennoch eine kleine Überraschung. Der zweite Platz hinter Gilles Panizzi war ein phänomenales Ende dieser Rallye. Vor der Rallye hatte ich Faxe an die Hersteller geschickt, um ihnen zu zeigen, dass es mich gibt. Nach San Remo riefen mich alle an, damit ich für eine gesamte Saison unterschreibe. Ich wollte jedoch weiter mit Citroën arbeiten, auch wenn es nur für die halbe Saison 2002 war. Ich glaube, dies war eine gute Entscheidung!“

 

Rallye Monte Carlo 2003

„Dies ist wahrscheinlich die schönste Erinnerung des gesamten Teams. Zum Auftakt unserer ersten kompletten Saison in der WRC beschlagnahmten wir das Podium der wohl berühmtesten Rallye. Damals waren Carlos Sainz und Colin McRae die Referenz. Zwei Weltmeister  als  Teamkollegen  zu  haben,  war  ein  wenig  einschüchternd.  Die  Stimmung zwischen uns war immer gut, auch als ich die besseren Ergebnisse erzielte. Die beiden haben mir und Citroën sehr viel gebracht.“

  

Rallye Korsika 2004

„Ich habe den Rallyesport immer ausgeübt, um der Beste zu sein und Weltmeister zu werden. Bevor es jedoch soweit war, habe ich mich manchmal gefragt, ob ich dazu auch in der Lage war. An diesem Tag erreichten wir unser Ziel in unserer erst zweiten kompletten Saison. Dieser Titel war ein sehr besonderer Moment, da wir ihn in Frankreich geholt haben. Alle waren da: meine Familie, meine Freunde… Ich habe mich sehr gefreut, meinem Vater diese Freude bereiten zu können. Wenn wir zusammen waren, war er immer sehr zurückhaltend, doch Journalisten haben mir erzählt, dass er ihnen berichtet hat, wie viel ihm dieser Titel bedeutete. Er war sehr stolz auf das, was ich soeben erreicht hatte.“

  

Rallye Neuseeland 2007

„Ich spreche nicht gerne über meine Niederlagen, doch dieser zweite Platz war etwas sehr Besonderes. Diese Rallye war eines meiner schönsten Duelle mit Marcus Gronhölm. Es war ein Genuss, über diese herrlichen Schotterstecken zu fahren. Aber es gab auch viel Spannung. Am letzten Rallyetag  lag  ich  an Position  eins, jedoch nur  mit  drei  Sekunden Vorsprung.  In Whaanga Coast, der vorletzten Wertungsprüfungen des Weltmeisterschaftslaufes, übernahm Marcus die Führung mit sieben Zehntelsekunden Vorsprung. Die Entscheidung über den Sieg sollte in der Super Special Stage fallen. Obwohl ich diese Wertungsprüfung gewann, musste ich mich mit drei Zehntelsekunden geschlagen geben.“

 

Rallye Argentinien 2008

„Argentinien war immer ein gutes Pflaster für uns, wir lieben diese Rallye jedoch  vor  allem aufgrund der unglaublichen Stimmung, der atemberaubenden Landschaft und der berühmten Barbecues, die Daniel so sehr gefallen. Jedes Jahr organisiert die örtliche Citroën Filiale Werbeaktivitäten. In diesem Jahr habe ich Diego Maradona als Beifahrer mitgenommen. Als wir auf die Strecke gegangen sind, war er sehr begeistert, da er dachte,  dass  die Menschenmassen entlang der Strecke wegen ihm da wären. Aber aufgrund des tiefer gelegten Beifahrersitzes und der reflektierenden, getönten Scheiben konnte ihn niemand sehen! Da ich kein Spanisch spreche und seine Englischkenntnisse nicht ausreichten, konnte ich es ihm nicht erklären.  Als  er  bei  unserer  Rückkehr  aus  dem  Citroën  C4  ausstieg,  gab  es  eine  große Hysterie. Und diesmal war es wegen ihm!“         

  

Rallye Finnland 2008

„Finnland war lange Zeit das Territorium von Marcus Gronhölm. 2008 war er gerade zurückgetreten, doch dies machte es nicht gerade leichter. Ich sah mich nun Mikko Hirvonen gegenüber, der genauso entschlossen war, seine Heimatrallye zu gewinnen. Wir haben beide zu 100 Prozent attackiert. Keiner von uns hat den kleinsten Fehler begangen und ich konnte mich mit weniger als zehn Sekunden Vorsprung durchsetzen. Nach diesem Sieg habe ich gesagt, dass ich nicht wieder versuchen würde, diese Rallye zu gewinnen, da mir das Risiko, mit 180 km/h zwischen den Bäumen herzufahren, zu groß erschien. Dennoch fühlte ich mich sicher genug, um die Rallye noch zwei weitere Male zu gewinnen… Diese Siege gehören zu den prestigeträchtigsten meiner Karriere.“

  

Rallye Japan 2008

„Da wir schon zwei Weltmeistertitel in Japan geholt hatten, wussten wir, dass Sapporo nicht der beste Ort zum Feiern nach einer Rallye ist. Deshalb sind wir Sonntagabend nach Tokio geflogen. Auf dem Transfer zwischen den beiden Flughäfen haben wir das Shuttle umgelenkt, um einen Stopp im Stadtzentrum einzulegen. Der arme Fahrer musste drei Stunden lang in zweiter Reihe in Roppongi, dem Ausgehviertel schlechthin, warten. Es war ein feuchtfröhlicher Abend mit einigen Kranken am Ende – sicherlich nur wegen der nicht frischen Minze der Mojitos! Einige Journalisten hätten dies bestätigen können, wenn sie nicht zu denen gehört hätten, die am müdesten waren. Der Rückflug nach Paris war sehr ruhig.“

 

Rallye Norwegen 2009

„Wenngleich ich die Rallye Schweden bereits 2004 gewonnen hatte, betrachte ich diese Winterrallye als die gelungenste. Die Bedingungen waren perfekt – mit einer von dichtem Schnee bedeckten, guten Eisfläche und Schneebänken, die stabil genug waren, um in den Kurven leicht auf ihnen zu fahren. Wieder einmal war das Duell mit Mikko intensiv vom Start bis ins Ziel. Keine Fehler auf beiden Seiten und weniger als zehn Sekunden Abstand im Ziel.“

 

 

Rallye Griechenland 2009

„Dies war ohne Zweifel unser größter Abflug von der Strecke. Wie so oft kam es hierzu aufgrund eines kurzen Moments der Unachtsamkeit. Wir haben uns mehrfach überschlagen. Nach dem Unfall habe ich mein Telefon gesucht. Tatsächlich war es in der kleinen, an der Tür festgemachten Hülle geblieben, wo ich es für gewöhnlich aufbewahre. Am schwierigsten war es, besagte Tür in dem Feld wiederzufinden. Die Folgen des Vorfalls waren ärgerlich, denn anschließend hatten wir eine Serie enttäuschender Ergebnisse. Wir haben den Titel mit nur einem Punkt Vorsprung in Wales geholt.“

  

Rallye Frankreich 2010

„Nach der Rallye Korsika war dies zweifellos der größte Moment. Diese erste Auflage der Rallye Frankreich im Elsass war von großer Spannung geprägt, schließlich konnten wir hier zwei Titel holen. Ich stand unter Druck, habe aber alles daran gesetzt, dies zu verbergen, indem ich alles ausgeblendet habe. Das Ziel war eine enorme Erleichterung. Zu Hause in Haguenau Weltmeister zu werden war etwas, was ich mir nie erträumt hätte. Als ich Séverine und meine Freunde auf der Verbindungsetappe nach Straßburg getroffen habe, konnte ich meine Tränen nicht verbergen. So etwas passiert mir sehr selten.“

  

Rallye Deutschland 2012

„Der neunte Sieg in Deutschland war etwas ganz Besonderes, denn dank ihm konnte ich meinen eigenen Rekord in puncto Anzahl der Siege bei einer Rallye brechen. Ich habe zudem acht Siege in Argentinien und Spanien sowie sieben in Monte Carlo gefeiert – allesamt sehr schöne Serien! Ich habe diese Rallye immer sehr gemocht, da ich immer gespürt habe, dass das Publikum hinter mir steht. Und es war die beste Art und Weise, Philippe Bugalski Tribut zu zollen, der kurz zuvor verstorben war. Er hatte 2001 hier gewonnen.“

 

Rallye Frankreich 2012

„Mit welcher anderen Rallye als dieser hätte ich meinen Rückblick beenden können… Hier holte ich meinen letzten Weltmeistertitel – im Rallyesport! Ich war sehr bewegt, aber vor allem stolz, den gesamten Weg gemeinsam mit Daniel Elena und Citroën Racing gegangen zu sein. Unsere Fans, unsere Familien, unser Team, alle Menschen, die uns wichtig waren, waren da. Ihnen wollten wir diese Freude bereiten. Ich habe jedenfalls nie Trauer oder Bedauern empfunden, da ich wusste, dass das Ende dieser Geschichte den Beginn einer neuen markieren würde…“

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