Knof in der Akademie

Ein anderer Weg zum Ziel

Mit Philipp Knof hat ein Schotter-Spezialist den Sprung in die WRC Academy geschafft.

<strong>AUFSTIEG:</strong> Philipp Knof will sich international behaupten

Im Motorsport gibt es Standard-Karrieren. Auf der Rundstrecke sieht das so aus: Ein paar Jahre im Kart, ein nationaler Kart-Titel, Wechsel in eine nationale, dann internationale Formel-3-Serie. Mit einer Top-3-Platzierung und mit Sponsoren ist der Weg in die Formel 1 geschafft!

 

Auch im Rallyesport kennt man diese Standard-Karrieren. Sébastien Loeb ist das beste Beispiel: Als 19-Jähriger tritt er gegen 50 andere Gruppe-N-Peugeot 106 an, setzt sich durch und steigt dann Jahr um Jahr ein Klasse höher – ein harter Weg, bei dem 99% auf der Strecke bleiben, also die WM verpassen und „nur“ national oder regional mitmischen. Der Rallyesport kennt aber auch die Methode „Mit Geld geht alles“. Vater besorgt für dem 16- oder 17-jährigen Sprössling ein WRC, dann geht das Lernen los! Jari-Matti Latvala hat sich mit dieser Millionen-teuren Variante etabliert, vielleicht schaffen es auch Mads Östberg und Andreas Mikkelsen, andere sind gescheitert. Doch auch andere Wege können erfolgreich sein. Marcus Grönholm hat jahrelang im Motocross geglänzt, ist erst spät auf vier Räder gewechselt und hat den Durchbruch – nicht mehr ganz jung – erreicht, als er im privaten WRC seinen Werkskollegen eine Reihe von 1000-Seen-Bestzeiten weggeschnappt hat. Und Marcus Grönholm ist Weltmeister geworden und dabei ein „Typ“ geblieben mit eigener Ausstrahlung.

 

Auch im deutschen Rallyesport sind die Wege für die jungen Himmelsstürmer weitgehend vorgegeben: ADAC-Junior-Cup oder der Suzuki-Cup sorgten für eine Talent-Vorauslese, dann stand der Sprung in die Deutsche Rallye-Meisterschaft an – relativ logisch, aber fast komplett auf Asphalt-Wertungsprüfungen.

 

Einen alternativen und erfolgreichen Weg erleben wir bei Philipp Knof. Der jetzt 20-Jährige aus der Nähe von Düsseldorf hat früher Karts bewegt und alle Disziplinen getestet, die er ohne Führerschein mitmachen durfte. Mit dem „Lappen“ in der Tasche hat er sich in den Rallyesport gestürzt, sehr kostengünstig in einem Projekt mit Gruppe-G-Fahrzeugen, angestoßen von Volvo-Cup-Macher Jochen Walther. Es ist schon ungewöhnlich, einen serienmäßigen Volvo 940 mit 130 PS und 1360 kg auf der Rallyepiste zu bewegen. Es ist noch ungewöhnlicher – zumindest in Mitteleuropa – seine Rallye-Karriere auf Schotterpisten zu beginnen. Aber es geht! Nach vier Testveranstaltungen auf „normalem“ Asphalt absolviert Philipp Knof im ersten Lernjahr bereits fünf Schotter-Rallyes, darunter ein harter aber lehrreicher Ausflug nach Schweden. Diesen unbequemen Weg hält er auch im zweiten Jahr bei: Er startet 2010 bei 15 Rallyes, darunter fünfmal in Schweden und Norwegen, aber nur zweimal auf Asphalt. Die Erfolge können sich sehen lassen: Sieg im Volvo-Original-Cup unter 15 Bewerbern, 3. Platz im Schotter-Cup unter 73 Bewerbern, beide Male Sieg in der Junioren-Wertung.

 

Am Ende der Saison 2011 hat Philipp Knof weder einen Lauf zur Deutschen Rallye-Meisterschaft noch zu den ADAC Rallye Masters (incl. Junior-Cup) bestritten, jedoch sechs Auslandsstarts auf Schotter und Schnee. Schotter und Schnee – das ist der Untergrund, auf dem 10 von 13 WM-Läufen ausgetragen werden. Schotter ist angesagt bei vier von sechs Wertungsläufen zur neuen WRC Academy, der weltweiten Nachwuchssichtung für junge Fahrer bis 23 Jahren. Kaum ein Mittel- oder Südeuropäer hat mit 20 Jahren so viel Fahrpraxis auf losem Untergrund wie Philipp Knof.

 

Die Bewerbung für einen der 24 Plätze in der WRC Academy ist für viele eine Riesenüberraschung, aber aus der Philosophie des anderen Weges durchaus konsequent. Offensichtlich hat die Erkenntnis, dass der Weg zur Spitze nicht auf eingefahrene Methoden beschränkt sein muss, auch die Juroren der FIA überzeugt. Sie haben Philipp Knof als zweiten deutschen Junior bestätigt, nachdem bereits Christian Riedemann – der den konventionellen Weg mit Erfolg gemeistert hat – grünes Licht bekommen hat. Die Aufnahme von Philipp Knof in die WRC Academy ist ein erster Schritt, den zweiten hat er noch vor sich: Weitere Sponsoren finden, denn noch reicht die finanzielle Decke nicht. Wenn auch hier der andere Weg gelingt, können wir uns auf einen erfrischenden Wettbewerb der beiden deutschen Youngster – und der Wege zum Ziel – freuen. Vielleicht wird Philipp Knof einmal auf Marcus Grönholms Spuren wandeln.

 

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