Vorschau Rallye Australien

Driften am anderen Ende der Welt

Spannende Sekundenduelle und heiße Drifts in Down Under: Der zehnte Lauf zur Rallye-WM 2013 zieht die australische Ostküste am kommenden Wochenende in seinen Bann. Wie bereits bei der letzten Ausgabe des australischen WM-Laufs ist auch in diesem Jahr die kleine Küstenstadt Coffs Harbour Dreh- und Angelpunkt dieser Veranstaltung.

<strong>BELIEBT:</strong> Die Rallye Australien steht trotz der weiten Anreise bei den Fahrern hoch im Kurs

Wird am anderen Ende der Welt schon an diesem Wochenende der Rallye-Champion 2013 gekürt? Nach dem spannenden Sekunden-Fight beim deutschen WM-Lauf kämpfen die Stars der Szene nun im 16.500 Kilometer entfernten Australien um Ruhm, Ehre, Sekunden und WM-Punkte. Vier Rallyes vor Saisonende kann auf dem fünften Kontinent bereits die Vorentscheidung im Kampf um die begehrte WM-Krone fallen. Denn Sebastien Ogier und Beifahrer Julien Ingrassia haben gute Chancen auf den vorzeitigen Titelgewinn. Damit würde sich Ogier zum ersten Champion nach dem Ende der Ära Loeb küren.

 

Wie bereits bei der letzten Ausgabe des australischen WM-Laufs ist auch in diesem Jahr die kleine Küstenstadt Coffs Harbour Dreh- und Angelpunkt dieser Veranstaltung. Die Rallye Australien zeichnet sich durch ihr besonders kompaktes Format aus: Die 22 Wertungsprüfungen führen über 352 Kilometer, die Gesamtdistanz ist mit nur 932,77 Kilometern eine der kürzesten der gesamten Saison. Bei den Piloten ist dieser Event sehr beliebt: Der australische WM-Lauf wurde bereits drei Mal mit dem begehrten Titel „Beste Rallye des Jahres“ ausgezeichnet.

 

Traditionell zählt der Lauf am anderen Ende der Erde zu den schnellsten Schotter-Events des Jahres. Er zeichnet sich durch einen Mix aus weitläufigen Landstraßen und engen Waldpassagen aus. Auf den schnellen Landstraßen ist der lose Untergrund – anders als zum Beispiel in Griechenland – nicht mit großen Felsbrocken gespickt. Die Fahrbahnoberfläche besteht vielmehr aus zahlreichen murmelähnlichen Kieselsteinen. Die Piloten müssen daher keine materialschonende Fahrweise an den Tag legen, sondern können fast nach Herzenslust Vollgas geben. Doch Vorsicht: Ähnlich wie bei der Rallye Finnland säumen auch in Australien zahlreiche Bäume die Wertungsprüfungen. Wer es hier übertreibt oder mit einem ungenauen Aufschrieb am Limit unterwegs ist, lernt Eukalyptus und Co. von ihrer unangenehmen Seite kennen.

 

Die engen Waldpassagen weisen hingegen einen anderen Charakter auf. Hier müssen die Artisten am Volant auch Ausschau nach harten Wurzeln oder spitzen Felsen und Steinen halten, die bisweilen aus der Fahrbahn ragen und das Fahrzeug beschädigen können.

 

Von Straßenkehrern, Hafenrundfahrten und Frühlingsmärchen

 

Richtig ernst wird es bereits am Donnerstag mit der 5,54 Kilometer langen „Qualifying Stage“, die um 10:30 Uhr Ortszeit (2:30 MESZ) startet. Ihr kommt eine besonders große Bedeutung zu, denn die schnellsten Fahrer dürfen ihre Startposition für die erste Etappe am Freitag frei wählen. Wie bei Schotter-Rallyes üblich, ist die Position als „Straßenfeger“ äußerst unbeliebt. Denn die Piloten, die als erste auf die Wertungsprüfungen gehen, müssen die Ideallinie von der losen Schotterschicht befreien. Dies kostet zumeist Zeit und bringt den nachfolgenden Konkurrenten einen Vorteil. Wer sich jedoch für eine spätere Startposition entscheidet, läuft gleichzeitig Gefahr, im Staub des Vordermannes die Übersicht und damit wichtige Sekunden zu verlieren. Bei regnerischen Witterungsbedingungen werden die Karten hingegen neu gemischt. Derzeit sagen die Meteorologen für die Region New South Wales jedoch Sonnenschein und Temperaturen bis zu 33 Grad Celsius voraus.

 

Und das mitten im Frühling – denn während Deutschland die letzten Sommertage genießt, hat in der südlichen Hemisphäre gerade erst der Lenz begonnen. Der heißen Action auf den Wertungsprüfungen dürfte dies jedoch keinen Abbruch tun. Dabei wechseln sich schnelle Passagen durch weitläufige Landschaften und technisch anspruchsvolle Sektionen im australischen Regenwald ab. Zuschauer und Fans pilgern traditionell in Scharen in die landschaftlich reizvolle Abgeschiedenheit des Fünften Kontinents, um den weltbesten Lenkradakrobaten ganz nahe zu sein. Zahlreiche Veranstaltungen und Konzerte vor und während der Rallye sorgen in und um Coffs Harbour für beste Stimmung. 2011 schrieb der australische WM-Lauf mit mehr als 90.000 Zuschauern einen neuen Rekord.

 

Ein besonderer Leckerbissen für alle Motorsport-Enthusiasten und die, die es noch werden wollen, ist die Zuschauerprüfung „Coffs“, die jeweils am Donnerstag-, Freitag- und Samstagabend bei Dunkelheit gefahren wird. Schauplatz ist ein ehemaliges Velodrom. Von dort geht es hinaus in den Hafen der Kleinstadt – Latvala, Hirvonen, Östberg, Ogier & Co. driften also in direkter Nachbarschaft zum Pazifischen Ozean. Nach den beiden Zuschauerprüfungen am Donnerstagabend sowie weiteren acht WP am Freitag steht am Samstag unter anderem die Königsprüfung „Nambucca“ auf dem Programm. Sie führt über 49,90 Kilometer und erfordert von Fahrern und Co-Piloten höchste Konzentration.

 

Wasser marsch: Power Stage mit Flussdurchfahrt

 

Am Sonntag erwartet die Lenkradartisten auf der 29,03 Kilometer langen WP „Shipmans“ die spektakuläre Wasserdurchfahrt durch den Tallawudjah. Bei der zweiten Schleife wird diese Prüfung als „Power Stage“ gefahren: Hier können sich die drei schnellsten Fahrer Extra-Punkte sichern.

 

Der Sieger der Rallye Australien wird am Sonntagnachmittag (Ortszeit) in Coffs Harbour gekürt. Wenn es nach Sebastien Ogier geht, darf der Franzose dann die Siegertrophäe in Empfang nehmen und sich auch gleich die WM-Krone aufsetzen: „Dieses Mal haben wir wirklich die Chance, den Titel frühzeitig zu holen. In Deutschland war sie noch reine Theorie. In Australien haben wir es viel mehr selber in der Hand. Ich möchte die Rallye und auch die abschließende Power Stage gewinnen. So lautet mein Ziel. Der Vorteil ist: Die Rallye Australien gefällt mir sehr. Die Wertungsprüfungen sind sehr schnell und sehr anspruchsvoll. Wir haben uns gut auf diese Herausforderung vorbereitet. Ich freue mich auf diese Rallye.“

 

Mit 75 Zählern Vorsprung auf Ford-Pilot Thierry Neuville kann Ogier die WM bereits in Down Under für sich entscheiden. Hierzu muss er neun Punkte mehr als Neuville und einen Zähler mehr als sein Teamkollege Jari-Matti Latvala einfahren – und würde damit sein ganz persönliches „Frühlingsmärchen“ wahr machen.

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