Vorschau Akropolis

Die Rallye der Götter

Die Rallye Griechenland gilt als härtester WM-Lauf der Saison. Wer hier im Kampf um den Sieg ein Wörtchen mitreden möchte, benötigt neben einem schweren Gasfuß auch hohes taktisches Geschick. Temperaturen von bis zu 50 Grad in den Cockpits und extrem schroffe Schotterwege bringen Fahrer und Fahrzeuge bis an die Belastungsgrenze.

<strong>GESCHICHTSBUCH:</strong> Auch Erwin Weber und Matthias Feltz trotzten 1988 im VW Golf der Akropolis

Tradition trifft auf Moderne, moderne Turbo-Allradler vor antiker Kulisse: Die Rallye Griechenland begeistert Fahrer und Fans mit ihrer faszinierenden Mischung aus anspruchsvollen Schotterpisten und einer ebenso geschichtsträchtigen wie malerischen Szenerie. Der WM-Lauf im Mutterland der Demokratie gehörte bereits 1973, im Premierenjahr der Rallye-Weltmeisterschaft, zum Renn-Kalender. Trotz der höchst anspruchsvollen Rahmenbedingungen zählt die „Akropolis“ für viele Piloten zu den absoluten Lieblings-Events. Denn in der Vergangenheit wurden bei dieser materialmordenden Veranstaltung Legenden geboren.

 

Die sengende Sonne Griechenlands lässt die Temperaturen in den Cockpits auf mehr als 50 Grad steigen. Die schroffen Schotterpfade sind mit zahlreichen hervorstehenden Felsspitzen gespickt und verlangen nach einer taktisch cleveren Fahrweise – reine Vollgasorgien führen hier nur selten zum gewünschten Erfolg. Wer es auf der Jagd nach der Bestzeit übertreibt, kann dies unter Umständen teuer bezahlen. Denn die großen Felsen entlang der Piste verzeihen keine Fehler. Darüber hinaus erschweren dichte Staubwolken den Piloten die Sicht. „Die Rallye Griechenland ist der härteste WM-Lauf des Jahres. Die Schotterpisten gehören zu den größten Herausforderungen, die die Rallye-Weltmeisterschaft zu bieten hat“, erklärt Volkswagen-Pilot Jari-Matti Latvala. „Sehr schnelle Passagen auf relativ grobem, festem Untergrund wechseln sich teilweise mit langsameren, glatteren Abschnitten ab. Man findet also mitunter vollkommen unterschiedliche Verhältnisse vor und muss daher auf alles gefasst sein“, so der Finne. Eine weitere Besonderheit sind die zahlreichen Sprungkuppen.

 

Kurzum: Wer sich in die Siegerlisten der Rallye Griechenland eintragen darf, erklimmt den Olymp des Rallye-Sports. Einer der unvergessenen „Rallye-Götter“ ist Colin McRae. Der Schotte, der 2007 bei einem Hubschrauberabsturz ums Leben kam, gewann den WM-Lauf am Golf von Korinth fünf Mal. Die Liste der Sieger umfasst zahlreiche weitere Legenden des Rallye-Sports, darunter Walter Röhrl, Ari Vatanen, Stig Blomqvist, Björn Waldegaard, Juha Kankkunen und Carlos Sainz. Und auch Sébastien Loeb drückte der Rallye Akropolis mit drei Triumphen seinen Stempel auf.

 

In diesem Jahr erwartet die Helden der Neuzeit in ihren fliegenden Kisten eine Neuerung: Während die „Akropolis“ in der Vergangenheit zu den längsten Events überhaupt zählte, so hat sie heute eher den Charakter einer Sprint-Rallye. Denn mit 14 Wertungsprüfungen (WP) über insgesamt 306,53 Kilometer ist der sechste Saisonlauf rund 100 Kilometer kürzer als noch im Vorjahr.

 

Trotz der vergleichsweise kurzen Gesamtdistanz sind die Anforderungen in Griechenland enorm. So steht mit der WP „Kineta – Pissia“ über 44,7 Kilometer bereits am Freitagabend die längste Prüfung der gesamten Rallye auf dem Programm. Und auch der Samstag, an dem die Piloten rund zwölf Stunden hinter dem Lenkrad sitzen, verlangt nach einer wohldurchdachten Taktik. Denn den Teams steht lediglich ein kurzer, 30-minütiger Service zur Verfügung, um eventuelle Schäden zu beheben. Am Sonntag stehen weitere vier Prüfungen auf dem Programm. Bei der abschließenden „Power Stage“ erhalten die drei Schnellsten zusätzliche WM-Punkte.

 

317 Einfederbewegungen pro Kilometer

 

Wie groß die Belastungen während der Rallye Griechenland für Fahrwerk und Reifen sind, verdeutlicht auch folgende Zahl: Im Rahmen der Testfahrten vor dem sechsten Saisonlauf verzeichnete die VW-Werksmannschaft am Polo R WRC im Schnitt 317 Einfederbewegungen pro Kilometer. Wie bereits bei den beiden vorangegangenen Schotter-Events in Mexiko und Argentinien vertrauen die Top-Teams der Rallye-Weltmeisterschaft auch in Griechenland auf die aktuelle Evolutionsstufe des Michelin Latitude Cross-Schotterreifens.

 

Im Rahmen der 6,05 Kilometer langen „Qualifying Stage“ können die Piloten bereits am Freitagmorgen wichtige Weichen für Sieg oder Niederlage stellen. Hier dürfen die schnellsten Fahrer ihre Startposition für den ersten Rallye-Tag frei wählen. Die ist insbesondere bei trockenen Witterungsbedingungen ein großer Vorteil. Denn die ersten Fahrzeuge fungieren als unfreiwillige „Straßenkehrer“ und müssen die Wertungsprüfungen somit von der losen Schotterschicht befreien. Dies kostet zumeist Zeit und bringt den nachfolgenden Konkurrenten einen Vorteil.

 

Nach fünf von 13 WM-Läufen führt Volkswagen-Werksfahrer Sébastien Ogier die Fahrerwertung souverän an. Der Franzose hat bereits 54 Punkte Vorsprung auf Rekordchampion Loeb. Letzterer bestreitet in diesem Jahr jedoch keine volle Saison. Der Drittplatzierte, Citroën-Pilot Mikko Hirvonen, liegt bereits 65 Zähler zurück.

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