Rallye
"Rallye ist Formel-1 durch den Wald" - ganz so einfach ist die wohl spektakulärste Motorsportart dann doch nicht zu erklären, denn Rallye ist viel mehr.

Die vier berühmtesten Rennveranstaltungen der Welt kennt nahezu jedes Kind: den Formel 1-Grand Prix von Monaco, die 24 Stunden von Le Mans, die 500 Meilen von Indianapolis und - die Rallye Monte Carlo. Doch was genau ist eigentlich Rallye?

Ein wenig muß man schon in den Geschichtsbüchern zurückblättern, um die Ursprünge dieser Disziplin und damit ihr noch heute gültiges Austragungsschema zu verstehen. Rallyesport ist beinahe so alt wie das Auto selbst. Frühe Chroniken jedoch unterscheiden noch nicht zwischen Rennen und Rallyes, denn gegen Ende des vorigen Jahrhunderts waren die ersten Motorsportveranstaltungen Städterennen wie zum Beispiel „Paris - Rouen - Paris“ oder „Paris - Bordeaux - Paris“.

Im Interesse verbesserter Sicherheitsstandards, aber auch zugunsten erhöhter Zuschauerfreundlichkeit kamen alsbald geschlossene Rundstrecken in Mode: 1906 fand in der Nähe von Le Mans der erste Grand Prix statt. Parallel jedoch entwickelte sich der Motorsport auch abseits von Rundkursen weiter: Die Rallye kristallisierte sich als eigene Disziplin heraus - seit 1911 zum Beispiel gehört die Rallye Monte Carlo zu den Höhepunkten des Jahres. Doch bis in jüngere Zeit gab es immer wieder auch Wettbewerbe, die eine Mischform zwischen Rennen und Rallyes darstellten - die „Tour de France“ etwa, die sich vom Rennen in den fünfziger und sechziger Jahren zur Rallye in den Siebzigern und Achtzigern entwickelte.

Bei Rundstreckenrennen steht derjenige als Sieger fest, der nach einer bestimmten Fahrzeit oder Anzahl von Runden als erster die Ziellinie überquert. Eine Rallye jedoch findet nach wie vor auf abgesperrten, in der Regel von A nach B führenden Wertungsprüfungen („WP“) statt. Die Autos starten einzeln im Minutenabstand auf die Strecke, der Gegner ist die Uhr. Die dort gefahrenen Zeiten werden sekundengenau addiert und ergeben so das Klassement. Sieger ist am Ende der Teilnehmer mit der geringsten Fahrtdauer.

Zwischen den einzelnen Prüfungen führt der Weg über Verbindungsetappen durch den normalen Straßenverkehr, an dessen Vorschriften sich die Teilnehmer penibel zu halten haben. Damit sie dies auch tun, gibt es exakt definierte Zeitkorridore für jede einzelne Strecke von WP zu WP: Wer zu spät kommt, erhält für jede Minute eine Sekunde Strafzeit. Wer zu früh kommt, den bestraft das Rallye-Leben noch viel härter: Für jede Minute, die der Beifahrer zu früh stempelt, hagelt es 60 Strafsekunden.

In früheren Jahren gab es zunächst kompliziertere Wertungen, in denen zum Beispiel auch Geschicklichkeitsprüfungen als Kriterium einflossen. Dieses Verfahren jedoch war nicht sehr transparent und wurde deshalb durch die reine Zeitenwertung ersetzt.
Rallyestrecken kennen keine Gnade: Feld- oder Waldwege, Asphaltstraßen oder zugefrorene Seen kommen ebenso in Frage wie Dschungel- und Buschgebiete. Sogar in einem schwedischen Untertagebergwerk kämpften die Piloten schon um Rallye-WM-Punkte.

Die Natur der Streckenführungen - im Extremfall kann sich eine einzige Sonderprüfung über hundert Kilometer unbekannten Terrains erstrecken - erfordert eine besondere Vorbereitung. Während Rennfahrer ihre nur wenige tausend Meter langen Rundkurse millimetergenau trainieren können, kommen Rallyepiloten nicht ohne einen Beifahrer aus: Der Mann oder die Dame auf dem „heißen Sitz“ erstellt im Training gemäß den Ansagen des Fahrers einen detailgenauen Aufschrieb, der jede Kurve, Kuppe und Gefahrenstelle, jede Brücke, jede Änderung der Straßenoberfläche und jede Bodenwelle erfaßt. Damit nicht genug: Auch die Abstände zwischen Kurven, Bremspunkten, Geschwindigkeiten und Einlenkpunkten „betet“ der „Co“ aus seinem „Gebetbuch“ vor.

Exakte Regeln zum Erstellen eines Aufschriebs gibt es nicht. Jedes Team hat ein ganz persönliches Modell verfeinert, das zumeist auf dem „1-bis-5“-System basiert. Dabei steht eine „1“ für eine Spitzkehre und eine „5“ für eine Biegung, die „voll“, also ohne Lupfen des Gaspedals genommen werden kann. Die Ziffern dazwischen, zusätzlich abgestuft mit „plus“ und „minus“, charakterisieren dazwischen liegende Kurvenkonstellationen.

Der zweifache Weltmeister Walter Röhrl zum Beispiel vertraute einem eigenen System, das sich in neun unterschiedliche Kurvenarten gliederte: Rechts voll, Rechts, Rechts minus, Mittel Rechts minus, Mittel Rechts, Mittel Rechts plus, scharf Rechts, sehr scharf Rechts und Kehre Rechts.
Mit wissenschaftlicher Akribie ergänzen die Piloten diese grundlegenden Angaben um allerlei Zusatzinformationen, wie etwa „macht auf“, „macht zu“, „Achtung“, „Kuppe“, „geht über in“ und viele andere Kürzel. Eis- und Schotternoten, die teameigene „Spione“ kurz vor Beginn einer Prüfungen bei einer letzten Überfahrt erstellen, beschreiben zudem den aktuellen Zustand des Untergrunds so exakt wie möglich. Während der Veranstaltung liest der Beifahrer dem Fahrer über eine bordeigene Gegensprechanlage präzise den Streckenverlauf vor - Rallyesport ist Teamwork.

Rallyecross
Eine Disziplin zwischen Renn- und Rallyesport, die 1967 für das Fernsehen erfunden wurde. Auf teils befestigten, teils unbefestigten Rundkursen werden kurze Heats gefahren.

Räder
Die Felgen von World Rally Cars dürfen bei Asphalt-Veranstaltungen eine Höhe von 18 Zoll sowie eine Breite von neun Zoll nicht überschreiten. Nur 18-Zoll-Räder dürfen aus Magnesium gefertigt werden. Der Querschnitt mitsamt Reifen darf 650 Millimeter nicht überschreiten, Spikes werden nicht mitgemessen. Felgen mit einer Breite von sechs Zoll oder weniger dürfen nicht höher als 16 Zoll sein – dies entspricht Schnee- und Eis-Bereifung. Schotterpneus sind auf 15 Zoll limitiert.

Recce
Siehe: Training

Regrouping
Planmäßige Pause im Rallye-Zeitplan. Um das Feld der Rallyeautos wieder zusammenzuführung, Verspätungen einzuholen und die nachfolgenden Autos bei Ausfällen aufrücken zu lassen, gibt es an vorher festgelegten Orten ein Regrouping. Während des Regrouping dürfen lediglich die Fahrer und Beifahrer zu den Fahrzeugen, Zuschauer und Teams müssen hinter der Absperrung bleiben.

Reifen
Laut Reglement dürfen die Reifenhersteller jedem Team pro Rallye nur zwei unterschiedliche Reifentypen anbieten – wobei mit dem Begriff “Typ” das optische Erscheinungsbild gemeint ist, unterschiedlich “weiche” oder “harte” Gummimischungen mithin also zulässig sind. Bei Asphalt-Rallyes wie zum Beispiel auf Korsika umfasst das Angebot dabei zumeist ein Trocken- und ein Nass-Profil.

Die Wahl der Pneutypen, die von Fahrern mit so genanntem FIA A-Status genutzt werden, muss der Reifenhersteller bereits vier Wochen vor Beginn der Rallye der Motorsporthoheit FIA mitteilen, bei Übersee-Rallyes sogar acht Wochen im voraus. Ausnahmen gestattet das Reglement lediglich bei der Rallye Monte Carlo sowie bei der Rallye England: Da die See-Alpen im Januar mit unterschiedlichsten Witterungs- und Straßenbedingungen aufwarten können, ist der Einsatz eines zusätzlichen Schnee- oder Eisreifens sowie eines Pneus für gemischte Verhältnisse gestattet.

Auf der britischen Insel ist es das launische November-Wetter, das von trocken über matschig bis hin zu verschneit und vereist – manchmal dies alles an einem einzigen Tag bunt gemischt – mit einer reichen Bandbreite unterschiedlichster Anforderungen aufwarten kann. Hier ist ein zusätzlicher Schnee-Reifen der Dimension 10/65x16 freigestellt, über dessen Einsatz jedoch die Sportkommissare entscheiden.

Restart
Der erneute Rallye-Start nach Zwangspause oder Etappe

Roadbook
Auch Bordbuch genannt. Genaue Beschreibung der Rallye-Route mit allen Wertungsprüfungen und Verbindungsetappen (Roadsection). Im Roadbook sind die Distanzen zwischen den einzelnen Zeitkontrollen, sowie markante Punkte auf der Route angegeben. Die Route wird mit Hilfe von Pfeilen und Symbolen beschrieben. In der Regel gibt es für jede Etappe ein ein eigenes Road-Book. Auf der Rückseite sind ein rotes Kreuz sowie ein grünes Kreuz abgedruckt - im Falle eines Unfalls sollen die Beteiligten den nachfolgenden Autos zeigen, ob sie medizinische Hilfe benötigen.

Roadsection
Engl. Begriff für Verbindungsetappe