Elektro-Flitzer

So fährt sich der Opel Corsa e-Rallye

Opel ruft den Corsa e-Rallye Markenpokal ins Leben. Die Rennserie soll volksnah sein und Spaß machen. Wir haben uns auf dem Fliegerhorst Pferdsfeld hinter das Steuer des Stromer-Rennfahrzeugs geklemmt und haben erfahren, warum Fahrwerksspezialisten Tränen in den Augen hatten.

Die Spitzkehre hat es in sich. Links am Kurvenausgang drohen Betonbegrenzungen und unter den Reifen Regenpfützen. Wir schießen mit Karacho auf die Kurve zu. Rein ins Eisen. Ohne Bremskraftverstärker muss man sich an das Dosieren beim in die Eisen steigen erst gewöhnen. Letzte Rille? Noch nicht. Zu unbekannt das Geläuf, zu fragwürdig zunächst die Traktion der gebrauchten Regen Reifen, die beim Boxenstopp aufgezogen wurden. Also frühzeitig und kräftig aufs Pedal steigen, jedes unkontrollierte Untersteuern wäre fatal und würde vermutlich in einer unschönen Kaltverformung enden.

„Wir sind auf jedes Auto angewiesen“, hatte uns Volker Stryceck vor den Testfahrten noch eingeschärft. Wenn ein derart entspannt-freundlicher Zeitgenosse wie der langjährige Opel-Sportchef eine solche Devise ausgibt, sollte man sich besser daran halten.

Lenkung langsam wieder gerade stellen und gleichzeitig rauf auf das Gaspedal. Der brutale Elektro-Punch bleibt aus. Ganz im Gegenteil, die Beschleunigung verläuft eher so, wie man es von klassischen Autos gewohnt ist. Das ist so gewollt. „Wir haben eine ganz neue Mapping-Software geschrieben, damit die Leistung linear zum Gaspedal verläuft und nicht progressiv wie beim Serienmodell“, erklärt Volker Strycek.

Klingt ganz simpel, war es aber nicht. Beim Corsa-e kommunizieren 19 Steuergeräte miteinander und jedes beeinflusst die Software, „Es macht sogar einen Unterschied, ob die Rundinstrumente des Cockpits analog oder digital sein“, sagt der Rennsport-Veteran. Die Mission ist erfüllt. Schließlich soll bei der Rallye-Rennserie der Fahrer der Chef sein, nicht die Elektronik.

Mit der Position der Akkus, die natürlich auch bei der Steifigkeit der Karosserie helfen, allein ist es nicht getan. Der Rallye-Corsa hat größere Radträger und eine größere Radnabe. Damit konnten die Techniker größere Antriebswellengelenke verwenden, was auch bei der Standfestigkeit hilft. Schließlich fliegen Rallye-Boliden auch durch die Luft und kommen so hart auf, dass die Stoßdämpfer durchschlagen. Deshalb sind diese ebenfalls wuchtiger dimensioniert als beim Serienmodell. Durch den erhöhten Durchmesser ist die Zug- und die Druckstufe variabler und das erlaubt ein breiteres Spektrum bei der Abstimmung.

„Wir wollen jedem Fahrer die Möglichkeit geben, alles aus dem Auto herauszuholen, sei es ein Pilot, der extrem sauber fährt oder ein wilder Hund. Deswegen sind wir bis in die kleinsten Krümel reingegangen“, sagt Stryceck. Ganz ohne Kollateralschaden ging dieses Unterfangen aber nicht ab, vor allem die Vertreter des Fahrwerkslieferanten mussten leiden. „Ich hatte weinende Bilstein-Leute vor mir. Letztendlich haben sich aber gefreut, dass es geklappt hat“, strahlt das Opel-Urgestein.

Mit den serienmäßigen 100 kW / 136 PS und den 260 Newtonmetern Drehmoment ist der Corsa-e ohnehin kein Kraftmonster. Dem Spaß tut das aber keinen Abbruch. Ganz im Gegenteil. Sobald man sich an die Umstände gewöhnt hat, kann man den Opel richtig fliegen lassen. Vor allem beim Einlenken zeigt sich, dass die Fahrwerks-Köche ein leckeres Dynamik-Menü gezaubert haben. Der Rallye-Corsa begreift jede Richtungsänderung als Einladung nicht als Herausforderung.

„Da steckt jede Menge Arbeit drin, schön, dass die ankommt“, freut sich Volker Stryzcek über unsere positive Rückmeldung und ergänzt: „Weil die Batterie recht weit hinten ist, konnten wir ein Fahrwerk hinstellen, dass es so bei einem Fronttriebler nicht gibt.“ Ein traktionsförderndes Torsen-Differenzial gehört da natürlich dazu.

Die Arbeit hat sich gelohnt. Trotz Überrollkäfig wiegt die Rallye-Version mit 1.475 Kilogramm rund 60 Kilogramm weniger als die Serienversion.Wie es sich für ein echtes Rallye-Auto gehört, hat der Corsa auch eine Handbremse, die die Hinterräder blockiert, sobald man an dem langen Stab zieht. Das hilft uns bei den engen Schikanen und Kurven, wo wir nach einigen Runden richtige Drifts hinlegen. Heißa! Das kommt dem Rallyefahren schon recht nah, auch wenn wir auf Asphalt unterwegs sind. Der Stunt findet ohne Netz und doppelten Boden statt, denn bei einem puristischen Sportler sind sämtliche Fahrhilfen das elektronische Stabilitätsprogramm (ESP), die Traktionskontrolle (TC) oder Antiblockiersystem (ABS) deaktiviert.

Der elektrische Corsa kommt beim ADAC Opel e-Rally Cup zum Einsatz, bei dem sich Piloten aus verschiedenen Ländern in acht Läufen messen werden. Für den Rüsselsheimer Autobauer ist bei diesen Rennserien schon immer wichtig, dass sich der Zuschauer wiederfindet. Volksnah soll das Treiben auf Schotter und Asphalt sein, deswegen ist der Opel Corsa-e Cup keine Herrenfahrer-Nummer: Ein rennfertiger E-Flitzer kostet 49.900 Euro netto. Wenn man in das Cockpit des Corsas schaut, findet man einiges aus dem Serienmodell wieder: Angefangen von den Hebeln an der Lenkradsäule bis hin zum Bedienteil der Klimaanlage, dem Automatikknüppel und dem Fahrmodus-Schalter, der andere Programme aktiviert als das beim Serienmodell der Fall ist: Rallye (volle Leistung), Regen (reduziertes Drehmoment) und zum Stromsparen auf der Verbindungsetappe (Eco).

Mit einem flotten Auto ist es bei dieser Rallye nicht getan. Schließlich trägt der Corsa den Buchstaben „e“ im Namen. Da läuft einiges anders als bei der Verbrenner-Fraktion. Angefangen vom speziellen Batterieschutz, der deutlich mehr vertragen muss als der normale. Schließlich geht es bei einer Rallye-Wertungsprüfung mit Alarm über Stock und Stein. Ganz wichtig ist das eigens geschaffene Elektrik-Überwachungssystem mit dem „Master Alarm Indicator“, das mit farbigen Leuchten und Tönen Fahrbereitschaft oder eben auch ein Problem signalisiert.

Die Frage nach dem Laden

Wie schaut es mit dem Laden aus? Eine Rallye findet nur selten an Autobahnen oder mitten in der Stadt statt. Deswegen hat Opel gemeinsam mit der Firma eLoaded eine mobile Ladeinfrastruktur entwickelt, die das öffentliche Nieder- oder Mittelspannungsnetz nutzt und so bis zu 18 Ladepunkte aus dem Boden gestampft werden können, die die Akkus mit bis zu 140 kW mit Energie füllen. Damit sind Batterien innerhalb von etwa 30 Minuten zu 80 Prozent aufgeladen und die wilde Querfeldein-Hatz kann beginnen. Wie lange diese unter realen Rallyebedingungen tatsächlich geht, wird man in der kommenden Woche sehen, dann feiert der elektrische Markenpokal seine Premiere.

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