1947 in Regensburg geboren, steht für Walter Röhrl früh der Sport im Mittelpunkt: Fußball, Rudern, Skifahren – und schließlich Motorsport. Dabei entscheidet sich der junge Bayer nach eigener Aussage bewusst für „Rallye statt Rundstrecke“. Eine goldrichtige Entscheidung, wie die Zukunft beweisen wird. Bereits ab 1973 fährt der damals 26-Jährige für Opel. Und mit Jochen Berger als Co-Piloten an seiner Seite holt das Team schon ein Jahr später den Rallye-Europameistertitel. Das Siegerauto: ein Werks-Opel Ascona A. Im folgenden Jahr erringt Röhrl dann den ersten Sieg in einem Rallye-Weltmeisterschaftslauf für sich und Opel, doch 1977 trennen sich zunächst die Wege des jungen Ausnahmefahrers und der Marke mit dem Blitz. Zu diesem Zeitpunkt ahnt noch niemand, dass der größte gemeinsame sportliche Triumpf noch bevorsteht.
WM-Auftakt nach Maß
1982 kehrt Walter Röhrl dann zu Opel zurück. Während Jochen Berger nun Teammanager der Opel-Motorsport-Abteilung ist, trägt zum Gelingen der damaligen „Mission Monte Carlo“ entscheidend auch sein neuer Beifahrer Christian Geistdörfer bei. Und der Opel Ascona B 400! Das Opel-Ingenieursteam unter Cheftechniker Karl-Heinz Goldstein hat dem Duo Röhrl/Geistdörfer einen Rallyewagen konstruiert, der seinerzeit als eines der zuverlässigsten Motorsportgeräte gilt. Der bis zu 260 PS starke Hecktriebler ist für den Driftkünstler genau das richtige Fahrzeug, um sein Können bei der 50. Ausgabe der Rallye Monte Carlo gegen die allradgetriebenen Audi quattro unter Beweis zu stellen.
Wie das Gespann aus ausgereiftem Fahrzeug und zu allem entschlossenen Piloten funktionierte, beschreibt Karl-Heinz Goldstein in Röhrls Biografie „Aufschrieb“ so: „Vor der letzten Nacht hatte er nur 31 Sekunden Vorsprung vor Hannu (Mikkola auf Audi). Dann hat Walter sich den Col de Madonne als Punkt ausgesucht, wo er die Rallye entscheiden wollte und den ganzen Tag dort geübt. In dieser Nacht setzte er alles auf eine Karte. Er fuhr den Madonne am äußersten Limit. Dort hat er Hannus Kampfgeist gebrochen.“
Röhrl gewinnt damit zum zweiten Mal die legendäre Rallye Monte Carlo – und zum ersten Mal mit Opel. Ein Auftakt nach Maß für die Rallye-Saison 1982.
Spannung bis zum Schluss
Die Rallye-Weltmeisterschaft 1982 entwickelt sich in den folgenden Läufen zu einem wahren Krimi, der vielen noch heute im Gedächtnis ist. Das Duell lautet dabei Walter Röhrl auf Opel Ascona 400 gegen Michèle Mouton im Audi quattro. Während die allradgetriebenen Rallye-Fahrzeuge auf Schnee, Kies und unbefestigten Strecken im Vorteil sind, wartet Röhrl als nervenstarker Stratege die richtigen Momente ab, um mit seinem Opel zu punkten.
Die Rechnung geht auf: So entscheidet das vorletzte Rennen der Saison, die 5.000 Kilometer lange – und bei Walter Röhrl nicht sonderlich beliebte – Rallye Elfenbeinküste, die Fahrer-Weltmeisterschaft. Während der Opel Ascona 400 wie ein Uhrwerk läuft und jeden harten Schlag wegsteckt, zeichnen sich die Wettbewerber weniger durch Verlässlichkeit aus. Oder wie Klaus Buhlmann in „Die Opel Rallye Story“ kommentiert: „Das Resultat dieser Weltmeisterschaft erschien indes gerecht: Opel verbuchte zwei, Audi hingegen sieben WM-Siege. Während Mikkola und Mouton jedoch oft spektakulär ausfielen, punktete Röhrl mit der Verlässlichkeit eines Computers. Allein seine ‚Bilanz des Ankommens auf hervorragenden Rängen‘ ist in der Geschichte dieses Sports einmalig und verdient höchste Anerkennung. Sicher ein Erfolg eines ungewöhnlichen Fahrers, bestimmt aber auch der Verdienst eines guten Teams, das mit dem Opel Ascona 400 das wohl zuverlässigste Rallyeauto dieser Epoche einsetzte!“
Mit dieser einzigartigen Kombination konnten sich Opel und Röhrl/Geistdörfer erfolgreich gegen die allradgetriebenen Audi quattro durchsetzen und gemeinsam den Fahrer-Weltmeistertitel mit 109 Punkten uneinholbar sichern.
Der Charakterkopf Walter Röhrl
Röhrl ist bekannt dafür, kein Blatt vor den Mund zu nehmen. Ihm ging es stets darum zu beweisen, dass er der beste Rallyefahrer der Welt war und „in jedem Auto gewinnen kann“ – was ihm mit dem Opel Ascona 400 als Fahrmaschine eindrucksvoll gelungen ist. Dass er, während sich andere Fahrer in den Serviceparks miteinander unterhielten, oft in seinem Auto sitzen blieb und die Hinweise im „Gebetbuch“ für den nächsten Streckenabschnitt studierte, ist dabei weniger seiner Zurückhaltung als vielmehr seinem Perfektionismus geschuldet.
Und so wird er als Renn- und Rallyefahrer auch heute von Fans auf der ganzen Welt bewundert: als ein Mensch, der sich traut, auch im Profisport Flagge zu zeigen. John Davenport, der ehemalige Rallye-Beifahrer und Motorsport-Chef von British Leyland und einer seiner Zeitgenossen, hat die wirkungsvolle Mischung von Röhrl 2002 im britischen Magazin „Motor Sport“ vielleicht am treffendsten beschrieben: „Eine sehr spezielle Kombination aus überragendem Talent, hartnäckiger Entschlossenheit und brutaler Ehrlichkeit.“