Zeitreise

BMW und der Rallyesport

Unsere Zeitreise durch den historischen Rallyesport geht in die nächste Runde. Heute blicken wir auf die Einsätze von BMW zurück.

<strong>QUERTRIEB:</strong> Auch BMW versuchte sich im Rallyesport, ehe man sich voll auf die Rundstrecke konzentrierte

Die Bayrischen Motoren Werke und Rallyesport – gab es das? Ja doch, und die erfolgreichste Zeit für die Marke mit der doppelten Niere als Kühlergrill lag zwischen 1965 und 1973.

 

Die neue Mittelklasse-Baureihe E 115 stellte BMW auf der IAA 1961 vor, eine viertürige Limousine mit 1,5 Liter Hubraum und 80 PS. Zwei Jahre später brachten sie den auf 1.800 ccm aufgebohrten Motor mit 90 Pferden und als TI die sportliche Version mit 110 PS. Die Leistungssteigerung ergab sich dabei durch eine höhere Verdichtung von 9,5: 1 und der Gemischaufbereitung durch zwei Solex-Doppelvergaser. Dieses Modell nutzten viele Privatfahrer um damit Motorsport zu betreiben.


Den richtigen sportlichen Schub brachte der 1965 erschienene 1800 TISA. Ausgerüstet mit größeren Ventilen, einer Verdichtung von 10,5: 1, einer 300 Grad Nockenwelle und zwei Weber-Doppelvergasern 45 DCOE machte dieses Aggregat 130 PS locker, die es über ein Getriebe mit fünf Gängen an die Hinterachse schickte.


Beim Fahrwerk setzten die Ingenieure verstärkte Stabilisatoren vorn und hinten ein, größere Bremsscheiben und Federbeine mit stärkeren Lagern und Naben. Die Lenkung wurde direkter übersetzt und der Innenraum mit Schalensitzen, einem großen Drehzahlmesser und einem Holzlenkrad modifiziert. Seine Höchstleistung erbrachte der Motor bei 6.100/min und damit erreichte der TISA gute 190 Stundenkilometer.


Die Österreicher Dr. Pilhatsch und sein Beifahrer Lederer waren in seinem Erscheinungsjahr erfolgreich mit diesem Wagen. Bei der Deutschland-Rallye und der Alpenfahrt in unserem bergigen Nachbarland holten sie sich jeweils den größten Pokal ab. Bei der zur Europameisterschaft zählenden Rallye München-Wien-Budapest schaute noch ein vierter Rang heraus. Dem Rennfahrer Hubert Hahne gelang es mit einem BMW 1800 TI als ersten, in einem Rennen auf der Nordschleife die Zehn-Minuten Schallmauer auf der knapp 21 Kilometer langen Strecke zu knacken.


Mit dem 1800 TI dagegen waren Erfolge im Jahr darauf eher dünn gesät. Ein sechster Rang durch die Niederländer Slotemaker / Gorris bei der Rallye Monte-Carlo und ein ebensolcher bei der München-Wien-Budapest durch Dr. Pilhatsch und seinen Copiloten Hruschka. Das Highlight war da noch der dritte Platz von Springer und Schey in der Deutschland-Rallye.

 


1967 war es wiederum der Onkel Doktor aus Österreich, der für das beste Resultat sorgte. Der vierte Platz bei der als Material mordend bekannten Akropolis mit dem 2000 TI hinter der starken Konkurrenz von BMC mit dem Mini Cooper, Lancia Fulvia HF und Ford Lotus Cortina war doch gar nicht so schlecht.

 

Nach mehr als dreißig Jahren ohne werkseitige Einsätze brachte das Modell 2002 die Bayern 1968 zurück zum Motorsport. Die kompakte, zweitürige Stufenhecklimousine verfügte über 2 Liter Hubraum und leistet 100 PS bei einem Leergewicht von etwa einer Tonne. Selbstredend folgten auch in dieser Baureihe ti (120 PS) und tii (Touring International Injection, 130 PS) Modelle. Der 1970 homologierte 2002 ti brachte es mit zwei Ventilen pro Zylinder bereits auf ca. 200 PS. Der tii, zwei Jahre später, beherbergte in seinem Motorraum praktisch ein Formel-2 Aggregat aus der Tuningküche Schnitzer, für den Rallyesport leicht in der Höchstleistung reduziert. Trotzdem gab die Maschine gut und gerne 230 Pferdestärken bei 7.700/min ab, besaß einen Zylinderkopf mit 16 Ventilen und zwei Solex-Doppelvergaser 48 DDH.


Damit hätte BMW in der Liga der Werke ganz vorne dabei sein können, aber man beschränkte sich auf sporadische internationale Einsätze, während in den nationalen Meisterschaften schon Dominanz zu verzeichnen war. Helmut „Helle“ Bein erhielt zunächst Unterstützung vom Werk. Wegen seiner guten Ergebnisse sowie eines überdurchschnittlichen Organisationsvermögens berief ihn der Konzern 1968 zum Leiter der Sportabteilung. Sein Job als Fahrer war dadurch allerdings nicht vom Tisch. Mit seinem Beifahrer Hans-Christoph Memel schaffte Helle 1969 die Vizemeisterschaft in Deutschland, im folgenden Jahr gewann die Paarung dann auch den Titel.


In diese Ära fielen weitere Titel in den nationalen Championaten Österreichs 1969 und 1970, Holland, Dänemark und Polen 1970, alle eingefahren mit dem 2002 ti. Das beste Ergebnis in der europäischen Rallye-Marken-Meisterschaft gelang den Bayern 1969 mit 30 Punkten und dem dritten Platz, denkbar knapp hinter Porsche (31 Punkte) und Ford, die auf 38 Punkte kamen. Der Pole Sobieslaw Zasada erhielt 1971 von H. Bein den Auftrag, sich die Europameisterschaft der Fahrer zu sichern. Dieses Vorhaben gelang dann auch, gegen relativ schwache Konkurrenz. Als zähester Gegner Zasadas erwies sich Sandro Munari, der jedoch bei dem entscheidenden Lauf in Belgien einen Ausfall hinnehmen musste.

 


In das folgende Jahr fiel die Gründung der BMW Motorsport GmbH, fortan zuständig für den sportlichen Bereich war Jochen Neerpasch, der als ehemaliger Rundstreckenfahrer dem Rallyesport eher distanziert gegenüber stand. Die Rallyefraktion kam aber erstmal ungeschoren davon. Reinhard Hainbach und Rainer Zweibäumer bestritten die Deutsche Meisterschaft, Achim Warmbold dürfte sogar neben den Einsätzen in Deutschland an einigen Läufen zur Internationalen Rallye-Marken-Meisterschaft teilnehmen.


International gesehen war die 72er Saison dann sogar die beste für die Bayrischen Motoren Werke. Carlsson/Berg schlossen die Rutschpartie in Schweden auf dem sechsten Rang ab, bei der Akropolis erlangte Achim Warmbold Bronze und Tony Fall Platz fünf. Anlässlich der Olympiade in Deutschland fand eine Rallye quer durch die Republik statt, bei der ein bis dahin relativ unbekannter Regensburger der versammelten Gegnerschaft mit einem Ford Capri bis zum Ausfall regelrecht um die Ohren fuhr. Bei dem Event belegten Reinhard Hainbach und Beifahrer Wulf Biebinger den vierten Platz mit einem 2002 tii.


In Portugal ließen Warmbold und Co John Davenport dann sensationell alle anderen mit ihrem 2002 ti hinter sich. Dieses Original-Fahrzeug ist immer noch fest in deutscher Hand und wird regelmäßig im Showprogramm von Rallyes bewegt, bei denen die „Slowly Sideways“ mit von der Partie sind. Die Deutsche Meisterschaft 1972 ging wieder an Helmut Bein und Rainer Zweibäumer, diesmal auf einem 1602.


Der Erfolge zum Trotz entschied Jochen Neerpasch, die Aktivitäten der Motorsport GmbH auf die Rundstrecke zu konzentrieren. Das große Nierenleiden brachten die 73er Ausgaben der Rallyes Portugal und Akropolis. In Portugal musste Warmbold aufgrund einer verbogenen Spurstange aufgeben. In Griechenland rutschte der BMW in einen Graben und konnte erst nach ewig langer Zeit wieder geborgen werden. Björn Waldegaard ging schon auf der zweiten Prüfung der Motor ein. Versöhnlich stimmte da lediglich die Alpenfahrt in Österreich, die Warmbold mit Jean Todt als Copilot für sich entschied. Waldegaard kam noch auf den vierten Rang. Die Epoche des Rallyesports war damit für BMW gelaufen, ausschließlich Rennsport war angesagt. Doch 2011 könnte die Wende kommen, Tochter Mini plant den Einstieg in die WRC.

 

Text: Frank Biller, Fotos: Reinhard Klein, Quelle: Rallye-Das Magazin 05/2007

 

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