Rallye GB 1998

Heute vor 20 Jahren: Die Mutter aller Niederlagen

Diese Szene hat sich tief in das kollektive Gedächtnis der Rallyegemeinde eingebrannt. Carlos Sainz verliert kurz vor dem Ziel der Rallye Großbritannien den bereits sicher geglaubten Titel. Rückblick auf ein Finale voller Emotionen.

Carlos Sainz und Luis Moya - Credit: McKlein

Es ist Sonntag, der 22. November, Mittagszeit und in Finnland hängen die Fahnen bereits auf Halbmast. Auf der Superspecial in Milbrook rutscht Tommi Mäkinen mit seinem Mitsubishi auf einer Öllache aus und streift an einem Betonklotz ein Rad ab. Der Finne würde am liebsten vorzeitig abreisen, doch bei Konkurrent Carlos Sainz könnte ja etwas schief gehen, also muss Mäkinen für etwaige Feierlichkeiten greifbar bleiben.

Der Nordmann glaubt nicht an ein Wunder. Sainz hat nur zwei Punkte Rückstand, ihm reicht im Toyota Corolla ein vierter Rang. Die starken britischen Gegner Richard Burns und die Gebrüder McRae haben sich bereits eliminiert, seinen Teamkollegen Auriol plagen Kupplungsprobleme. Um ja nichts zu riskieren, befiehlt Sainz auch seine Kupplung tauschen und lässt sich hinter den Ford von Bruno Thiry zurückfallen. Dort hält er eisern Rang vier.

Am Dienstagmittag scheint die Sonne auf das Schloss von Margham Park, nur auf Sainz scheint sie nicht. Drei Kilometer vor dem Ziel der letzten Prüfung der letzten Rallye des Jahres leuchtet plötzlich eine Warnlampe auf. Der Motor ist totkrank. Sainz schleppt sich noch drei Kilometer weiter, es sind lediglich 350 Meter bis zum Ziel, da haucht der Corolla in einer Rauchwolke sein Leben aus.

Moya als Stierkämpfer

Nachdem Beifahrer Luis Moya den Brand gelöscht hat, schlägt er plötzlich mit dem Feuerlöscher auf den Zylinderkopf ein. Danach schreitet er scheinbar seelenruhig zum Kofferraum und feuert seinen Helm durch die Heckscheibe. Es erinnert an den finalen Todesstoß eines spanischen Stierkämpfers. Sainz dreht sich um und geht in den Wald, um zu weinen.

Nüchterne Zeitgenossen diskutieren später, ob Angestellte, die vor aufgestellten TV-Kameras Produkte ihres Arbeitgebers beschädigen, tragbar sind. Aber so können nur Menschen reden, die eine solch epische Niederlage noch nie erleiden mussten.

Tommi Mäkinen steht derweil mit gepackten Koffern an der Rezeption, als das Handy klingelt. Es ist sein Bruder und Mäkinen schimpft: „Das ist nicht lustig“, bis der ihm versichert, Sainz sei wirklich ausgefallen. Mäkinen ist wieder Weltmeister, und wird es auch ein Jahr später wieder sein. Carlos Sainz dagegen hat auch in den Jahren 2001 und 2003 noch Titelchancen, doch es soll einfach nicht sein.

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