Ausfall von Gröndal und Mandel

Kahle gewinnt umgebaute Lausitz-Rallye

Nach anfänglichem Dreikampf mit den beiden Ford Fiesta R5 von Anders Gröndal und René Mandel gewinnen Matthias Kahle und Christian Doerr im Skoda Fabia R5 die Lausitz-Rallye mit großem Vorsprung.

31. Oktober 2016

Michael Heimrich

Manches ist anders als gewohnt bei der 19. ADMV-Lausitz-Rallye. Drastisch verschärfte Sicherheitsauflagen und der Verkauf der Lausitzer Braunkohle von Vattenfall an eine Inverstorengruppe zwingen den Veranstalter zum Verzicht auf mehrere traditionelle Wertungsprüfungen wie den Tagebau Reichwalde. Doch Rallye-Chef Wolfgang Rasper findet neue – und ganz alte – WP-Kilometer und bietet Fahrern und Zuschauern 150 km anspruchsvolle Strecke im besten Lausitz-Stil. 

Nur der Klimmzug, die Strecke auf 180 WP-Kilometer für den höchsten Koeffizienten der FIA European Rally Trophy zu erreichen, misslingt, denn der 30 km lange Rundkurs am Bärwalder See kommt bei den Fahrern nicht an: Bei 85% Asphalt auf schmalen Radwegen(!) mit sehr engen Bremsschikanen klagen sie über Reifen-, Bremsen- und Fahrwerksschwierigkeiten. In allen anderen Punkten muss man den Hut ziehen vor der Organisation, denn die Rallye läuft pünktlich und reibungslos und der Aufwand für Servicepark, Absperrungen und Ausschilderungen ist gigantisch.

99 Nennungen sind eingegangen, 87 Fahrzeuge erscheinen zur Abnahme in Boxberg, 86 rollen über die Rampe, weil ein Co von hohem Fieber geschüttelt wird. Mit sechs R5-Fahrzeugen wird die Zahl von der 3-Städte-Rallye zwar um einen R5 – der tschechische Vizemeister Jan Cerny hat nach Platz 2 bei der Schweizer Valais-Rallye vor einer Woche abgesagt -, doch die internationale Qualität des Lausitz-Feldes ist um Welten besser als in Bayern. Zu den drei deutschen R5 von Matthias Kahle (Skoda Fabia von Kahle Motorsport), René Mandel (Ford Fiesta von Armin Schwarz) und Albert von Thurn und Taxis (Skoda Fabia von Wevers) kommen die Fiesta der Norweger Anders Gröndal und Arnt Olsen sowie der Skoda Fabia des früheren Vize-Europameisters Antonin Tlustak aus der Tschechischen Republik.

Gröndal und Walfridsson fallen vorzeitig aus

Anders Gröndal, der die Lausitz-Rallye in den drei letzten Jahren gewonnen hat, gewinnt am Freitagnachmittag den Auftakt in der Lausitz-Arena, doch auf der neuen WP 2 bei Boxberg schlägt René Mandel zu, auch Matthias Kahle zeigt dem Norweger sein Heck. Beim ersten Service liegen Kahle, Gröndal und Mandel innerhalb einer Sekunde! Auf der zweiten Schleife im Dunkeln teilen sich Gröndal und Kahle die Bestzeiten, jeweils um Zehntel getrennt – spannender geht es nicht. Nach der Freitagetappe mit 44 WP-Kilometern führen Matthias Kahle und Christian Doerr mit 1,3 Sekunden vor Anders Gröndal und Miriam Walfridsson sowie mit 13 Sekunden vor René Mandel und Dennis Zenz.

Dahinter klafft eine Lücke von mehr als einer Minute zu dem blass fahrenden Antonin Tlustak, dem der junge Schwede Algot Öberg (Gruppe-N-Subaru) und Hermann Gaßner (R4-Mitsubishi Evo 10) folgen. Arnt Olsen, der Pole Daniel Chwist (Gruppe-N-Subaru), Raphael Ramonat und Peter Scharmach (beide Gruppe-H-Mitsubishi) komplettieren die ersten Zehn. Dahinter folgen die schnellsten Fronttriebler, die um Punkte in der ERT-Division 3 kämpfen: Die tschechischen Junioren Karel Kupec und Filip Mareš (beide Peugeot 208 R2) führen vor Raffael Sulzinger und dem Schweden Kevin Jirvelius, beide im Ford Fiesta R2. Dazwischen schieben sich Jeffrey Wiesner im heckgetriebenen Volvo 242 und Gerd Tabbert mit seinem Allrad-BMW. 

Pech haben Albert von Thurn und Taxis und Copilotin Sandra Bufe: Sie liegen dicht hinter Tlustak auf Platz 5, als ihnen auf der WP 4 vorn eine Felge bricht; der nächtliche Radwechsel auf einem sandigen Waldweg wirft sie um 55 Plätze zurück. Nur 64 Teams fahren abends in den Parc Fermé, unter den Ausfällen finden sich die Mitsubishi der drei Finnen Saku Vierimaa (Motor), Pekka Ruokonen (Elektrik) und Jari Latvala (Kupplung) ebenso wie BMW M3 des Litauers Egidijus Valeisa (Motor) und der 318 von Schotter-Cup-Spitzenreiter Sebastian Vollak (Überschlag). Doch die Schraubertruppe schafft in der Nacht kleine und große Wunder: 77 Fahrzeuge rollen am Samstagfrüh beim Restart über die Rampe.

Mandel kann zu Beginn groß auftrumpfen

Anders Gröndal attackiert sofort, knöpft Kahle auf der Mulkwitz-Prüfung fünf Sekunden ab und übernimmt die Spitze. Doch mit einer Bestzeit bei Sprey, wenn auch nur mit einer Zehntel Vorsprung, zeigt Kahle seine Kampfbereitschaft. Doch es kommt nicht zum Duell, denn Kahle verliert seine beiden Konkurrenten binnen weniger Kilometer. René Mandel beschädigt bei einem Ausritt die Front des Fiesta, der Kühler ist leck geschlagen, der 24-jährige Autocross-Europameister fällt nach einem beherzten Auftritt aus. Dann meldet Posten 4 von der WP 7 den Ausfall von Gröndal: „Startnummer 1 rollt aus. Technischer Defekt“. Die Wasserpumpe des Fiesta R5 hat versagt. 

Jetzt führen Matthias Kahle und Christian Doerr mit drei Minuten Vorsprung vor Tlustak, dem Öberg auf die Stoßstange gerückt ist. Kahle kann es sich leisten, auf dem 30 km langen Rundkurs am Bärwalder See die Bestzeit seinem Skoda-Kollegen Thurn und Taxis zu überlassen. Beim Start zur Nachmittagsschleife kündigt er an: „Wir brauchen jetzt nicht mehr mit hohem Risiko zu fahren“, legt noch eine Bestzeit hin und schont seinen Fabia auf den letzten Kilometern. Mit dreieinhalb Minuten Vorsprung gewinnen Matthias Kahle die Lausitz-Rallye – für Kahle der vierte Erfolg, für Doerr der dritte.

Der 25-jährige Schwede Algot Öberg und sein gleichaltriger Co Andreas Johansson ziehen im Gruppe-N-Impreza am Skoda Fabia R5 von Antonin Tlustak und Ivo Vybiral vorbei und feiern Rang 2 wie einen Sieg. Hermann Gaßner und Jasmin Noll haben als Vierte – somit bestes der 16 Mitsu-Teams – viel Luft nach vorn wie auch nach hinten, denn Gentleman-Driver Arnt Olsen, ,er Hauptsponsor von Anders Gröndal) kann ihn zu keinem Zeitpunkt gefährden. Hinter dem Polen Daniel Chwist fährt der Ukrainer Taras Kravchenko mit einem Gruppe-N-Evo 10 bis auf Rang 7 nach vorn, obwohl er am Freitagabend reichlich drei Minuten verschenkt, weil er eine Runde zu viel in der Arena dreht. Raphael Ramonat und Sara Phieler  holen sich als Achte den Sieg in der Gruppe H.

Thurn und Taxis ist am Samstag stark unterwegs

Auffälligster Mann am Samstag ist Albert von Thurn und Taxis, der in seiner ersten vollen Rallyesaison – die Lausitz ist sein siebenter Start 2016, aber der erste in Deutschland – die ersten drei Bestzeiten seiner Karriere setzt und sich von Platz 60 auf Platz 9 verbessert. Auf der letzten Prüfung kickt er noch Jeffrey Wiesner und Stefan Harloff aus den Top 10, die den 1984er Volvo 242 mit 220-PS-Maschine herzerfrischend über die Schotterpisten scheuchen und als beste Nicht-Allradler den elften Rang erobern. Eine Minute dahinter gewinnen Raffael Sulzinger und Claudia Harloff, Stefans Tochter, die Fronttriebler-Wertung in der Lausitz und die ERT3-Wertung vor den Junioren Dominik Brož aus Tschechien und Kevin Jirvelius aus Schweden, beide auf Fiesta R2. 58 der 86 gestarteten Teams erreichen nach 182 WP-Kilometern das Ziel der 19. ADMV-Lausitz-Rallye.

Ergebnis 19. Int. ADMV-Lausitz-Rallye

1.Matthias Kahle / Christian DoerrSkoda Fabia R5RC21:49:40,1
2.Algot Öberg / Andreas JohanssonSubaru Impreza N16RC2+3:35,5
3.Antonin Tlustak / Ivo VybiralSkoda Fabia R5RC2+4:19,4
4.Hermann Gaßner sr. / Jasmin NollMitsubishi Evo 10R4+6:52,4
5.Arnt G. Olsen / Rune EilertsenFord Fiesta R5RC2+7:41,7
6.Daniel Chwist / Dariusz BurkatSubaru Impreza N16RC2+10:40,6
7.Taras Kravchenko / Juri KuzminovMitsubishi Evo 10RC2+11:59,2
8.Raphael Ramonat / Sara PhielerMitsubishi Evo 7H16+12:38,7
9.A. von Thurn und Taxis / Sandra BufeSkoda Fabia R5RC2+14:23,1
10.Björn Bäkkevold / Dyre FredriksenMitsubishi Evo 5C28+14:23,4
11.Jeffrey Wiesner / Stefan HarloffVolvo 242H15+14:56,6
12.Raffael Sulzinger / Claudia HarloffFord Fiesta R2RC4+15:42,6
16.Dirk Richter / Anja VogelMitsubishi Evo 6C28+17:47,2
17.Mark Muschiol / Kerstin MunkwitzRenault ClioH14+17:56,6
18.Marc Bach / André SeelischMitsubishi Evo 8F3A+18:01,9
19.Dark Liebehenschel / Valentin LangnerCitroen Saxo VTSF9+18:40,9
44.Benjamin Derda / Danilo ChristTrabant 601H11+39:35,9

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