Frühlingserwachen in der Eifel

Die Mitsubishi-Piloten Frank Färber und Michael Bieg liefern sich in Kempenich einen offenen Schlagabtausch, den Färber mit drei Sekunden Vorsprung gewinnt.

9. März 2015

Michael Heimrich

Strahlender Sonnenschein und frühlingshafte Temperaturen locken Tausende von Zuschauern zur ersten Rallye 70. Der MSC Kempenich bietet zwei verschiedene Rundkurse zu jeweils 15 Kilometern und – zum Warmfahren – den 5-km-Sprint rund um Hausten. Alle drei Wertungsprüfungen des Frühjahrs-Klassikers in der Eifel sind extrem anspruchsvoll; sie führen überwiegend über schmale Teerwege, garniert mit Kuppen, engen Abzweigen und schnellen Mut-Passagen. 90 Teams geben ihre Nennung ab, und nachdem die Grippewelle u.a. Peter Schaaf, Christoph Schleimer und Uwe Kriegeskotte ins Bett verbannt hat, erscheinen 80 Fahrzeuge zur Abnahme.
Nach dem zweiten Platz im Saarland ist Frank Färber nach nur vier Stunden Schlaf am Sonntag zum Heimspiel an gereist und eröffnet mit der Startnummer 1 und mit Dennis Zenz für Peter Schaaf auf dem heißen Sitz im Gruppe-H-Mitsubishi die Zeitenjagd. Doch Färber schafft rund um Hausten nur die drittbeste Zeit. Die Bestzeit holt sich Michael Bieg, der ebenfalls die zweite Rallye am Wochenende fährt, jetzt mit einem Gruppe-H-Evo 8 mit Evo-9-Schnauze, weil sein Gruppe-F-Evo im Saarland ausgefallen ist. Zwischen die beiden Mitsubishi schiebt sich Thomas Kleinwächter mit einem nach Anhang K vorbereiteten 77er Gruppe-4-Carrera. Zwei andere Hecktriebler dominieren die Rundkurs-Prüfung durch Hannebach: Georg Berlandy im legendären A-Ascona und der Pfälzer Vorjahreszweite Karl-Heinz Braun im Compact-M3 knacken als einzige die 10-Minuten-Marke. Platz 3 reicht Färber, um die Spitze zu erobern, die er auf der dritten Prüfung, dem Runkurs zwischen Engeln und Weibern, mit einer Bestzeit ausbaut. Hier fallen zwei Vorentscheidungen: Karlheinz Braun büßt zwanzig Sekunden ein und lädt in der Halbzeitpause auf, während Georg Berlandy und Ricky Schmitt drei statt zwei Runden fahren und dadurch um mehr als fünf Minuten abstürzen. 
Im zweiten Umlauf staunt Frank Färber nicht schlecht, als Michael Bieg – diesmal von Dieter Voß navigiert – den 11-Sekunden-Rückstand auf zwei Prüfungen in einen 2-Sekunden-Vorsprung verwandelt. Mit einem gewaltigen Endspurt drehen Frank Färber und Dennis Zenz auf den 15 WP-Kilometern der WP 6 den Spieß nochmals um und gewinnen die Rallye 70 Kempenich knapp vor Michael Bieg und Dieter Voß; für Frank Färber bedeutet dieser Erfolg schon den sechsten Kempenich-Gesamtsieg. Georg Berlandy glänzt in der zweiten Schleife mit einer Best- und einer zweitbesten Zeit; ohne die „Ehrenrunde“ hätte er sich mit Färber einen Kampf um Zehntelsekunden geliefert!
Thomas und Andrea Kleinwächter bringen den Histo-Porsche als bestes Nicht-Allradauto auf den dritten Podestplatz. Überhaupt: Die „alten“ Gruppe-4-Porsche aus den Siebzigern zeigen eine bemerkenswerte Mannschaftsleistung, denn auch Michael Küke (Rang 5), Peter Fruth (Rang 10) und Rüdiger Baehr (Rang 13) landen weit vorn. Andreas Gerst im fünften Carrera erreicht das Ziel als Zehnter, fällt aber wegen Mängeln am Kat aus der Wertung. Als bestes BMW-Team platzieren sich Jürgen Lenarz und Natalie Solbach-Schmitz zwischen den beiden Top-Carrera auf dem vierten Platz und gewinnen die 3-Liter-Klasse vor den Rundstrecken-Assen Christopher Gerhard und Marc Poos im neueren E36-Modell des BMW M3. Bester Fronttriebler ist der Citroen C2 von Christian König, gleichzeitig Sieger der 1600er Klasse vor dem Peugeot 208 von Björn Schlömer. Ein trauriges Bild bietet die 2-Liter-Klasse der Gruppe H. Während Andreas und Heike Dingert im Golf 3 (Platz 17) gewinnen, erreichen nur 3 von 10 Fahrzeugen das Ziel in Wertung, der viertletzte Gesamt-Platz reicht noch für einen Pokal!
In der Gruppe F haben die Nordhessen Axel Schmitt und Nina Becker im Evo 10 die Konkurrenz im Griff. Mit 17 Fahrzeuge ist die 2-Liter-Klasse mit Abstand am besten besetzt; Heinz-Robert Jansen gewinnt sie im Ascona B knapp vor Marco Fleischmann und Dominik Ramb (jetzt im Astra statt Kadett), GT-Masters-Pilot David Jahn lenkt den besten BMW 318 auf Platz 3. Sascha Winter im BMW M3 und Klaus Osterhaus mit seiner 85er Corolla holen sich die anderen Klassensiege in der Gruppe F.
Auch die Youngtimer-Rallye-Trophy startet in Kempenich in die neue Saison; dabei ist bei den „Klassikern“ bis Baujahr 1981 ein Aufwind zu spüren, während die neuen Fahrzeuge (1982-1988) nur mager vertreten sind. Die Porsche Carrera (siehe oben) beherrschen die Szene; bei den 2-Liter-Youngtimern siegt der 2012er Champion Axel Potthast nach Berlandys Missgeschick klar. Carsten Meurer holt sich den Gruppe-1-Sieg, bei den „Kleinen“ lässt Olaf Rost im Polo 1300 die Konkurrenz stehen und unterstreicht seine Ambitionen auf den Trophy-Sieg. Bei den Gruppe-A-Fahrzeugen feiern Jürgen Schmidt im BMW 325i und sein Co Jonas Tischner – bei seiner ersten Rallye – den Tagessieg.
Nach den überwiegend durchwachsenen Rallye-200-Plus-Testveranstaltungen im letzten Jahr hat die Rallye 70 in Kempenich einen guten Weg für die folgenden zehn Rallye-70-Tests gewiesen. Sie zeigt sich zwar etwas Rundkurs-lastig (allerdings ohne nennenswerte Behinderungen), ist aber beim Zeit-Konzept ebenso hervorragend wie bei der pünktlichen Durchführung. Zudem verläuft die Rallye unfallfrei, 52 der 80 Teams kommen in die Wertung. Die Wertungsprüfungen rund um Kempenich sind ohnehin Spitze. So darf es gern weiter gehen mit dem Konzept Rallye 70.

Ergebnis 37. ADAC-Rallye 70 Kempenich

1. Färber / Zenz Mitsubishi Evo 8 H16 46:29,3
2. Bieg / Voß Mitsubishi Evo 8 H16 +0:03,2
3. Kleinwächter / Kleinwächter Porsche Carrera Y4 +0:37,9
4. Lenarz / Solbach BMW M3 E30 H15 +1:08,1
5. Küke / Carl Porsche Carrera Y4 +1:19,6
6. Schlinck / Loth Mitsubishi Evo 6 H16 +1:28,3
7. Gerhard / Poos BMW M3 E36 H15 +1:35,2
8. König / Brack Citroen C2 R2 H13 +2:31,1
9. Schmitt / Becker Mitsubishi Evo 10 F3A +2:56,2
10. Fruth / Baum Porsche Carrera Y4 +3:32,8
11. Hahne / Buhr Mitsubishi Evo 6 H16 +3:56,1
12. Patrizio / Pretsch Subaru STI RC2 +3:57,1
13. Baehr / Prosser Porsche Carrera Y2 +3:57,2
14. Schlömer / Saxler Peugeot 208 R2 RC4 +4:14,2
15. Potthast / Pernsch Ford Escort RS 2000 Y2 +4:14,9

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