RALLYE FINNLAND

Wo sind die „fliegenden Finnen“?

Skandal im Land der 1.000 Seen: 2013 hat es kein einziger der einheimischen Glüher auf das Podium der Rallye Finnland gebracht – und der letzte Sieg eines Suomi-Boys beim „Großen Preis von Jyväskylä“ liegt nun auch schon vier Jahre zurück. Können Jari-Matti Latvala, Mikko Hirvonen und Juho Hänninen diesen bedenklichen Trend am kommenden Wochenende stoppen?

<strong>STICH INS HERZ:</strong> Ein Franzose gilt als hauhoher Favorit für die Rallye Finnland

Einst galt die Rallye Finnland als nahezu uneinnehmbare Festung der furchtlosen Driftwunder aus dem hohen Norden. Doch der Stolz der Finnen hat in den vergangenen Jahren einen deutlichen Knacks bekommen – nun sind es plötzlich Franzosen, die sich auf der Schotter-Achterbahn rund um Jyväskylä als Seriensieger gebärden: In der vergangenen Saison war es Sebastien Ogier, der den Klassiker gewann, und in den beiden Jahren davor konnte Rekord-Weltmeister Sebastien Loeb die „1000-Seen-Rallye“ sogar gleich zweimal in Folge für sich entscheiden. Aber dass es 2013 kein einziger Finne unter die ersten Drei geschafft hat, versetzte der an wunderbaren Vollgasglühern so reichen Region doch einen empfindlichen Stich ins Herz.

Freunde des gepflegten Driftwinkels müssen in den Geschichtsbüchern weit zurückblättern, um vergleichbaren Frevel zu entdecken, wie Best-of-Rallylive erkennt: 2003 wurde der beste Finne – Tommi Mäkinen – gar nur auf Rang sechs geführt. Allerdings teilten sich seinerzeit mit dem Esten Markko Märtin und dem Norweger Petter Solberg zumindestens zwei Nordeuropäer die beiden ersten Plätze, gefolgt von Richard Burns, Carlos Sainz und Loeb.

Überhaupt: dieser Sainz! Mit dem „Matador“ hatte das Elend aus Sicht der Einheimischen überhaupt begonnen. Denn dem Spanier war 1990 als erster Nicht-Nordeuropäer das Kunststück gelungen, den Kankkunens, Aléns, Salonens und Mäkinens dieser skandinavischen Welt auf eigenem Terrain eine Niederlage beizubringen. Zuvor hatten dies seit 1951 nur vier Schweden gewagt: 1957 Erik Carlsson im Saab 93, 1959 Gunnar Callbo mit einem Volvo PV544, 1971 der verrückte Stig Blomqvist im Saab 96 V4 und 1989 Mikael Ericsson am Steuer eines Mitsubishi Galant. Dass mit dem französischen Lancia Delta HF integrale-Piloten Didier Auriol zwei Jahre nach Sainz schon wieder ein Fahrer aus dem warmen Süden dominieren würde, werteten Insider als deutliches Zeichen finnischen Sittenverfalls.

Was ist also los mit den „fliegenden Finnen“, deren Spitzname übrigens einst vom Langstreckenläufer Paavo Nurmi abgeleitet wurde?

Seit der ersten (damals noch „Jyväskylän Suurajot“ genannten) Rallye Finnland, die Arvo Karlsson 1951 mit einem Austin Atlantic gewann, gingen 51 Siege an einen Lokalmatador. Osmo Kalpala und Simo Lampinen jubelten jeweils dreimal, Timo Mäkinen ließ sich viermal feiern, zwischen 1965 und 1967 sogar dreimal in Folge. Tommi Mäkinen holte seine fünf Siege zwischen 1994 und 1998 am Stück, während „Mister Maximum Attack“ Markku Alén sechs Rallye Finnland-Ausgaben für sich entschied. Das ist noch nichts gegen Marcus Grönholm: Der Finne mit den schwedischen Wurzeln nahm siebenmal den größten Pokal mit nach Hause – ebenso wie Hannu Mikkola, dessen Siegesserie die stolze Zeit von 15 Jahren (1968 bis 1983) überspannt …

Heute lassen es vor allem die Südeuropäer bei der 1000-Seen-Rallye so richtig krachen. Loeb zum Beispiel war 2012 mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 122,89 km/h der schnellste Sieger aller Zeiten. Und sein Landsmann Ogier flog im Vorjahr mit 130,7 km/h über die berühmte Wertungsprüfung „Ouninpohja“, neuer Rekord. 

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