High-Tech für High-Speed

Staubige Pisten, Schlaglöcher, Sprungkuppen und immer Vollgas: Die Anforderungen an ein Rallye-Fahrzeug sind enorm und ändern sich ständig.

21. Juli 2003

Michael Heimrich

Bei der Rallye Deutschland steht die Herausforderung an die Ingenieure der Teams fest: Die extrem kurvigen Weinberg-Prüfungen an der Mosel stellen eine enorm hohe Belastung für Bremsen, Getriebe und Kupplungen der Rallye-Boliden dar. Doch solch kurvige Rallyes, wie sie übrigens auch bei den WM-Läufen auf Korsika oder in Italien zu absolvieren sind, bereiten den High-Tech-Ingenieuren von heute nicht mehr die gleichen Extrem-Kopfschmerzen wie den scheinbaren Low-Tech-Düsentriebs aus Rallye-Urzeiten. Dabei sind die Belastungen exorbitant gestiegen.

Durchschnittlich 3.500 Gangwechsel kalkulieren Subaru-Techniker für die knapp 400 Bestzeit-Kilometer der ADAC Rallye Deutschland, rund 160 pro Prüfung. Geschaltet wird dabei übrigens mehrheitlich zwischen dem zweiten, dritten und vierten Gang des Sechsgang-Getriebes eines Impreza WRC. Bei einem WM-Lauf sind pro WRC (World Rally Car) nur zwei der rund 90.000 Euro teuren Schaltgetriebe erlaubt, doch die sind jeweils komplett überholt oder brandneu. Ein Getriebe besteht aus etwa 400 Einzelteilen und wird in rund 80 Mann-Stunden montiert. Jedes Gang-Zahnrad ist für eine Lebensdauer von mindestens tausend Bestzeit-Kilometern ausgelegt, doch im Fall des Falles werden nur 14 Minuten für den Getriebewechsel am Zentralservice benötigt ? die Kupplung ist gar in 150 bis 180 Sekunden gewechselt.

Angesichts der sequenziellen Getriebe mit Joystick oder Schaltwippe wird die Kupplung aber nur noch beim Start wirklich extrem belastet. Für den Focus zum Beispiel entwickelten die Sachs-Ingenieure eine ausgefeilte Kupplungskonstruktion mit minimiertem Außendurchmesser (163 statt 229 Millimeter). Gleichzeitig wurde durch den Einsatz von Titanlegierungen und Karbon das Gewicht um 1.300 auf 1.700 Gramm reduziert. Beim Sachs-Ausrücksystem wird ein spezielles Hybrid-Kugellager verwendet, das dank Keramikkugeln eine optimale Druckverteilung aufweist und mit einem speziellen Dichtungssystem ausgerüstet ist, damit Staub, Steine oder Spritzwasser keine Schäden anrichten.

Hitzige Schwerstarbeit leisten die Bremsen. Die bis zu 380 Millimeter großen Bremsscheiben einer so genannten WRC-Asphaltversion ? die Scheibengröße entspricht fast dem kompletten Rad-Durchmesser des legendären Austin Mini zu Anfang der siebziger Jahre ? erreichen bis zu 860 Grad Celsius.

Selbstverständlich sind diese Alcon- oder Brembo-Bremsen wassergekühlt, trotzdem schwankt die Temperatur der Bremsflüssigkeit ständig zwischen 100 bis 120 Grad. Die exzellente Verzögerung eines heutigen WRC verdeutlicht Subaru-Teammanager George Donaldson: ?Die für ein Serienauto vorgeschriebene Bremswirkung aller vier Räder erreicht ein WRC so ungefähr mit einem einzigen Rad.?

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