Rallye News

Der heiße Ritt auf Eis und Schnee

Von den winterlichen Bedingungen in Schweden zeigen sich die Piloten unbeeindruckt: Sie fegen mit mehr als 200 km/h über die Pisten und setzen dabei voll auf ihre Spikes.

<strong>SCHWERSTARBEIT:</strong> Bei 120 km/h berührt ein Spike 17 Mal pro Sekunde die Piste

Unglaublich aber wahr: Obwohl die Rallye Schweden der einzige Lauf im Kalender der Rallye-Weltmeisterschaft ist, der bei komplett winterlichen Verhältnissen stattfindet, gehört sie zu den schnellsten Veranstaltungen des Jahres.

 

Die größte Herausforderung stellt der eisige Untergrund dar, der größere Variationen aufweist als so mancher Eisverkäufer Sorten feil bietet. Nicht nur Eskimos wissen: Eis ist nicht gleich Eis und benutzen gleich mehrere Namen für das gefrorene Nass. Die Bandbreite der Rallye Schweden reicht von ?sehr kaltem? Eis, das bei Temperaturen zwischen -20 und -10 Grad entsteht, über ?normales? Eis (-5 bis -2 Grad) bis hin zu ?matschigem? Eis zwischen null und +2 Grad. Ausgiebige und akribische Vorbereitung sind hier der Schlüssel zum Erfolg - auch wenn die Teams während ihrer zumeist im Dezember durchgeführten Testfahrten nur selten vergleichbare Bedingungen vorfinden.

 

Für den nötigen Halt bei dem wilden Tanz auf den vereisten Pisten sorgen die Spike-Pneus. Die Piloten vertrauen jedoch nicht nur auf die Leistung ihrer Reifen, sondern passen auch ihren Fahrstil den ?Bobbahnen? in den schwedischen Wäldern an: So ?lehnen? die Driftkünstler ihre Autos gerne an den hohen Schneewänden an, die die Strecke rechts und links begrenzen. Dadurch verleihen sie ihnen bei Lenk- und Bremsmanövern zusätzliche Stabilität - unabdingbar für schnelle Zeiten. Bei falscher Technik blüht den Piloten allerdings Ungemach: Wer beim ?Anlehnen? einen falschen Winkel wählt, geht das Risiko ein, dass der Wagen die Schneebänke durchbricht und stecken bleibt. Gleiches gilt für den Fall, dass eine zu milde Witterung den Schneewällen nicht die entsprechende Stabilität beschert. Versteckt sich ein Baumstumpf oder gar ein Findling hinter oder unter der weißen Pracht, erweisen sich die frostigen ?Leitplanken? hingegen schnell als stabiler als erwünscht?

 

?Anhand eines einfachen Eiswürfels können wir uns ausmalen, welche verschiedenen Sorten Eis in Schweden vorkommen?, erklärt Aimé Chatard, verantwortlich für das Rallye-Programm von BFGoodrich. ?Kommt er frisch aus dem Gefrierfach, bleibt der Eiswürfel leicht an den Fingern kleben. Behält man ihn eine Weile in der Hand, beginnt er zu schmilzen und wird flutschig.?

 

Ein tückisches Element also, dem nur mit dem entsprechenden Material begegnet werden kann. Über Sieg oder Niederlage entscheiden deshalb vor allem die Reifen. Wichtig dabei: Die Spikes dieser Winterspezialisten müssen gut mit der Lauffläche verbunden sein. BFGoodrich bietet seinen Partnern mit dem schmalen und dadurch extrem griffigen ?g-Force Ice? das optimale Wettbewerbsgerät. Jeder einzelne der maximal 384 Spikes wurde per Hand eingeklebt - eine Prozedur, die pro Reifen bis zu einer Stunde dauert.

 

Besonders problematisch: Auch auf Wertungsprüfungen, die keine durchgehende Schnee- oder Eisschicht mehr bieten, sollte der frei liegende Schotter möglichst wenig Spikes aus der Lauffläche reißen. ?Vergangenes Jahr fanden wir bei der Rallye Schweden außergewöhnlich milde Temperaturen vor?, erinnert sich Chatard. ?Durch die geschmolzene Eisschicht ragten Steine hervor, die den Pneus ordentlich zusetzten. Wir haben bei den Wintertests versucht, das Problem in den Griff zu bekommen. Aber wer weiß, ob die Bedingungen diesmal vergleichbar sind?? Um sich vorab einen Überblick über die aktuellen Straßenverhältnisse zu verschaffen, werden deshalb ab Dienstag die ersten Eisspione auf den WM-Strecken unterwegs sein. Während der Rallye fahren diese ?Späher? ab drei Uhr morgens jede einzelne Wertungsprüfung ab.

 

Durch die unterschiedliche Länge der Spikes erhalten die Teams für jeden Untergrund optimales Material. Der ?g-Force Ice normal stud? von BFGoodrich kommt bei komplett vereisten Pisten zum Einsatz. Die langen Spikes des ?g-Force Ice long stud? geben auf einer Mischung aus Eis und Schnee optimalen Halt, während die kurzen Spikes des ?g-Force Ice short stud? in der von Chatard beschriebenen Situation greifen, wenn der Schotter durch das geschmolzene Eis hervorlugt.

 

Durch das asymmetrische Laufflächenprofil des ?g-Force Ice? geben die Spikes jederzeit sicheren Halt: Beim Bremsen und Anfahren verzahnen sie sich gerade in den Boden, in den Kurven bieten sie optimalen Seitenhalt. Die schmalen Laufflächen sorgen dafür, dass die maximal 20 Millimeter langen Eisenstifte mit hohem Druck durch die obere Schneeschicht gepresst werden - so bauen sie in den darunter liegenden, festeren Schichten Grip auf. Bei 120 km/h berührt beispielsweise jeder einzelne Stahlnagel 17 Mal pro Sekunde die Fahrbahn. Das sehr weite Profilmuster hilft dabei, den losen Schnee seitlich abzuleiten.

 

Das FIA-Reglement erlaubt auf einer Profillauffläche von 30 Zentimetern maximal 60 Spikes. In der Regel ergibt dies eine Summe von 384 Spikes pro Reifen. Die Länge der Spikes ist auf zwei Zentimeter Gesamtlänge beschränkt, das Gewicht darf vier Gramm nicht überschreiten.

« zurück