Begonnen hatte alles ein Jahrzehnt früher, Anfang der Siebzigerjahre des vorigen Jahrhunderts, als sich der kleine Raimund mit dem Rallyevirus infizierte. "Die Vorgängerin der Pyhrn-Eisenwurzen Rallye, die 1000-Minuten Rallye, führte praktisch an der Haustür meines Elternhauses in Rosenau am Hengstpass vorbei, da hab ich als 11-jähriger die ganz Nacht zugeschaut und ich war so fasziniert, dass bei mir feststand: Wenn ich groß bin, werde ich Rallyefahrer!" Baumschlager absolvierte nach der Schule eine Lehre als Betriebsschlosser, doch in seinem Kopf schwirrte weiter der Gedanke ans Rallye fahren herum.
Sepp Gössweiner, ein Schulkollege, der einen Datsun hatte, überredete ihn 1982 mit seinem Auto die Pyhrn-Eisenwurzen Rallye zu fahren, was nicht sehr schwer war. Der Datsun wurde auf Vordermann gebracht, heißt gewaschen und poliert – und das war’s. Fast schon. Denn das Auto war für den Rallyesport nicht homologiert. Kurzerhand tauschte man mit dem Mechaniker, der das zugelassene Modell fuhr und konnte starten. Das Team Baumschlager/Gössweiner wurde auf Anhieb Zweiter in der Klasse. Bei der darauf folgenden Admont Rallye war Baumschlager auf den ersten zwei Prüfungen sensationell schnell unterwegs, ehe er den Datsun an einer Mauer in Weng verschrottete. Das Ende einer Karriere? Nur ein verzögerter Start. Neben seinem Job als Betriebsschlosser arbeitete Baumschlager als "Holzknecht", um sich das Geld fürs Rallye fahren zu verdienen. Mit einem Toyota fuhr 1985 der Nobody aus Rosenau am Hengstpass bei der Admont Rallye auf den dritten Gesamtrang und wurde Prioritätsfahrer. Ein Jahr später feierte Baumschlager, seinen Namen kannte man inzwischen in der Szene, mit einem angemieteten Opel Manta 400 bei der Sprint Rallye in Zeltweg seinen ersten Sieg in einem Staatsmeisterschaftslauf. In einer Zeit in der die heimische Rallyeszene von Franz Wittmann, Georg Fischer und Wilfried Wiedner mit Audi Quattros dominiert wurde. "Ein brutales Vollgastier", beschrieb Thomas Zeltner, sein späterer Beifahrer, damals Ko bei Georg Fischer, den Newcomer Baumschlager.
Es folgten Wander- und Lehrjahre unter den Fittichen des Lasberger Rallyedoktors Helmut Czekal auf dessen VW Golf 16 V in der großen Rallyewelt für Aufsehen und Bewunderung sorgte. 1989, bei seinem ersten WM-Lauf, kam er auf den 8. Gesamtplatz bei der San Remo Rallye und wurde bester Privatfahrer, 5. Gesamtrang beim WM-Lauf 1990 auf Korsika. Mit der Berufung ins Werksteam von VW als Teamkollege von Erwin Weber 1991 endete vorerst einmal die Präsenz Baumschlagers in der Österreichischen Rallyemeisterschaft in die er nach einer verkorksten Saison mit einem Ford Focus WRC 2001 zwei Jahre später umso triumphaler mit seinem zweiten Meistertitel zurückkehrte, dem weitere sieben Titelgewinnen in Serie folgten. Acht Meistertitel am Stück, das hatte auf der ganzen Welt zuvor noch kein Rallyepilot geschafft. Dazu ein 24-Stunden-Weltrekord in einem VW W12 mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 323 km/h (2002), Sieger des 24-Stunden-Rennens in Spa (1996), Klassensieg bei den 24-Stunden auf dem Nürburgring (1992), Platz 6 bei der Safari-Rallye 1998 sind nur einige Highlights in der auch international außergewöhnlichen 30jährigen Karriere von Raimund Baumschlager die aber auch das außergewöhnliche Talent und Können bestätigen. Als Firmenchef von BRR (Gründung 2003) setzte Baumschlager mit seinen in Micheldorf vorbereiteten Skoda Fabias in der S2000-Weltmeisterschaft (SWRC) noch einen drauf. Gewinn der FIA-Teamwertung (2010) und Weltmeistertitel von Juho Hänninen (2011).
Österreichische Rallyegeschichte schrieb Baumschlager bei der Arbö Rallye Steiermark, die er zehn Mal gewann, und mit dem Meisterschaftssieg 2010, den er in 106 Tagen fixiert hatte und dabei auch alle Meisterschaftsläufe in einem Jahr für sich entscheiden konnte. Insgesamt hat Raimund Baumschlager bisher 54 österreichische Meisterschaftsläufe gewonnen. "Diese 30 Jahre sind wie im Flug vergangen, es war eine tolle Zeit und ich hoffe noch ein paar Jahre anhängen zu können. Der Rallyesport ist Teil meins Lebens, durch diesen Sport habe ich fast die ganze Welt sehen dürfen, unzählig viele nette Menschen getroffen – aber auch Neider. Mein Vater sagte mir immer ‚Neid musst du Dir erkämpfen, Mitleid bekommst du gespendet‘. Ich bin ein Kämpfer!", sagte Baumschlager.
"Bedanken möchte ich mich bei allen Menschen, die mich diese 30 Jahre im Sport begleitet haben. Ich kenne die Zahl nicht, wie viele Mechaniker sich den Allerwertesten aufgerissen haben für mich. Bei Gönnern wie Dr. Helmut Czekal die viel Geld investierten in mich, bei den Sponsoren die an mich glaubten, hinter mir standen und noch immer stehen, obwohl sich etliche Herrschaften redlich bemühten mich schlecht zu reden, bei allen meine Medienbetreuern, Teamchefs, die es nicht leicht hatten mit mir. Bei den Importeurs-Vertretern, welche an mich glaubten und sich für mich stark machten. Dank gilt auch den Journalisten die mich ‚fast alle‘ immer fair behandelten, allen meinen Beifahrern, denen ich so viel zu verdanken habe, die sich mit mir freuten aber auch die schlechten Zeiten mit mir durchdrückten!!! Dank an mein BRR-Team, das mit mir gewinnt und auch verliert und mit dem die Erfolge zu feiern fast unmöglich ist, weil es die Zeit nicht zulässt. Der größte Dank gilt meiner Familie, die mich viele Wochen, manchmal Monate im Jahr nicht gesehen hat weil ich ständig im Ausland war und noch immer bin. Es war eine schöne Zeit und Gott sei Dank ist sie noch immer nicht vorbei."
Wenn es am Jahresende einen weiteren österreichischen Meistertitel für Raimund Baumschlager geben sollte, dann wird er wohl wieder einzigartig auf der Welt sein, der Titelgewinn mit fast 53 Jahren. Es wäre dann sein 10. Titel ins-gesamt – und wenn man den Gewinn des Dieselpokals von 1998 dazurechnet, der als österreichische Meisterschaft ausgeschrieben war, sein 11.