Nationale Szene

DMSB über Gruppe-H-Verbot und Einführung des KFP

Dr. Gerd Ennser, DMSB-Präsidiumsmitglied und zuständig für den Automobilsport nimmt Stellung zum Ende der Gruppe-H, der Einführung des Kraftfahrzeugpass (KFP) und der nicht erteilten Genehmigung des Rallye-Supercups.

Gruppe-H-Fahrzeuge durften in diesem Jahr nicht mehr eingesetzt werden

Die Starterzahlen in der nationalen Szene sind stark gesunken. Haben Sie diese Entwicklung bemerkt?
„Wie soll das denn nicht bei mir ankommen? Wir haben ja Statistiken und sehen die Entwicklung sehr genau. Es ist auch klar, warum es diesen Rückgang gibt. Das liegt zum einen an dem Ende der Gruppe-H und es liegt zum anderen an der gleichzeitigen Einführung des KFP. Ich glaube beides zusammen war im Nachhinein gesehen in einem Jahr zu viel. Aus heutiger Sicht betrachtet, hätte man vielleicht eine andere Zeitschiene wählen sollen.“

Warum ist das im gleichen Jahr passiert?
„Was die Gruppe-H anbelangt gab es ja seit 2011 die Diskussion und dies haben auch alle Gremien immer wieder bestätigt. Das ist etwas, was mich immer so ein bisschen ärgert, es haben uns alle Trägerverbände des DMSB aufgegeben, die Klassen- und Gruppenvielfalt zu reduzieren und die Gruppe-H auslaufen zu lassen. Und das wurde ja auch seit 2012 stets kommuniziert. Wir haben immer wieder Rücksprache gehalten und haben zuletzt 2016 noch beim ADAC nachgefragt: ‚Sollen wir das jetzt wirklich machen?’ und es wurde gesagt ‚Ja! Das ist der Fahrplan und irgendwie müssen wir mal eine Konsequenz zeigen.’“

Wie lange wird es aus Ihrer Sicht dauern, ehe die Lücke wieder gefüllt ist?
„Ich bin mir sicher, dass das noch länger dauern wird. Ich rechne damit, dass wir zwei bis drei Jahre brauchen, ehe das Ganze überhaupt aufgefangen wird.“

Dann kommen wir zum KFP. Warum braucht es diesen überhaupt?
„Der KFP hängt zusammen mit den Gesprächen, die es im Verkehrsministerium gab. Im Jahr 2014 war das Problem entstanden, dass man für neue Autos keine Eintragungen mehr bekommt, die für Motorsport bestimmt sind. Das hängt zusammen mit der EU-Abgasvorschriften und wie eine Gewichtsveränderung auf die Abgaskonstellation einwirkt. Das heißt, wenn man irgendetwas macht, ist im Grunde die Betriebserlaubnis erloschen und selbst die Werke hatten Probleme, ein Auto zu bauen, das zulassungsfähig war. Da haben wir gesagt, wir müssen etwas tun und dann wurde eben der Weg über diese sogenannte Rallyezulassung gefunden. Nur hat man dann in vielen Gesprächen sozusagen uns abverlangt, dass wenn wir es machen, dann aber auch konsequent. Das war das Problem. Vielleicht hätte man es auch versuchen müssen, das ein bisschen zeitlich zu strecken, dass man sagt: Altbestand braucht noch keinen KFP. Im Nachhinein wäre das sicher intelligenter gewesen.“

Warum hat man sich so unter Druck setzen lassen?
„Wir haben zwei Baustellen was die Behördenkontakte anbelangt. Das eine ist das Thema Paragraph 29. Das ist der Paragraph, der die Rallyegenehmigung regelt. Da gibt es eine Durchführungsverordnung, die über 30 Jahre alt ist. Da steht im Detail drin, wann eine Behörde, sei es Ordnungsamt, oder Gemeinde, eine Straße für Motorsportzwecke sperren kann. Diese Regelung ist wirklich komplett überaltert. Sie enthält zwei Versicherungssummen, von denen wir heute wissen, die reichen hinten und vorne nicht. Deshalb sind wir in Gesprächen mit der Behörde immer eher vorsichtig vorgegangen und haben dann, möglicherweise vorschnell wie ich zugeben muss, akzeptiert, dass die Behörde gesagt hat: ‚KFP für alles’. Heute sehen wir, das war natürlich schädlich für die Teilnehmerzahlen, ganz klar.“

Dr. Gerd Ennser ist seit April 2010 DMSB-Präsidiumsmitglied für den Automobilsport

Ein wichtiges Thema ist der Rallye-Supercup. Warum wurde er vom DMSB nicht genehmigt?
„Dafür gibt es zwei Gründe. Das erste ist dieses technisch Reglement, was im Grunde die Gruppe-H wiedereinführt. Da würden wir uns ja selber veralbern, wenn wir sagen, wir verbieten die Gruppe-H und genehmigen dann eine Serie, in der die Gruppe-H wieder fahren, nur unter einem anderen Namen. Und das war ja auch lange mit Patrick Mohr, dem Initiator des Rallye-Supercups abgesprochen. Natürlich ist es einer der Gründe für die Serie, dass man diesen Autos noch ein Spielfeld bietet. Wir können als DMSB das nicht einerseits verbieten und dann über die Hintertür wieder erlauben. Da würden wir an Glaubwürdigkeit verlieren.“

Und was war der zweite Grund?
„Wir hatten vor einigen Jahren drei große Serien und die haben sich kannibalisiert. Das war für den Rallyesport schädlich. Es gab die DRM, es gab das ADAC Masters und die DRS vom AvD. Im Grunde haben sich die attraktiven Teilnehmer auf diese drei Serien aufgeteilt. Dann hat man zusammen mit dem ADAC gesagt, wir müssen das bereinigen. Wir brauchen eine gute Top-Serie. Das war die Verschmelzung DRM und Masters. Und ich glaube wir haben gesehen, es hat funktioniert. Dann brauchen wir eine Stufe darunter eine Serie für ambitionierte Amateure. Die auch billiger sein muss, wo man ohne Service, ohne Übernachtung und ohne großen Reifenaufwand schönen Sport betreiben kann. Das ist der DMSB-Cup mit seinen Rallye 70. Der ist aber noch nicht optimal, ich bin mit dem nicht zufrieden. Der neue Rallye-Ausschuss muss sich damit beschäftigen, dass auch diese zweite Liga, oder dritte Liga, je nachdem wie man das nennt, für unsere ambitionierten Amateure attraktiver werden wird.“

Was schwebt Ihnen da vor?
„Wir müssen vielleicht das Format attraktiver machen. Das ist momentan etwas starr, da ist die Rallye 70 und da gibt es ganz klare Regelungen, wie muss so etwas aussehen. Vielleicht muss man die Veranstalter fragen, was sie sich vorstellen. Wir haben  weitere top Veranstaltungen in Deutschland. Nehmen wir die ‚Köln-Ahrweiler’, da fragt kein Mensch wie hoch das Startgeld ist, die fahren trotzdem. Dann gibt es die Grabfeld-Rallye mit vielen Teilnehmern. Also offenbar gibt es Formate, oder einfach Herangehensweisen, die Teilnehmer generieren. Da muss man fragen ‚Wie macht ihr das genau? Könnten das vielleicht andere kopieren?’ Da muss sich der Rallye-Ausschuss drum kümmern. Dann ist die Frage, ist vielleicht die Aufteilung in zwei Regionen zu anspruchsvoll? Weil natürlich auch weites Reisen Geld kostet, das muss man vielleicht in kleinere Regionen fassen. Wir haben ja bereits viele regionale Serien, mehr als 20 in Deutschland, da könnte man sagen, in diesen regionalen Serien qualifizieren sich die Besten und treffen sich dann zu zwei Endläufen irgendwo in der Mitte oder wo auch immer. Also hier kann man noch viele Ideen einbringen, das ist aber Aufgabe der Fachleute, die sollen da was bringen. Und dann muss diese zweite Liga richtig schön werden.“

Der DMSB-Cup soll künftig attraktiver werden

Sie haben den Rallye-Supercup als Konkurrenz für den DMSB-Cup gesehen?
„Wenn wir jetzt da auch noch den Rallye-Supercup hätten, dann hätten wir wieder verschiedene Serien, die sich gegenseitig wehtun. Wie gesagt, es ist ja schade, ich habe lange mit Patrick Mohr gesprochen und es hätte die Möglichkeit gegeben, dass man sich irgendwo arrangiert. Aber ich war zum Teil gebunden durch Beschlüsse, an die ich mich halten musste und er war manchmal ein bisschen gebunden mit seinem eigenen Enthusiasmus und sagt: ‚Nein, ich will da keine Kompromisse machen’. Das hat leider in dem Fall das Ganze verhindert. Dann kam es zur Klage und das hat natürlich nicht wirklich zur Entspannung beigetragen, also wenn man sich vor Gericht sieht, tut man sich schwer, dass man eine weitere, gemeinsame Lösung findet. Aber ich glaube, dass es immer noch möglich ist, dass wir Lösungen auch mit Patrick Mohr finden. Weil wir brauchen Leute wie ihn. Vielleicht hat es sich irgendwann beruhigt und dann machen wir einen Neustart.“

Vor Gericht soll erneut über die Genehmigung verhandelt werden. Wir sprechen dann bereits über 2018?
„Gegenstand der Klage ist die Genehmigung der Serie für 2017. Was soll denn im November noch für 2017 genehmigt werden? Das ist vorbei.“

Also würde es 2018 wieder aufgerollt werden?
„Da müsste man einen neuen Antrag stellen.“

Einen neuen Antrag stellen und dann könnte der DMSB erneut sagen, wir genehmigen die Serie nicht?
„Ja, es kommt darauf an, was er dann haben will. Vielleicht ist er bereit, andere Regelungen aufzunehmen. Also er weiß, dass wir nach wie vor gesprächsbereit sind. Das Problem wird auch sein, mit seinem jetzigen Reglement findet er keine Veranstalter. Der ADAC hat bereits klar gesagt, es wird keine ADAC-Rallye beim Rallye-Supercup mitmachen. Der DMV hat zwei Rallyes, vielleicht kommt der ADMV, aber dann wäre es eine ostdeutsche Meisterschaft. Das ist nicht, was Patrick will. Es ist schwierig für ihn und ich hoffe, dass wir irgendwann trotzdem mal zusammenfinden und was Schönes auf die Beine stellen. Weil ich ihm zutraue, dass er das kann.“

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