Den für die Rallye in Finnland charakteristischen Leitspruch "if you doubt, flat out" (Wenn du zweifelst, gib volle Pulle) hatte sich der Schwede Anton Brorsson mit der Startnummer 120 gleich auf seinen Volvo 940 geklebt. Die Finnen selbst haben ein besonders schönes Wort dafür: „Sisu“ – was Herz, Mut und Schneid bedeutet. Das braucht es, um diese Rallye zu fahren. Und die Deutschen bzw. Österreicher haben gelernt, dass es verdammt viel Sisu benötigt. Oder wie Andreas Leue es zusammenfasste: „Hier werden aus Bübchen Buben gemacht. Uns wachsen gerade die ersten Barthaare.“ Insgesamt gingen 168 Teams bei der „SM Castrol Ralli Tampere“, Lauf zur finnischen Meisterschaft, an den Start, 51 davon waren Volvos, da die Rallye zugleich zum Volvo Nordic West Euro Cup (NWEC) zählte. Wie stabil die schwedischen Dickschiffe sind zeigt deren geringe Ausfallquote: 43 fahren auch noch die neunte und zugleich letzte Prüfung der Rallye.<s></s>
Die Teams Karl Friedrich „Charlie“ Beck / Stefanie Fritzensmeier (Volvo 940), Andreas Leue / Inka Lerch (Volvo 940), Jochen Walther / Philipp Musholt (Volvo 940), Siegfried „Siggi“ Mayr / Hubert Spindler (Volvo 740) sowie die Österreicher Markus Stachl / Andreas Hadinger ziehen eine positive Bilanz von ihrer (zumeist) ersten Rallye-Erfahrung in Finnland.
Bereits am Donnerstag hatten die deutschsprachigen als auch die schwedischen Teams nach dem Shakedown enormen Respekt vor den schnellen und anspruchsvollen Strecken. Was sich auch nach dem Recce am Freitag nicht änderte – ganz im Gegenteil. Zudem begann die „SM Castrol Ralli Tampere mit einer weiteren Herausforderung: Die beiden ersten Wertungsprüfungen zwischen Hulikankulma und Savo wurden in der Dämmerung beziehungsweise im Dunkeln gefahren. „Das war echt heftig, gleich die ersten Prüfungen im Dunkeln zu fahren. Nachdem in der ersten WP der Schlauch kaputt ging, hatte ich aber in der zweiten eine überraschend gute Zeit“, erzählte Charlie Beck. Auch Leue kämpfte während der ersten WP mit der Elektronik an seinem Volvo 940. Jochen Walther war angesichts der geballt schnellen finnischen und schwedischen Fahrpower fassungslos und frustriert: „Den Freitag werde ich verdrängen, auf neun Kilometer Entfernung habe ich eine Minute verloren. Das ist mit dem Wort ‚Welten’ nicht zu beschreiben.“ Im Dunkeln seien diese Strecken einfach nicht nachvollziehbar gewesen und wie die anderen so schnell sein konnten.
Bei Tageslicht sah das Ganze am Samstag aber schon wieder anders aus. Drei Wertungsprüfungen, je um die 15 Kilometer lang und doppelt gefahren, galt es für die deutschen und das österreichische Rallyeteam zu meistern – mit Erfolg, alle haben das Ziel erreicht. Fünf anderen Volvo-Fahrern erging es da anders, sie legten teils heftige Crashs hin, zum Glück wurde niemand verletzt. So etwa Startnummer 135 (Jönsson), der beim Driften auf der dritten WP in der Kurve die Kontrolle verlor und direkt vor den Augen der Zuschauer eine finnische Rolle machte. Die deutschsprachigen Teams hatten zwar auch zu kämpfen, aber bewältigten jede brenzlige Situation – auch wenn sie zwischendurch beim Service fast den Glauben verlieren wollten: „Es ist schrecklich, wie Fahrschule“, hörte man da etwa Markus Stachl. Doch im Ziel waren alle mit Finnland und der „SM Castrol Ralli Tampere“ versöhnt – obwohl ein Großteil des Starterfeldes dieses nur noch auf der Felge oder mit platten Reifen erreichte. Was der Freude aber keinen Abbruch tat. Insbesondere Jochen Walther ging doch noch mit einem guten Gefühl und einem breiten Grinsen aus der Rallye. „Wunderbar! Es war endlich so, wie es sein soll!" So war die letzte WP auch Walthers persönliches Highlight, ebenso wie das Teamwork zwischen Fahrer und Beifahrer. „Es waren tollste Strecken, bergauf und bergab, beste Straßenverhältnisse sowie eine gute Konkurrenz. Im vierten Gang sind wir in schnellen Kurven ausgedreht und an den Grenzen unserer fahrerischen Fähigkeiten sicher angekommen." Ein sehr zufriedener Siggi Mayr strahlte ebenso bis über beide Ohren und bekam nur noch ein „Wahnsinn“ heraus. Und auch Markus Stachl meinte: „Ich habe versucht, mich mit dem Rallyesport zu versöhnen. Ich glaube, es ist mir gelungen."
Auch Charlie Beck kam am Samstag gut zurecht, mit Ausnahme der Zuschauerprüfung, aber dafür mit der WP 5 bzw. 9. als seinen persönlichen Höhepunkt. „Das war einerseits sauschnell, dann wieder sehr eng im Wald und einfach sehr abwechslungsreich mit 15 Kilometer Kurve an Kurve.“ Die Strecken seien sehr anspruchsvoll und „das Schwierigste ist immer zu wissen, wo man wieder landet“. Becks Fazit seiner Finnland-Premiere: „Das war etwas komplett Neues. Von der Charakteristik kann man es mit keinem anderen Land vergleichen, nicht mit Schweden, der Schweiz oder Frankreich.“ Das bestätigte auch Andreas Leue: „In Deutschland fahren wir bei einer Schotterrallye höchstens mal auf den Geraden im Vierten, hier machst du das teilweise kilometerlang Kurve an Kurve!" Und Jochen Walther ergänzte: „Es hat sich gelohnt! Die beste Möglichkeit, seine fahrerischen Qualitäten zu verbessern! Die Straßen sind doppelt so breit wie in Schweden, aber durch die flüssige Streckenführung gibt es viele mittelschwere oder schwere Kurven. Und die Strecken gehen fast überhaupt nicht kaputt.“
Gesamtsieger der „SM Castrol Ralli Tampere“ wurde der Finne Jarkko Nikara (Ford Fiesta S2000).