Interview Jost Capito

"Werden konkurrenzfähig sein"

Seit rund zwei Monaten ist Jost Capito neuer Sportchef von Volkswagen. Im Interview bezieht er Stellung zur aktuellen Polo-Entwicklung und dem Aufbau von Nachwuchsfahrern.

<strong>KENNER DER SZENE:</strong> Jost Capito weiß, was nötig ist, um in der Rallye-WM erfolgreich zu sein

Als erfahrener Mann aus der Rallye-Szene: Wie beurteilen Sie den aktuellen Stand des WRC-Projektes von Volkswagen Motorsport?

Volkswagen ist erfolgsverwöhnt und ehrgeizig. Das gilt auch für den Einsatz in der WRC. Aber im Gegensatz zu den etablierten Teams von Ford und Citroen, kann Volkswagen noch nicht auf eine zehnjährige Erfahrung im Rallye-Zirkus zurückgreifen. Die WRC ist für unser Auto, unsere Technik und unsere Mannschaft absolutes Neuland. Aktuell liegen wir jedoch auf Kurs, sind im Plan. Das Auto ist zuverlässig, und das ist der Hauptpunkt. Denn ein zuverlässiges Auto schnell zu bekommen ist einfacher, als ein schnelles Auto zuverlässig zu bekommen. Wir sind in allen Bereichen dort, wo wir sein sollen. Es gibt noch viele Tests und viele Dinge die wir noch verbessern werden. Darauf arbeiten wir hin. Ich denke, dass wir Anfang 2013 ein konkurrenzfähiges Auto haben werden.

 

Konnten Sie sich schon mit Jean Todt zum Thema Volkswagen in der Rallye-WM austauschen?

Ich kenne Jean Todt noch aus meiner Formel-1-Zeit bei Sauber, als wir dort Ferrari-Motoren hatten. Da war er Teamchef bei Ferrari.  Das ist schon rund 14 Jahre her. Wir kennen uns recht gut. In meinen ersten sechs Wochen bei Volkswagen habe ich es noch nicht geschafft ihn zu treffen, aber ich glaube es ist wichtig, dass wir gemeinsame Anknüpfungspunkte aus der Vergangenheit haben. Das gilt aber genauso für die anderen Entscheider bei der FIA. Aufgrund meiner früheren Tätigkeiten als Repräsentant für die Hersteller bei der FIA sind mir die Strukturen vertraut. Das hilft weiter.

 

Wie viele Werkswagen planen Sie beim WRC-Debüt 2013 in Monaco einzusetzen?

Zwei Autos. Während der Saison ist es ein denkbares Szenario, auch noch ein drittes Auto an den Start zu bringen. Aber erst, wenn man alles im Griff hat und alles so funktioniert, wie wir uns das vorstellen und genug Erfahrung im Team vorhanden ist. Wann es soweit ist, ob 2013 oder erst 2014, das hängt wirklich davon ab, wie der Fortschritt innerhalb des gesamten Teams ist.

 

Können Sie schon etwas zu den Besatzungen sagen?

Das erste Auto wird von Sébastien Ogier und Julien Ingrassia gefahren werden. Zum zweiten Auto können wir noch nichts sagen.

 

Wie steht es mit der Heranführung von Nachwuchsfahrern, zum Beispiel mit Andreas Mikkelsen?

Kris Nissen hat ein sehr gutes Nachwuchskonzept entwickelt. Es wächst bereits jetzt eine neue Generation von jungen talentierten Nachwuchsfahrern heran. Ein Beispiel ist Andreas Mikkelsen. Er ist ein sehr großes Talent, führt in der IRC. Wir arbeiten derzeit mit Andreas Mikkelsen, Kevin Abbring und Sepp Wiegand. Da kommen drei gute Fahrer hoch, die den alt eingesessenen schon das Wasser reichen können. Aber wir ziehen nicht drei Fahrer parallel hoch, sondern einen nach dem anderen.

 

Die Entwicklung des WRC-Polo schreitet rasch voran. Auf welche Kompetenzen welcher Konzernmarken greifen Sie dabei zurück?

Der WRC-Polo wird in erster Linie hier bei uns im Haus entwickelt. Die Erfahrungen sammeln wir mit dem Skoda Fabia S2000. Und die Zusammenarbeit mit den Kollegen von Skoda ist sehr gut, sehr intensiv und sehr kollegial. Wobei es auch schon wechselseitig ist – sie lernen auch schon Dinge von uns. Keiner hält sich zurück: Wenn wir eine Frage haben, dann tauschen wir uns aus. Es ist ein sehr offenes Arbeitsverhältnis. Das gleiche gilt auch für Seat. Sie haben in der Vergangenheit viel WRC-Erfahrung sammeln können. Es gibt regelmäßige Besprechungen. Aber die Hauptverantwortung liegt hier bei uns. Der Motor ist eine komplett neue Eigenentwicklung von Volkswagen Motorsport. Es ist der erste „Global Race Engine“ im Konzern. Natürlich haben sich die Motorenabteilungen aller Marken dazu ausgetauscht, um bei der Entwicklung auf die am besten geeigneten verfügbaren Technologien und Lösungen zurückgreifen zu können. Für das Fahrzeug gilt das gleiche.

 

Welche Konzernmarken dürfen fertig entwickelte Komponenten – beispielsweise den Motor vom WRC-Polo für Ihre Racing-Projekte einsetzen?

Zunächst muss ein Bedarf da sein. Ich glaube, als „global race Engine“ macht es Sinn, bei Bedarf anderer Konzernmarken auf diesen Motor zurückgreifen zu können. Ich sehe da echte Möglichkeiten.

 

Wie ist das Engagement von Volkswagen Motorsport aktuell im Konzern eingeordnet? NASCAR und Rallycross stehen immer wieder im Fokus von Spekulationen...

Der Fokus ist ganz klar auf die WRC gerichtet. Das ist der Bereich, wo Volkswagen Motorsport erfolgreich sein muss und Erwartungen erfüllen soll. Da setzen wir unser Augenmerk drauf und sehen zu, dass wir uns nicht verzetteln. Man macht lieber eine Sache richtig, als drei Dinge nur halb. Auf der anderen Seite ist es für uns wichtig, etwas für den amerikanischen Markt zu tun. Da haben wir Nachholbedarf. Rallycross wäre da sicherlich ein Thema, weil es auch eine Verbindung zum Rallye-Sport hat und die derzeit am schnellsten wachsende Popularität in den USA hat. Man muss sich das schon genauer ansehen. Eine normale Rallye in den USA macht eher weniger Sinn, weil es den Amerikanern schwer zu vermitteln ist. Als erstes konzentrieren wir uns auf die WRC und danach kommt erst einmal lange Nichts – und dann sieht man weiter.

 

Zwischen Volkswagen und Skoda könnte es im Rallyebereich Überschneidungen geben, auch wenn der S2000 bislang mit einem Saugmotor ausgestattet ist?

Durch die gute Kooperation zwischen den Motorsportabteilungen von Skoda und Volkswagen sehe ich da überhaupt keine Probleme. Wir arbeiten zusammen und da gibt es eher positive Synergien, die uns allen weiterhelfen. Reibereien wird es nicht geben, zumal ich Herrn Hrabanek (Skoda-Sportchef d.Red.) noch aus meiner Ford-Zeit kenne und damals schon ein gutes Verhältnis mit ihm hatte. 

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