WM 2016

Wales Rallye GB: Dreck lass nach

Es wird ungemütlich in der Rallye-Weltmeisterschaft. Das liegt nicht nur allein am herbstlichen Wetter in Wales, sondern auch an den anspruchsvollen Schotterprüfungen. Der Zeitplan stellt die Fahrer vor weitere Herausforderungen.

Nebel. Regen. Rauer Schotter. Schnelle Kurven, enge Abzweige und lange Kehren: Die Wales-Rallye Großbritannien, von traditionsbewussten Fans dieses Sports noch immer „RAC“ genannt, gilt als die Schotterveranstaltung im WM-Kalender schlechthin. Bis 1990 wurden die heimtückischen Wertungsprüfungen „blind“ gefahren: Ein vorheriges Abfahren der Strecken zum Erstellen eines Aufschriebs war verboten – was seinerzeit den Marktwert einheimischer Beifahrer, die ihr „Gebetbuch“ über Jahre bei nationalen Rallyes verfeinert hatten, enorm beflügelte… 

Einst erstreckte sich die Rallye bis hoch nach Schottland, mehr als 60(!) verschiedene WPwaren keine Seltenheit. Heute hat sich der britische WM-Lauf dem vorgegebenen Schema der Motorsporthoheit FIA angepasst. Das sieht auf den ersten beiden Etappen am Freitag und Samstag je eine Vor- und Nachmittagsschleife über mehr oder weniger die selben WP vor. Am Freitag kommen in diesem Jahr die gleichen Prüfungen zum Einsatz wie 2015, allerdings werden sie in entgegengesetzter Richtung gefahren: „Myherin“, „Sweet Lamb“, „Hafren“ und „Dyfnant“ gehören zu den Klassikern dieser Rallye, die 2016 ausnahmsweise nicht als Finale fungiert. Das findet drei Wochen später in Australien statt. Nach fast 90 WP-Kilometern dürfen gegen Mittag in einer „Tyre Fitting Zone“ in Newtown neue Pneus für den zweiten Durchgang aufgezogen werden – viel mehr Arbeit an den Wettbewerbsgeräten ist nicht erlaubt.

Auch am Samstag stehen acht Prüfungen auf dem Programm. Die 9,64 Kilometer lange „Pantperthog“ kehrt zum ersten Mal seit 20 Jahren in den Rallye-Ablauf zurück, und für die Zuschauerprüfung vor dem Cholmondeley Castle wagen sich die Teilnehmer am Abend sogar über die Landesgrenze nach England. 

Der Sonntagvormittag umfasst zweimal drei Prüfungen, darunter auch „Clocaenog“. Die 7,93 Kilometer lange „Brenig 2“ dient als sogenannte Power Stage: Hier werden die drei Schnellsten mit bis zu drei WM-Zusatzpunkten belohnt. Über die Zielrampe geht es nach über 330 WM-Kilometern dann in Llandudno. Besonderheit der zweiten und dritten Etappe: Hier dürfen nach halber WP-Distanz nicht einmal die Reifen gewechselt werden – ausgenommen natürlich jener zwei Ersatzpneus, die im Auto mitgereist sind.

Harte Zeiten für die Reifen

Die groben Waldwege der Rallye Großbritannien gehören so ziemlich zum Letzten, was sich ein normaler Autoreifen freiwillig aussuchen würde: Spitze Steine ragen aus dem Untergrund, Spurrillen setzen den Flanken zu und die schlammig-feuchte Oberfläche sorgt für rutschige Bedingungen.

„In Wales spielt die Reifentaktik eine grundlegende Rolle“, betont Jacques Morelli, der Leiter des Rallye-WM-Engagements von Michelin. „Im Verlauf des Tages können sich die Oberflächen der Prüfungen stark verändern. Sie werden tiefer, rutschiger und immer aggressiver zu den Pneus. Am Samstag müssen sich die Crews bereits um sechs Uhr morgens auf jene Reifen festlegen, die fast zehn Stunden später immer noch die richtige Wahl sein sollen – eine schwierige Aufgabe.“

Insgesamt bringt Michelin 1.370 Reifen nach Wales. 580 Exemplare sind für die World Rally Cars bestimmt, 560 Einheiten für Fahrer in der WRC 2-Kategorie. In beiden Fällen unterteilt sich das Angebot in eine weichere „S“- und eine härtere „H“-Mischung, das laufrichtungsgebundene Profil bleibt jeweils identisch. Die softeren Typen eignen sich speziell für regennasse Pisten und Außentemperaturen unterhalb von 15 Grad Celsius, die „H“-Pneus sind bei wärmerer Witterung und trockenen Wegen prädestiniert. Nur: Wann welche Reifen und in welcher Kombination zum Einsatz kommen, gehört am kommenden Wochenende wieder zu den wichtigsten Strategie-Entscheidungen der Teams. Für jedes World Rally Car dürfen beim vorletzten Saisonlauf 20 (WRC 2: 22) Reifen eingesetzt werden. Hierfür stehen pro Auto 16 „H“-Exemplare und 20 „S“-Pneus (WRC 2: 22) zur Verfügung.

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