Rallye News

"...und da passiert es!"

Schrecksekunde für Andy. Nur mit einem gekonnten Stunt in bester Colt Seavers-Manier kann er Schlimmeres verhindern, als ein Auto zu dicht vor seine Kamera kommt.

<strong>Na sowas:</strong> "SUPER RALLYE ist für den Fan wie gemacht..."

Hallo Rallyefans.

 

Wie versprochen melde ich mich auch heute aus Griechenland von der WRC. Teil 3 meines kleinen Rallyetagebuches beginnt am Samstag Morgen. Der Stubenarrest unserer Gattinnen ist aufgehoben und so starten wir wieder in voller Mannschaftsstärke zur ersten WP des Tages.

4 Personen und wer mich kennt, eine weitere sehr schwere Person, dazu die Klimaanlage, bei ständig steigenden Temperaturen bedeuten Schwerstarbeit für unseren kleinen Baguette-Zwerg.

 

Pünktlich 8 Uhr, eine Stunde vor Beginn treffen wir an unserer WP ein. Die Ruhe der vergangenen Tage scheint vorbei. Im Gegenteil, am Wochenende feiern nun auch noch die ganzen Athener ihre Akropolis Rallye. Wieso die aber lieber 5 km durch den Busch laufen bleibt mir verborgen. Wir jedenfalls schlüpfen durch alle möglichen Engstellen und wenden auf Position 5 vor der Prüfung. Wenden in 10 Zügen, denn der schmale Weg ist auf einer Seite ja schon dicht. Wir wandern wieder in die WP hinein, vorbei an Tausenden Fans. Die Strecke schlängelt sich ohne großen Höhenunterschied durch zig Kurven. Welle hier, Cut dort. Am Ende fällt die Entscheidung immer wieder danach was am abgeschiedensten ist, damit wir Filmchen für unsere track24 Seite machen können, ohne uns den Zorn der griechischen Rallyegötter zuzuziehen. Auf den schroffen Felsen ringsum haben überall kleine Grüppchen Stellung bezogen. Auch hier wieder alle Achtung. Die beiden ?Kantinas? werden schon morgens mit dem größten Besuchenansturm fertig.

 

Die Griechen futtern Monsterbaguettes und schlürfen Kaffee aus Halbliterfässern. Aber erst wenn er kalt ist und dann auch nur mit Trinkhalm. Bis dahin wird der Becher ähnlich einer Jagdtrophäe Kilometerlang die WP rauf und runter getragen. Kommen wir zum sportlichen. Ihr könnt mich von mir aus steinigen, und Kritiker mögen Recht haben mit der Ansicht der Sinn einer Rallye gehe verloren. Trotzdem SUPER RALLYE ist für den Fan wie gemacht. In dem einen geilen Moment wo ein WRC an mir vorüber driftet, ist es mir eigentlich egal was Mensch und Material am vorherigen Tag zugestoßen ist. Für mein Geld bekomme ich ein gefülltes Starterfeld und Action. Mehr brauche ich eigentlich nicht.

 

Auch Hunderte Schlammspritzer, welche durch die Vorbeifahrt Gardemeisters nun mein nagelneues T-Shirt zieren hätte ich so nicht gebraucht. Und das alles unter den Augen meiner Frau. Meine natürliche Bewegungsfreiheit an der Strecke , wird plötzlich durch unzählige neuer, völlig unbegreiflicher und vor allem überflüssiger Regeln eingedampft. Dort fliegen Steine, da spritzt Schlamm, hier ist es zu steil, das darfst du nicht - Ich beginne über eine Verlängerungsfrist des Hausarrest nachzudenken.

 

Wenns keiner sieht mache ich es doch auch. Ich verschwinde mit der Kamera hinter der nächsten Biegung. Gerade als ich es mir unterhalb eines Cuts im Hang gemütlich mache, passiert es. Auf losem Untergrund verlieren die sonst so zuverlässigen Pumas den Halt. Ich lege Arme und Beine an und bilde eine Kugel. Auf dem Allerwertesten geht?s talwärts, bis ich nach ca 5 m den Anker werfen kann. Den ersten Schmerz und die begeisterten Schreie meiner neuesten griechischen Fans überspiele ich gekonnt in Siegerpose und bravem Diener.

 

Die blauen Flecke und die zerissenen Hosen bleiben allerdings Realität. Reumütig kehre ich zur Truppe zurück. Markus muss nun den Part der Filmerei übernehmen. Ich liege von nun an, an der kurzen Kette. Von so weit weg habe ich lange keine Rallye mehr gesehen. Die Autos fahren mindestens 5 Meter an mir vorbei. Nun kommt schon das nationale Starterfeld. Einige Evos, immerhin 6er 7ner und 8ter werde von einem Toyota Yaris gejagt. Auch ein Maxi Megane kommt mit. Aber Carsten Mohe seiner war damals irgendwie extremer. Wir fussen zurück zum Auto.

 

Und nun kommt das versprochene Bonbon. Auf dem wie immer vergessenen Handy sind schon wieder Anrufe drauf. Das gute daran. Auch Nicki Schelle war dabei. Seit der Sachsenring weiß ich von Ihm das er wahrend der Rallye hier mit einem nagelneuen Ignis Fünf-Türer Sponsorfahrten unternimmt.

 

Heute ist der Tag gekommen an dem zwei unserer track24 Kameraleute Ihre verdiente Belohnung erhalten sollen. Wir sind spät dran und der erneute Anruf von Nicki wo wir stecken, macht die Fahrt auch nicht komfortabler. Zumindest nicht für Mitreisende. Wir stürzen uns eine 15 km Abfahrt hinunter, immer so 8-15% Gefälle. Als der Gestank der Bremsen trotz Umluft auch im Innenraum nicht mehr zu vertuschen ist und das Pedal erst nach mehrfacher Betätigung wenigstens nicht mehr bis auf die Matten zu treten geht, muss ich das Tempo rausnehmen. Im flachen machen wir bei Vmax wieder Boden und Platzierungen gut.

Wir erreichen die Location gerade noch rechtzeitig. Jetzt erfahren meine Jungs wieso sie schon die ganzen Tage eine Inboardkamera mitschleppen und der Zeitplan für diesen Tag eher lächerlich erscheint.

 

Wir rüsten den Ignis mit allem Notwendigen aus. Kamera hinten drin , Kamera auf die Füsse von Nicki usw. Der spult immer und immer wieder einen ShakeDown ab. Seit morgens halb 9 gibt er dem kleinen Japaner saures. Jetzt ist es 13 Uhr. Gewechselt werden nur die Räder und die Beifahrer. In den kleinen Pausen bleibt immer wieder Zeit mit Nicke Schelle zu quatschen. Der Spaß steht ihm ins Gesicht geschrieben. Nach seinen Worten hat er den Ignis hier erst Entjungfert. Ich wünschte er müsste den kleinen Gelben nicht in Ungarn abgeben, sonder könnte mit geschärfter Waffe zur Saarland reisen.

 

Nun stehen die letzten beiden Fahrten an. Inzwischen haben auch Markus M. aus O und Daniel M. aus H begriffen was hier noch abgeht. Die letzten beiden Runden gehören uns. In Suzuki Overalls und Sparco Helmen stehen sie am Servicezelt.

 

Was beide nicht wissen, an einem separaten Funkgerät kann ich später Ihr Angstgeschrei mit anhören, während sie Nicki in die Geheimnisse des griechischen Schotters einweit. Als sie wiederkommen denke ich schon an den Doktor oder einen Facharzt für Psychiatrie. Beide Mundwinkel scheinen bis zu den Ohren eingerissen, vom Grinsen. Vielleicht hat sich ja einer vollgeko?. Aber nein im Gegenteil, es ist vermutlich Sabber in Verbindung mit verklärtem Blick und Blutdoping durch den übermäßigen Genuss von Adrenalin. Wahnsinn, abartig, unvorstellbar, sind nur einige Wortfetzen. Ganze Sätze können beide die nächste halbe Stunde eh nicht bilden.

 

Eine schriftliche Stellungnahme lehnen beide auf Grund fehlender dichterischer Erfahrung ab. In griechischer Halbgottsprache befinden sich beide, sagen wir mal auf dem Fanolymp. Ich warte weiter auf eine Gelegenheit, für eine Mitfahrt, bis entweder ein Wunder geschieht und sich mein Körpergewicht halbiert, oder jemand ein Großraum WRC in die Welt setzt. Ganz großer Dank noch einmal an Niki Schelle für diese unbeschreibliche Erfahrung die wir mit dir machen durften.

 

Das wir durch Zeitüberschreitung die letzte WP des Tages nicht mehr erreichen , denke ich kann man vernachlässigen. Zumindest 2 Mann aus der Gruppe werden sicher traumhaft schlafen. Statt schnarchen werde ich vermutlich billiges Motorgeräuschimitat vernehmen. Lange können Sie den Schlaf nicht genießen denn morgen früh geht es wieder 5 Uhr raus mit einem 150 km Stint. Bis dahin bleiben uns gerade mal 4 Stunden.

Euch wünsche ich eine Gute Nacht oder Guten Tag, je nachdem wann Ihr diesen Bericht lest, aber vor allem irgendwann die Möglichkeit in einem solchen Geschoss selbst auf Schotter mitzufahren

 

Ciao bis morgen Euer Andy

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