Rallye News

Telefon-Terror...

Zwei Wochen vor der Akropolis änderte Manfred Stohl auf einmal seine Pläne. Statt im Ford, startete er im Peugeot. Trotz einer turbulenten Rallye zieht er ein zufriedenes Fazit.

<strong>In Action:</strong> Manfred Stohl und Co-Pilotin Ilka Petrasko

[no] Ein Anruf änderte alles. Eigentlich hätte Manfred Stohl bei der Akropolis in jenem Ford Focus WRC fahren wollen, mit dem er 2002 die Österreichische Meisterschaft bestritten hatte. ?Das Auto ist von uns komplett neu überholt worden. An sich war schon alles klar ? außer, dass Ford Österreich das erst interessant fand, dann aber auch finanziellen Gründen doch nix machen konnten?, fasste Der Gruppe-N-WM-Aspirant aus Großenzersdorf zusammen. ?Aber wir wären auch ohne diese Unterstützung mit dem Ford gefahren.?

 

Dann klingelte plötzlich das Telefon. Im Peugeot-Junioren-Team von Jackie Bozian war ein 206 freigeworden. Denn der Argentinier Luis Perez Companc ?Wenn du von Bozian so ein Angebot bekommst, wo du nichts selber machen musst, dann musst du das einfach annehmen?, war Stohl sofort klar. ?Bei Ford wäre ich einer von sechs oder sieben Fahrern gewesen. Da ist die Teileversorgung sicher nicht unbedingt so gewährleistet wie bei Peugeot. Selbst wenn mir sechsmal die Stoßdämpfer um die Ohren fliegen, kriege ich da immer noch neue.?

 

Für den Umstieg auf den Löwen sprachen noch andere Gründe. ?Es wäre zwar ein gewisses Budget da gewesen; von daher wäre es mit Ford und mit Peugeot gegangen. Das war nicht das Problem. Es ist aber auch nicht ganz einfach, für ein World Rally Car eine Versicherung zu kriegen.? Die Sorgen um Einsatz, Logistik und Selbstbeteiligung an der besagten Versicherung entfielen, der 31-jährige Österreicher konnte sich voll aufs Fahren konzentrieren. ?Und ich kriege von Pirelli Werksmaterial. Denn Pirelli ist sicher auch sehr interessiert daran, mit Peugeot gut auszusehen.? - Bei Bozian verfügte Stohl zwar nicht über den gleichen Technik-Stand wie Teamkollege Daniel Carlsson. Sein Auto war Jahrgang 2001. ?Aber es ist ´ne Spur besser als das, was ich im Vorjahr gefahren habe ? und das war schon ein sehr gutes Auto. Die Frage, die ich nicht abschätzen kann, ist aber: Wie stabil und robust ist so ein Peugeot in Griechenland??

 

Entsprechend formulierte er sein Ziele eher tiefstapelnd: Mindestens den elften Platz von 2003 verteidigen wolle er, ein Platz unter den ersten Zehn sei schon toll. Dass Auto und Fahrer mehr hergaben, verschwieg Stohl im Vorfeld. Dafür zeigte er es schon recht bald. Auf dem Zuschauerrundkurs war er am Donnerstagabend Viertschnellster. Doch der Freitag begann durchwachsen. Auf der frühmorgendlichen Prüfung gondelte der slowakische Privatfahrer Josef Beres mit seinem Hyundai Accent WRC vor ihm einher. ?Auf der nächsten haben sie Daniel Solà zwei Minuten vorher mit drei Reifen starten lassen. Warum sie das gemacht haben, ist mir völllig unverständlich.? Prompt musste Stohl wieder hinter einem langsameren Wagen herzuckeln. ?Dann ist mir hinten rechts der Bremssattel kaputt gegangen. Dabei läuft die ganze Bremsflüssigkeit aus, und ich hatte schließlich auch vorn keine Bremsen mehr.?

 

Lediglich auf WP4 lief alles nach Plan. Eine Sonderprüfung später traf er den wegen seines kaputten rechten vorderen Dämpfers langsam fahrenden Carlos Sainz, der die volle Breite der Geröllpfade benötigte. Stohl kam einfach nicht vorbei. ?Ich habe sogar einmal kurz bei ihm angeklopft. Das hat ihn aber nur äußerst peripher tangiert. Ich hab´ mich dann irgendwie vorbei gezwängt. Aber das hat mich doch etwas gekostet ? vor allem Konzentration.?

 

Der spätnachmittagliche Regen in den Bergen sorgte gleich für den nächsten Rückschlag. Stohl startete falsch bereift. ?Ich hätte die Reifen mehr schneiden müssen, weil es schlammiger war, als ich das erwartet hatte.? - Nach dem turbulenten Freitag rangierten der Österreicher und seine Beifahrerin Ilka Minor auf dem achten Platz ? vor Mikko Hirvonen und Ford-Privatier Janne Tuohino. Das selbst ausgegebene Ziel war schon überboten.

 

Samstagmorgens steckte die hintere linke Antriebswelle nicht ganz im Differenzial. ?Wir sind deswegen mit voll gesperrten Diffs gestartet und haben uns irgendwie bis zum Mini-Service durchgekämpft.? In der neuen RTZ behoben zwei Mechaniker den Lapsus. ?Allerdings war das Diff dadurch ziemlich beleidigt. Das geht ziemlich auf die Lamellen. Daher hat das Diff in der Folge zu wenig gesperrt.? Erst als beim folgenden großen Service der hintere Antriebsstrang getauscht werden konnte, stimmte das Fahrverhalten des 206 wieder.

 

Danach wagte Stohl einen Reifenpoker. ?Ich habe für den Abend einen ganz anderen, sehr harten Reifen riskiert, weil es sehr warm war und wir zum zweiten Mal über die Prüfungen gefahren sind. Die waren schon ein bissl poliert. Das ist aber nicht ganz aufgegangen.? Dennoch verbesserte er sich im Lauf der zweiten Etappe auf den siebten Platz, 1.13,1 Minuten hinter Mitsubishi-Werksfahrer Gilles Panizzi. ?Mit den weicheren Reifen?, war er überzeugt, ?hätte ich den Anschluss an Panizzi halten können.?

Am Sonntag wollte Stohl eigentlich nur noch seine Position verteidigen. ?Vier Kilometer vor Ende der zweiten Prüfung ist dann die linke vordere Felge in der Mitte in Längsrichtung gebrochen. Deswegen ist der Reifen samt Mousse nach innen von der Felge runtergelaufen. Zum Glück haben wir trotzdem nur eine Minute verloren.?

 

Als Panizzi wegen Motor-Leistungsverlust langsamer wurde, erbte Stohl Platz sechs vom Franzosen ? direkt hinter seinem Teamkollegen Carlsson. Damit hatten sich seine heimlichen Hoffnungen erfüllt. Hoffnungen, die er im Vorfeld so nicht preisgeben mochte. ?Denn wenn es dann nicht so läuft, dann denken die Leute vielleicht, ich hätte den Mund nicht so weit aufreißen sollen.?

 

Kein Wunder, dass Stohl trotz aller Turbulenzen mit der Akropolis zufrieden war: ?Ich hatte zwar einige Male Pech. Aber das kann bei der Akropolis jederzeit passieren. Mein Start bei Bozian hat sich wirklich erst 14 Tage vor der Rallye ergeben. Wer auch immer mir dieses Geschenk gemacht hat ? es war ein Super-Erlebnis, bei Bozian fahren zu können, und eine tolle Rallye mit dem Team.?

 

Weitere Starts sind zwar noch nicht vereinbart. Aber Stohl möchte neben der Produktionswagen-WM auf jeden Fall noch mindestens einmal bei den großen WRC fahren. ?Ich muss diese Rallye erst mal verarbeiten, und das Team muss die Eindrücke auch erst mal verarbeiten. Aber vielleicht fällt´s ihnen jetzt leichter, das Telefon zum zweiten Mal in die Hand zu nehmen...?

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