Rallye News

"So wollen wir es haben..."

Staubig war der heutige erste Rallyetag auch für Andy, der uns erneut an seinen Erlebnissen im Land der Götter teilhaben läßt.

<strong>Mittendrin:</strong> Andy auf Tuchfühlung zu Marcus Grönholm

Wie versprochen geht es an diesem Tag schon sehr früh morgens los. Statt der Sonne auf dem Balkon, lächelt der Mond zur Terrasse herein. Wir sind nur noch zu dritt. Allesamt Vertreter der männlichen Spezies. Unsere Frauchen haben nach längeren Diskussionen und mehreren Gelb-Roten Karten, sagen wir mal, einen Tag Sperre.

 

Pünktlich 5 Uhr wecken wir auch unseren kleinen französischen Freund unten auf der Strasse. Er hat sich schon an uns gewöhnt, denn ungewohnt temperamentfreudig zieht er auf den Highway. Vor uns liegen ca. 150 km bis zu unserer ersten WP. Wir schneiden förmlich durch das Land. Verkehr außer uns, findet einfach nicht statt. Bis 10 km vor der WP treffen nur einen Ziegenhirt der Nachtschicht. Perfekt mit gelben Umhang steht er am Straßenrand und ist weithin sichtbar. Seine pusierlichen Tierchen können sich offenbar deutlich besser tarnen. Jedenfalls wird aus der nächsten Geraden eine waghalsige Doppel oder Dreifach-S-Kurve.

 

Wir biegen in den Schotter ein der uns direkt bis an die WP bringen soll. Immer noch keine Menschenmassen und Autokarawanen. Super. Ziemlich steil geht es über böses Geroll den Berg hoch. Ein kleines 4x4 Zeichen auf dem Schild, welchen die Spectators zum Ziel führt , hätte uns vielleicht, aber nur vielleicht, von dieser Zufahrt ferngehalten. Am Wegrand zeigen uns Einheimische immer wieder diesen netten Gruß, den Montoya Herrn Schumacher zeigt, wenn er besonders gut gelaunt ist. Nicht desto trotz treiben wir inzwischen so an die 15 Jeeps vor uns her. Aber Vorsicht. Ihr wisst, Reifen, Scheiben und Unterboden müssen heil bleiben, alles andere ist versichert. Nach ca. 6 km und einigen Offroaderfahrungen reicher werden wir belohnt. Ein Hochplateau, Sicht, Sicht und nochmals Sicht. Etwa in der Mitte eine Wasserdurchfahrt. 5.000 Zuschauer warten schon. Sind die etwa gelaufen?

 

Egal, wir sind scheu und flüchten in unsere eigene Passage. Nach ca. einem Kilometer gegen die Rennrichtung sind wir völlig allein. An schnellen Kurven, tiefen Cuts und kleinem fiesen rolligen Schotter fehlt es nicht. Hier braucht keiner Angst haben, an einer Sch...-Stelle zu stehen. Gibt es hier nicht. Trotz der Sperre haben unsere Besseren Hälften uns einen Rucksack mit dem Nötigsten gepackt. Als das Vorausauto durch ist, wird klar, der Inhalt wird lebensnotwendig. Ohne Mundschutz hast du hier verloren. In Windeseile legt jeder das Monstrum an. Unser Aussehen liegt irgendwo zwischen Schwarzwaldklinik und asozial. Macht nichts uns kennt hier eh keiner und wenn dann ab jetzt wahrscheinlich nicht mehr.

 

Loeb kommt als Erster. Rechts 3 lang wird weit, seeehhhhr weit. Als Straßenkehrer für die Nachfolgenden putzt er schön quer die Strasse. Ich filme natürlich in absolut sicherer Position außen 50 m nach der Ecke. Als der Rauch verzogen ist fühle ich mich, sagen wir UNREIN, als hätte mir jemand eine Schaufel Dreck direkt ins Genick gekippt.

 

Seitenwechsel, nächster Starter, Atemnot. Es dauert wirklich fast zwei Minutenbis der Staub sich setzt. Meine Teamkollegen sehe ich immer erst dann wieder, wenn das WRC nicht mehr zu hören ist. Leute, vergesst alles was ihr über Dreck bisher wusstet. Vergesst alles bisher Dagewesene. Nach diesen Erlebnissen könnte ich mich in Wittenberg nackig an die Strecke stellen und jeder würde mich für den WEISSEN RIESEN halten. Um Vorurteilen vorzubeugen. Wir wollten diese Erfahrungen machen. Wir werden nicht gezwungen oder gefoltert.

 

Als wir 3 abartigen Gestalten das Auto wieder erreichen, besteht Kleiderzwang. Keine äußere Hülle darf in den Innenraum. Der ist auch nicht versichert. Wir wechseln zur nächsten WP. Entweder liegen wir in Führung oder alle anderen benutzen andere Strassen. Jedenfalls kommen wir wieder mit dem Auto bis auf 50m an die WP heran. Bergauf schlängelt sich die Strecke mal in engeren Kehren, mal in weiteren Schwüngen, mal kleiner Gravel, mal monströses Geröll.

 

Als Videoteam sind die Kamerastandorte von ISC für uns natürlich sehr interessant. Und vor allem deren Technik. Einer der Kameraleute bastelt gerade an einem kleinen Steintürmchen für eine besondere Einstellung. Das auf unerwarteter Linie anfliegende erste Xsara WRC von Loeb schickt den Bau für immer ins Reich der Fabeln. Hier liegen Brocken, unvorstellbar dort heil drüber zu kommen. Kleine Felsmassive ragen aus der Erde. Dort fährt keiner drüber, denkt man noch so. Kurze Zeit später ist man froh, mit heiler Haut davon gekommen zu sein. Vor allem der umherfliegende Schotter macht uns Sorgen. Wie wichtig welches Weichteil ist, merkt man erst wenn es schmerzt.

 

Direkt an der Strecke wird gegrillt. Ein Verkaufstand mitten im Berg in einer Art Ausweichstelle direkt auf der Strecke. Der absolute Wahnsinn. Zum Essen geht?s über die Piste. Sollten sich die Veranstalter in Mitteleuropa mal anschauen, wie einfach es anderen Mitbewerbern um einen WM Lauf gemacht wird.

 

3. Prüfung des Tages. Über einen Bergkamm kommend geht es Kilometerlang Bergab. Kehre Links, Kehre Rechts, dazwischen immer wieder anstellen, im Prinzip genau wie auf der Playstation, nur ohne Resetknopf und Neustart. Loeb wieder als erster. Vorbei an der Ecke, Auto in Dreher gezwungen, nächster Solberg, auch zu spät, bekommt es aber noch irgendwie geregelt. Die nächsten 10 WRC sind alle geil. Der griechische Volksheld VOVOS im Focus 03 läst sich zu einer Glanztat an der Handbremse hinreisen, wahrscheinlich will er nur den drohenden Einschlag verhindern. Egal, noch querer wäre eine Vollsperrung gewesen.

 

Aus verschiedensten Blickwinkeln machen wir unsere Aufnahmen, welche wir, versprochen , so schnell wie möglich, nach der Rückkehr auf die track24 Seite stellen werden. Kein Mensch stört uns, wir sind nahezu allein. Wir fahren inzwischen die unmöglichsten Routen zwischen den Prüfungen und testen die wildesten Anfahrten. Unser Motto, was würde der Durchschnittsgrieche auf keinen Fall tun , das machen wir. Keiner von uns kennt diesen Menschenschlag, aber es funktioniert. Etwas weiter unterwegs, aber ohne jeden Stau erreichen wir WP4 an diesem Tag.

 

Auf einem Hochplateau geht es zwischen zwei Bergen hindurch. Die Karte sagt 1.800 ü NN. Die Temperatur sagt irgendwas um die 8 Grad. Der Verstand sagt, es ist Wahnsinn sich dort in Beachpartyklamotten auf die Lauer zu legen und auf WRC?s uns S1600 zu warten. Irgend jemand hat den Verstand aber im Auto vergessen. Tausende andere Griechen aber offenbar auch. Noch einmal das komplette Feld. Herrlich, World Rally Championship, ich liebe dich.

 

Der Tag geht, Jonny Walker kommt. Vorher ist nochmal der kleine Franzose gefragt. Auf der Abfahrt, talwärts fährt Rovanpera direkt hinter uns aus der nächsten WP. Unter Hochdruck geht es die enge Asphaltstrasse vor dem Werkspeugeot hinunter. Die hinterste Sitzreihe betreibt Fahrstudien aus nächster Nähe. Als der Finne irgendwann endlich zum Tankstop abbiegt, verschwinden wir im nächsten Waldweg. Fahrer, aber vor allem Fahrzeug sind am Ende. Bremsen fühlt sich an als würde Fred Feuerstein persönlich die Füße unten raus stecken. Einsetzender Regen dämpft Fahrspaß und Laune.

 

Morgen wartet wieder ein echtes Highlight auf uns. Aber davon mehr wenn alles gut gelaufen ist. Bis dahin .

 

Viel Spaß Euer Andy

 

PS: Vielen Dank für die netten Kommentare. Wir geben weiter unser Bestes!

« zurück