Rallye News

"Schaffen sich ihre eigene Krise"

Audienz in der Wüste: Am Freitag vor dem GP von Bahrain empfing Rallye-Chefvermarkter David Richards unseren Mitarbeiter Norbert Ockenga zum Interview.

<strong>Richards:</strong> "In Wahrheit hat sich doch gar nicht so viel geändert."

Bei Salat, Nudeln und Wasser verteidigte der Brite die Reformen ? räumte aber handwerkliche Fehler bei der Umsetzung ein, fordert zur künftigen Vermeidung solcher Irritationen eine Art ?Concorde Agreement? für die Rallye-WM und will der WM keine Krise an den Hals reden lassen.

 

Ich würde unseren Lesern gern mit Ihrer Hilfe erklären, was hinter den Kulissen der Rallye-WM gerade vorgeht und wohin die Reise eingedenk der ganzen FIA-Änderungen geht...

Wenn ich das nur selbst schon wüsste...

 

Aber Sie können doch bestimmt darstellen, wie die aktuelle Unruhe entstanden ist.

Ich glaube, der Ursprung liegt schon einige Zeit zurück. Während der letzten drei oder vier Jahre haben wir einige bedeutende Änderungen eingeführt, mit denen wir vor allem auf die kommerziellen Bedürfnisse und auf jene des Fernsehens eingehen wollten. Diese Veränderungen sind aber immer nach ausgiebigen Beratungen und in einem vernünftigen Zeitrahmen umgesetzt worden, so das sie letztlich die Zustimmung von allen Beteiligten gefunden haben. Allen Modifikationen liegt ein gemeinsamer Gedanke zugrunde: Der Sport ? nicht nur der Rallyesport, sondern jeder Sport ? kämpft immer mit seinen zwei Seiten: Dem kommerziellen Aspekt und der traditionellen Komponente. Einige Traditionalisten fordern, dass der Sport sich nie ändern dürfe. Aber sie vergessen dabei, dass sie ihren Sport nicht austragen können, wenn sie nicht auch gewisse kommerzielle Elemente beachten.

 

Da spricht ja eigentlich auch nichts dagegen, solange man mit den Änderungen nicht den gesamten Sport komplett auf den Kopf stellt. Genau das werfen Kritiker den jüngsten Rallye-Reformen aber vor. Sind Sie für oder gegen die neuesten Veränderungen?

"Ich bin grundsätzlich immer für Veränderungen. Man kann im Leben nie einfach stehen bleiben und auf einer Position verharren. Das bedeutet in Wahrheit immer einen Rückschritt. Ich habe schon zu Beginn der WRC-Ära für massive Veränderungen geworben. Daran kann ich mich noch gut erinnern; die Vorstellung meines damaligen Konzeptes, das ich in Australien im Jahr vor der WRC-Einführung präsentiert habe, liegt immer noch bei mir daheim. Die Kernaussage von damals lautete: Alle sollten möglichst in einer neuen Art und Weise denken. Damals herrschte die Grundeinstellung vor, die Rallye-WM sei hauptsächlich für die Teilnehmer da. Dass es Journalisten gab, die darüber berichteten, wurde allgemein mehr als Zufall erachtet. Auf jeden Fall war die WM niemals darauf ausgerichtet, Medienaufmerksamkeit zu erzielen. Wenn die Veranstalter denken, ihr Kunde sei der Aktive, dann gestalten sie die Rallyes auch entsprechend. Sie lassen die Piloten abends im Dunkeln einen Berg raufrasen, denn das macht den Fahrern am meisten Spaß. Die Leute sollten sich immer fragen: Wer ist mein Kunde? Befriedige ich wirklich dessen Bedürfnisse? Zu Beginn der WRC mussten wir erst klarstellen, dass die Medien mehr angesprochen werden mussten. Denn ohne Fernsehen und Printmedien kann die Rallye nicht auf die nächste Stufe kommen. Das hat sich durchgesetzt und bewährt. Jetzt kommen die nächsten Schritte. Aber auch da gilt: Zuerst muss man sich immer die Frage stellen: In welche Richtung wollen wir eigentlich gehen? Wie schaffen wir es, diese Richtung einzuschlagen? Die Details kommen dann später ? und dann auch automatisch. Zunächst muss mal die Richtung klar sein."

 

Die ist aber ja länst klar: Hin zu mehr Fernseh- und Vermarktungsfreundlichkeit, maßgeblich angeregt durch Ihr angesprochenes Australien-Konzept. Warum muss jetzt so hektisch an Milles Pistes, Super Rally und sonstigen Neuerungen gearbeitet werden?

"Das sind doch schon alles Details. Die FIA hat eine klare Marschroute: Es sollen Kosten gespart werden. Das ist prinzipiell in Ordnung. Jetzt muss man in Ruhe abwarten, wie sich die einzelnen Maßnahmen auswirken. Veranstalter, FIA und Teams haben alle verschiedene Meinungen. Ich habe mir vorgenommen, mir die weitere Entwicklung zunächst einmal genau anzuschauen und sie zu analysieren. Dazu lasse ich mir auf jeden Fall Zeit bis irgendwann rund um die Zypern-Rallye, ehe ich mich dann mit meinen Eindrücken und Vorschlägen zu Wort melde."

 

Im Moment steckt die Rallye-WM in einer Krise. Wie soll sie da wieder rauskommen, um dann mit sinnvollen Reformen an die noch nicht so lange vergangenen besseren Tage anknüpfen zu können?

"Die Leute schaffen sich ihre eigene Krise. In Wahrheit hat sich doch gar nicht so viel geändert. Und was sich geändert hat, wird analysiert werden müssen. Aber wenn permanent gesagt wird: ?Wir haben lauter Probleme? ? wenn man diese negative Grundeinstellung permanent kommuniziert ? dann redet man sich seinen eigenen Niedergang herbei."

 

In anderen Worten: ?Hört auf zu jammern, macht lieber Eure Arbeit??

"Genau. Seid konstruktiv. Arbeitet zusammen, zieht an einem Strang ? und seht zu, dass Euer Produkt dadurch insgesamt besser wird."

 

Das gesamte Interview mit David Richards über die Zukunft der WM gibt es in der neuen Ausgabe von "Rallye-Das Magazin". Ab morgen im Handel erhältlich, oder hier klicken...

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