WM 2016

Rallye Finnland: Darauf kommt es an

Atemraubende Sprünge über mehr als 40 Meter, anspruchsvolle Schotterprüfungen durch finnische Fichtenwälder und ein extremer Ritt auf der Rasierklinge bei Geschwindigkeiten von bis zu 200 km/h: Der WM-Lauf im hohen Norden ist eine der größten Herausforderungen im Kalender der Rallye-Weltmeisterschaft.

Extreme Driftwinkel, spektakuläre Flugeinlagen, Fahrkunst in Perfektion: Die Rallye Finnland gehört zu den Highlights des gesamten Motorsportjahres. Traditionell pilgern Zehntausende Fans zu den Wertungsprüfungen in den finnischen Wäldern und harren zwischen Birken und Fichten stundenlang aus, um ihren Helden zu huldigen. Am kommenden Wochenende feiert der Klassiker seine 66. Ausgabe. Bereits 1973 – dem Premierenjahr der Rallye-Weltmeisterschaft – zählte die Rallye Finnland zur Königsklasse der Quertreiberkunst. 2016 gastieren die tollkühnen Lenkradartisten zum 43. Mal im hohen Norden.

Die Rallye Finnland ist – gemeinsam mit der Rallye Polen – der schnellste Lauf im gesamten WM-Kalender. Im vergangenen Jahr tobte Sieger Jari-Matti Latvala in seinem VW Polo R WRC mit durchschnittlich 125,44 km/h durch seine Heimat. Damit war die Rallye Finnland der bis dato schnellste WM-Lauf der bisherigen Geschichte.  

Da die Wertungsprüfungen mit zahlreichen „blinden“ Kuppen gespickt sind, kommt dem sogenannten Aufschrieb – mit dem der Copilot dem Fahrer den weiteren Streckenverlauf „vorbetet“ –  eine besonders große Bedeutung zu. Die Rallye-Profis platzieren ihre Fahrzeuge zumeist schon vor Sprüngen für die nachfolgenden Kurvenpassagen.

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Aufgrund der Kombination aus Highspeed-Pisten und den vielen weiten Sprüngen sind die Reifen besonderen Belastungen ausgesetzt. Allein auf der weltberühmten WP „Ouninpohja“ gehen die Autos rund 70 Mal in die Luft. Bei der Landung wirken auf die Pneus und das Fahrwerk enorme Kräfte. Hinzu kommt: Nach der ersten Durchfahrt hinterlassen die kraftvollen Allradler auf den Schotterwegen häufig Spurrillen. Beim zweiten Durchgang lauern dort dann spitze und/oder große Steine.

Michelin stellt seinen Partnerteams für die Rallye Finnland wieder zwei Varianten des 15 Zoll großen LTX Force zur Verfügung. Der LTX Force S4 zeichnet sich durch eine weichere Laufflächenmischung aus und kommt vor allem bei kühleren Temperaturen bis 15 Grad Celsius sowie bei Regen in Betracht. Die härtere „H4“-Variante besitzt zwar das gleiche Profildesign, eignet sich aber für besonders aggressive, trockene Oberflächen und wärmeres Wetter. Während der vergangenen fünf Ausgaben der Rallye Finnland setzten die WRC-Werksfahrer bei 96 Prozent aller Wertungsprüfungen auf den weicheren LTX Force S4.         

„Bei dieser Rallye geht es vor allem um absolute Präzision und bestmögliche Traktion“, verrät Jacques Morelli, Leiter des Rallye-WM-Engagements von Michelin. „Unter dem vergleichsweise harten Schotterbelag befindet sich eine sandige Schicht. Dieser WM-Lauf bietet eine abwechslungsreiche Mischung aus engen und sehr schnellen Passagen. Viele Streckenabschnitte sind zudem technisch sehr anspruchsvoll. Daher sind guter Grip und bestmögliche Traktion hier absolut entscheidende Faktoren. Mit ihren vielen Sprüngen und den enorm hohen Geschwindigkeiten bietet die Rallye Finnland für die Zuschauer die perfekte Show. Die Durchschnittsgeschwindigkeiten dürften jedoch etwas geringer sein als noch vor vier Wochen in Polen.“

Insgesamt dürfen die Teams während der Rallye Finnland pro Fahrzeug in der WRC-Klasse 24 Reifen einsetzen. Hinzu kommen jene Pneus, die beim sogenannten Shakedown aufgezogen werden. Michelin transportiert insgesamt 1.780 Reifen nach Jyväskylä. Dabei rüstet die französische Marke auch zahlreiche Top-Teams in der WRC2-Kategorie sowie alle Fahrzeuge in der Junioren-Weltmeisterschaft (JWRC) aus.

Fast die Hälfte ist neu

Für Fahrer und Fans hält der finnische WM-Lauf in diesem Jahr zahlreiche Neuerungen bereit. Auf dem Programm stehen 24 Wertungsprüfungen über 333,99 Kilometer. Im Vergleich zum Vorjahr sind 43 Prozent der Gesamtdistanz Neuland – darunter auch die legendäre, 33 Kilometer lange WP „Ouninpohja“: Sie wird erstmals in umgekehrter Richtung gefahren. Darüber hinaus feiern die Prüfungen „Lempää“ und „Oittila“ – früher unter dem Namen „Mutanen“ bekannt – ihr Comeback. Sie wurden zum letzten Mal 1994 respektive 1999 unter die Räder genommen. Ein weiteres Novum: Den Teams stehen zwischen den einzelnen WP keine sogenannten Remote Services zur Verfügung, an denen kleinere Schäden mit Bordmitteln behoben werden dürfen. Die Fahrer müssen daher taktisch klug zu Werke gehen, denn Beschädigungen können hierdurch schnell das vorzeitige Aus bedeuten.

Los geht es am Donnerstagvormittag mit dem sogenannten Shakedown. Um 18 Uhr deutscher Zeit wird es dann mit der 2,27 Kilometer kurzen Wertungsprüfung „Harju“ zum ersten Mal richtig ernst. Der Zeitplan am Freitag ist mit elf WP voll bepackt. Der längste Tag der gesamten Rallye ist jedoch der Samstag: Hier müssen die weltbesten Lenkradartisten insgesamt 150,82 Kilometer gegen die Uhr bestreiten. Am Sonntag folgen vier weitere Prüfungen. Auf der abschließenden Power Stage „Oittila 2“ können die drei schnellsten Piloten noch einmal bis zu drei WM-Extrapunkte erobern. Die Sieger der diesjährigen Rallye Finnland werden um 14 Uhr deutscher Zeit gekürt.

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