Rallye News

"Nur nicht den Halt verlieren"

Angesprochen auf die markanteste Eigenschaft des WM-Laufs in Australien nennen die Fahrer nahezu ausnahmslos die einzigartigen Streckenbedingungen.

<strong>HALTLOS:</strong> Die runden Kiesel rauben den WRC-Boliden den Grip

Würdiger Abschluss eines denkwürdigen Jahres: Nachdem die Rallye Australien im vergangenen Jahr erstmals den Schlusspunkt der Rallye-Weltmeisterschaft markierte, treffen sich die weltbesten Rallye-Piloten am kommenden Wochenende erneut auf dem fünften Kontinent, um die Saison zu beschließen. Und obwohl die Entscheidungen in beiden WM-Wertungen bereits zugunsten von Sébastien Loeb und seines Arbeitgebers Citroën gefallen sind, dürfen die Fans bei der Veranstaltung in ?Down Under? weit mehr als ein mäßig unterhaltsames Schaulaufen erwarten.

 

?Unser Partner Ford zum Beispiel setzt erstmals den neuen Focus WRC06 ein und will dessen Konkurrenzfähigkeit ausloten?, erklärt Aimé Chatard, bei Michelin verantwortlich für das Rallye-Programm. ?Alle anderen Teams und Fahrer werden ebenfalls bis an die Grenzen gehen.? Hintergrund: Die Rallye Australien wird im kommenden Jahr als drittletzte WM-Runde ausgetragen sollten zu diesem Zeitpunkt noch Entscheidungen in den Gesamtwertungen ausstehen, könnte jeder noch so kleine Erfahrungsvorsprung entscheidende Bedeutung gewinnen. Wobei allerdings noch nicht endgültig feststeht, ob die Veranstaltung auf dem fünften Kontinent im nächsten Jahr erneut in der Region rund um die Küstenstadt Perth stattfindet. ?Auch für uns bei Michelin stellt das bevorstehende Wochenende einen wichtigen Schritt in der Vorbereitung für das Engagement von BFGoodrich in der Saison 2006 dar?, so Chatard weiter.

 

Am kommenden Wochenende kommt es bei der Rallye Australien zum vorerst letzten Einsatz von Michelin in der Rallye-WM. Der französische Reifenkonzern - seit dem Beginn der Weltmeisterschaft im Jahr 1973 dabei - überlässt ab der kommenden Saison seiner Tochtermarke BFGoodrich auf WM-Ebene den Vortritt. Beim Saisonfinale auf dem fünften Kontinent möchte Michelin sein 33-jähriges ununterbrochenes Engagement in dieser Kategorie mit dem insgesamt 224. Erfolg krönen.

 

Als markanteste Besonderheit des WM-Laufs rund um Perth, Hauptstadt des Bundesstaates Western Australia, gilt seit jeher der einzigartige Streckenbelag: Vor allem die Wertungsprüfungen des zweiten Tages sind mit einem Schotter überzogen, der aus kleinen, runden Steinen mit einem Durchmesser von circa zehn Millimetern besteht. Diese ?Murmeln? fungieren quasi wie ein Kugellager, das Reibung - und damit Haftung - zwischen Reifen und Untergrund in weiten Teilen verhindert.

 

Wie wirkungsvoll dies geschieht, erfahren nicht zuletzt jene Piloten besonders deutlich, die als Erste auf die Strecke müssen. Sie übernehmen mit ihren nominell 300 PS starken Turbo-Allradlern die Rolle von Besenwagen, die die lose oberste Kieselschicht von der Straße fegen. Die nachfolgenden Fahrer finden dadurch ein deutlich verbessertes Grip-Niveau vor - auf den verhältnismäßig schmalen und von zahllosen Eukalyptus-Bäumen gesäumten Pisten ein unschätzbarer Vorteil, um wirklich schnell unterwegs zu sein. ?Die Startreihenfolge wirkt sich in Australien immer besonders deutlich aus?, bestätigt Chatard.

 

Obwohl das Reglement den WRC-Piloten für die Rallye Australien zwei verschiedene Laufflächenmuster erlaubt, entschieden sich die Michelin-Teams geschlossen und ausschließlich für den Z BTO. Der Schotterspezialist macht dabei seinem Namen (Braking & Traktion Optimisation = optimale Brems- und Traktionseigenschaften) alle Ehre. ?Der Z BTO stellt die ideale Kombination sämtlicher Stärken unserer Schotterreifen aus den vergangenen Jahren dar?, beschreibt Aimé Chatard. ?Vor allem in puncto Seitenführungskräfte und Verzögerungspotenzial markiert er einen großen Schritt nach vorne. Wir erwarten, dass dieser Pneu am kommenden Wochenende einmal mehr seine Leistungsfähigkeit unter Beweis stellen wird.? In diesem Jahr feierte Michelin mit dem Z BTO bereits sechs Siege bei Schotterveranstaltungen. Besonders gefragt sein dürften am kommenden Wochenende der Z BTO 9 mit seiner mittleren und der Z BTO 9+ mit seiner härteren Gummimischung.

 

Vor allem vor dem Hintergrund möglicher Regenfälle, die die Schotterpisten in extrem matschige Pfade verwandeln können, steht den Piloten jederzeit die Option des Nachschneidens zu Verfügung. Dabei versehen die Michelin-Techniker die Lauffläche des Reifens in mühevoller Handarbeit mit zusätzlichen Drainagerillen und Profilöffnungen, um die Verdrängungseigenschaften der Pneus zu optimieren. Zwischen den einzelnen Service-Aufenthalten liegen allerdings relativ viele WP-Kilometer - zwei Mal allein mehr als 70 Kilometer. Daher dürfen die Reifen-Spezialisten nicht zuviel Gummi aus den Profilblöcken herauszuschneiden, um keinerlei Kompromisse in Sachen Haltbarkeit einzugehen.

 

Ihre persönliche Reifenliste für die Rallye Australien mussten die WRC-Piloten bereits bis zum 23. September bei der obersten Motorsportbehörde FIA einreichen. Jeder Fahrer nominierte dabei 70 Pneus, von denen maximal 45 zum Einsatz kommen dürfen. Als Überseelauf zählt die Rallye Australien - neben Mexiko, Neuseeland, Argentinien und Japan - zu jenen fünf Veranstaltungen, bei denen die Piloten bis unmittelbar vor dem Start zwölf ihrer ursprünglich nominierten Reifen austauschen dürfen, wenn sie dies angesichts der Bedingungen für angebracht halten. Jeder Fahrer darf diese Sonderregelung drei Mal pro Saison in Anspruch nehmen.

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