RALLYE DEUTSCHLAND

Neuville: "Heftigster Überschlag bislang"

Am Donnerstag sah es noch so aus, als ob Thierry Neuville in Deutschland gar nicht starten könnte. Am Sonntag ist er der gefeierte Sieger. Im Interview erklärt der Belgier sein turbulentes Wochenende in Trier.

Thierry, Glückwunsch zu Deinem ersten WM-Sieg, sowie zum ersten Sieg für Hyundai. Wie fühlst Du Dich?
„Das Gefühl ist wunderbar! Ich glaube, dass es einige Zeit dauern wird bevor wir wirklich verstehen, was wir geleistet haben. Dieses Wochenende fing ja mit dem Shakedown am Donnerstag nicht gerade gut an: Ein kleiner Fehler, aber mit großen Auswirkungen. Wir befürchteten sogar, dass es schwierig sein würde, beim Start mit dabei zu sein, aber unsere Mechaniker haben bei der Reparatur des Autos einen fantastischen Job gemacht. Ich war so froh, als ich am Freitagmorgen am Start stand. Dann wollte ich nur noch mein Bestes geben um für alle, die so hart am Auto gearbeitet haben, ein gutes Ergebnis einzufahren. Dass ich jetzt hier als Sieger sitze, konnte ich überhaupt nicht erwarten. Ich war sehr froh mit dem Auto und der Abstimmung, aber ich wusste, dass es schwierig werden würde, da unsere Gegner auf Asphalt stark sind. Es sollte für uns schwierig sein, aber wir hatten ein großartiges Wochenende. Besonders am Samstag, wo ich richtig gepusht, aber keine Fehler gemacht habe. Ich habe nur das Auto auf der Straße gehalten, bin eine saubere Linie gefahren und habe auch die beste Reifenwahl getroffen, da wir gute Wetterdaten hatten. So konnten wir Dani Sordo einholen und sogar zu Kris Meeke aufschließen und ihn unter Druck setzen. Am Sonntagmorgen lief alles gut für uns. Natürlich tut es mir Leid für Kris und Jari-Matti. Sie haben Fehler gemacht, aber für uns war es nur positiv.“

Noch mal zurück zu Donnerstag. Der Abflug war schon heftig. Sie haben sich sechs Mal überschlagen, vielleicht sogar mehr. Auf der ganzen Welt hat jetzt wohl jeder die Bilder gesehen. Haben Sie sich damals gedacht: 'Jetzt ist alles vorbei'?
„Ja, klar. Als ich hinterher das Video sah, habe ich erst verstanden, wie viel Glück wir gehabt haben. Im Auto fühlte es sich gar nicht so schlimm an. Dann sah ich aber die Bilder und sagte: Ich habe Glück, dass ich überhaupt starten kann, wie schon vorher erwähnt. So einen sechsfachen Überschlag hatte ich bislang noch nicht. Vielleicht hat sich dadurch alles in meinem Kopf wieder an die richtige Stelle platziert. Am Freitagmorgen waren wir einfach so schnell wie wir es vorher bei anderen Rallyes auch waren.“

<iframe width="645" height="363" src="//www.youtube.com/embed/HiO_1xON_Z0?start=111" frameborder="0" allowfullscreen=""></iframe>

Du bist etwas verhalten in die Rallye gestartet. War das eine Folge von dem, was am Donnerstag passiert war? Es gab wohl auch Probleme mit der Handbremse?
„Es fing mit einem kleinen Problem an, das war eine Folge meines Überschlags im Shakedown. Ich mache niemandem deswegen Vorwürfe, aber dort haben wir etwa fünf Sekunden verloren. Dann hatten wir ein anderes Problem, als wir Rauch und sogar einen kleinen Brand im Auto hatten. So haben wir noch mehr Zeit verloren, aber mit der Situation sind wir gut umgegangen und wir sind dran geblieben. Ich bin recht stolz auf das, was wir im Auto geleistet haben. Wir haben die Rallye gut eingeteilt: Wir haben gepusht, als es notwendig war, und an schwierigen Stellen konnten wir einen guten Rhythmus beibehalten. Insgesamt war es eine großartige Leistung.“

Am Samstag hast Du dann richtig aufholen können. Hattest Du Dein Selbstvertrauen zurückgefunden?
„Auf jeden Fall. Ich habe mich auf Anhieb wohlgefühlt. Mein Ingenieur hat bei der Änderung der Abstimmung einen hervorragenden Job gemacht. Als ich zur Prüfung gefahren bin, habe ich schon bemerkt, dass die Traktion meines Autos super war. Die Balance entsprach meinen Wünschen. Somit war ich zuversichtlich und konnte vom ersten Kilometer an pushen.“

Und dann der verrückte Sonntag. Nach der zweiten Prüfung lagst Du in Führung. Welches Gefühl hattest Du, wissend, dass ‚nur' noch zwei Prüfungen zu absolvieren sind?
„Als ich die Meldung bekam, dass Jari-Matti abgefolgen war, konnte ich es nicht glauben, denn sein Vorsprung war ja recht groß. Ich habe einige Zeit gebraucht, bis ich das verstanden habe. Ich wollte den Rhythmus beibehalten, aber kurz vor dem Ziel habe ich einen kleinen Fehler gemacht. Dann waren wir auf Platz zwei, aber sehr nah an Platz eins dran. Ich sagte mir: ‚Im Vorjahr war ich auch nah dran, aber habe es nicht geschafft'. Dieses Jahr habe ich mir fest vorgenommen, dass ich es schaffe. Ich fühlte mich wohl, also wollte ich im ersten Sektor der nächsten Prüfung angreifen. Ich war dort wirklich sehr, sehr schnell. Ich nehme an, dass Kris das gewusst hat und dann den Fehler gemacht hat, der ihn aus der Rallye warf.“

Am Ende der Prüfung, als alle da waren, ihre Verwandte, die Fans, das war wohl ein besonderer Moment. Wie war es, als Du ausgestiegen bist und wussten, dass Du Deinen ersten Sieg eingefahren hattest und dass alle Menschen die für Dich wichtig sind, vor Ort waren?
„Es waren alle da. Entlang der Prüfungen an diesem Wochenende sah man nur belgische Fahnen und belgische Fans. Die Atmosphäre war großartig, mit einem so großen Publikum und so nah an der Heimat dran. Ich bin nur 80 Kilometer von hier geboren, es ist mehr oder weniger ein Heimspiel für mich. Dass ich hier nun meinen ersten WM-Sieg feiern kann mit all den Verwandten, die mich in den vergangenen sechs Jahren sowohl in guten als auch in schlechten Zeiten unterstützt haben, ist etwas Besonderes. Es ist toll, zu sehen, dass alle an uns glauben - vielen Dank dafür!“

GALERIE: Die Bilder der Rallye Deutschland 2014

Mehr Bilder ansehen ...

« zurück