Herausforderung Logistik

Nach der Rallye ist vor der Rallye

Wie Fahrzeuge, Ersatzteile, Team und Equipment rund um die Welt reisen: Gerade Übersee-Rallyes stellen die Teams vor eine Herausforderung. Vor der längsten Reise des Jahres – zum zehnten WM-Lauf nach Australien - blicken wir hinter die Kulissen der Logistik-Abteilung von Volkswagen Motorsport.

Lutz Meyer ist bei Volkswagen Motorsport für die WRC-Logistik verantwortlich
ORGANISATIONSTALENT: Lutz Meyer ist bei Volkswagen Motorsport für die Logistik verantwortlich

Sieben vollgepackte Lkw, die die komplette Team-Ausrüstung samt drei Polo R WRC, Ersatzteilen und Werkzeug zu allen europäischen Rallyes transportieren. 79 Tonnen See- und 18 Tonnen Luftfracht werden allein zu den drei Übersee-Rallyes geschafft. Hinter der komplexen Logistik der Volkswagen Mannschaft in der Rallye-Weltmeisterschaft steckt eine ausgeklügelte Organisation. Und die fährt während der elf Monate andauernden Rallye-Saison dreigleisig: zu Wasser, zu Lande und in der Luft.

Ende August 2012 fiel der Startschuss für die Logistik-Planung der Saison 2013. Die Aufgabe: zwei unterschiedliche mobile Werkstätten zu entwerfen, die ab Januar 2013 für elf Monate parallel rund um den Globus geschickt werden. In diesem Jahr machen sich zehn Mal sieben Trucks vom Team-Standort Hannover auf den Weg zu den Serviceparks der europäischen Rallyes im WM-Kalender.

Das Team um Lutz Meyer, für die Logistik im Werksteam vom Volkswagen zuständig, transportiert dabei alles, was für eine WM-Rallye erforderlich ist: von den drei Polo R WRC inklusive Ersatzteilen über Werkzeug bis hin zu einer eigenen Reinigungsanlage. Nicht zu vergessen: Reifengestelle, bis zu 140 Felgen, die Aufbauten für den Serviceplatz, das Büro für die Teamleitung und die komplette Ausrüstung des Recce-Teams um den dreimaligen deutschen Rallye-Meister Dieter Depping inklusive vier Golf R.

Übersee-Rallyes

Für die drei Übersee-Rallyes in Mexiko, Argentinien und Australien kommt jedoch ein anderes Setup zum Einsatz. Schon Ende des vergangenen Jahres buchte Meyer einen Round-Trip von Bremerhaven über Léon, Villa Carlos Paz, Coffs Harbour und zurück. Sieben See-Container enthalten dabei fast alles, was innerhalb Europas von sieben Lkw transportiert wird. Das Team sieht also rund die Hälfte seiner Ausrüstung teilweise über Monate hinweg nicht, wenn die Container den langen Seeweg von Mexiko nach Argentinien und schließlich weiter nach Australien zurücklegen.

Das Leergewicht der sieben See-Container beträgt stolze 48 Tonnen. Sind diese 40 Fuß langen High-Cube-Container erst einmal mit Ausrüstung, Ersatzteilen, einer Werkstatt, den Recce-Fahrzeugen, Service-Zelten, der Küche und dem Büro für die Teamleitung beladen, wiegen sie 79 Tonnen. Lediglich die drei Polo R WRC inklusive bestimmter Ersatzteile werden per Luftfracht zu den Übersee-Rallyes geschickt – zu kurz ist die Zeit zwischen den einzelnen WM-Läufen, als dass auch die wertvollste Fracht des Teams per Schiff transportiert werden könnte. Die Luftfracht für eine Übersee-Rallye bringt 18 Tonnen auf die Waage.

Der Kalender der Rallye-WM gibt den Takt vor, an dem sich die gesamte Planung und Organisation des Teams orientiert. Auftakt der Saison bei der Rallye Monte Carlo im Januar, Saisonfinale in Wales im November – dazwischen weitestgehend ein Drei-Wochen-Rhythmus zwischen den Rallyes. Die Fracht des Teams ist kaum von einem WM-Lauf in die Werkshallen nach Hannover zurückgekehrt, beginnt auch schon die Beladung für die kommende Rallye. Und auch nach der letzten Rallye des Jahres bleiben dem Team über Weihnachten und Silvester keine zwei Monate, um für den Saisonauftakt 2014 wieder gerüstet zu sein.

Kurze Wege: der Service vor Ort

Vier bis sechs Tage vor dem Start einer Rallye trifft das sechsköpfige Transport-Team von Volkswagen Logistik im Servicepark ein und beginnt mit dem Aufbau des Serviceplatzes. Sobald der Serviceplatz für die drei Polo R WRC vollständig eingerichtet ist, tritt das Logistik-Sextett zunächst ein wenig in den Hintergrund und überlässt den Mechanikern und Ingenieuren des Teams die Bühne.

Ab jetzt gilt es, die drei World Rally Cars optimal auf die anstehenden Herausforderungen vorzubereiten und die kurzen Wartungs- und Reparaturpausen während der Rallye möglichst effizient zu nutzen. Die sechs Logistik-Experten kümmern sich währenddessen um das Management der Reifen und die Wartung der Ausrüstung – und stehen sofort wieder bereit, wenn unmittelbar nach Rallye-Ende der Abbau des Serviceplatzes angesagt ist. Bei den Europa-Rallyes machen sich die ersten vollgeladenen Trucks oft schon wenige Stunden nach der Siegerehrung auf die Rückreise nach Hannover.

Zeit ist Trumpf, denn es gilt der alte Leitspruch: Nach der Rallye ist vor der Rallye.

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