Volkswagen in der Rallye-WM

Moser: "Deutschland ist der schwierigste Markt"

Schon im ersten Jahr bei der Rallye-Weltmeisterschaft ist Volkswagen auf Titelkurs. Stefan Moser ist Leiter Marketing und Kommunikation bei Volkswagen Motorsport und erklärt im Gespräch warum es schwer fällt, den Sport in die breite Öffentlichkeit zu tragen.

<strong>BREITES AUFGABENFELD:</strong> Stefan Moser (2.v.r) muss die sportlichen Erfolge von Volkswagen in die Öffentlichkeit tragen

Herr Moser, gleich im ersten Jahr bei der Rallye-Weltmeisterschaft liegt VW ganz vorne. Ein erwarteter Erfolg?

Wir sind nicht so ganz unzufrieden damit. In dieser Form kann man das natürlich nicht erwarten. Aber wir waren sehr gründlich vorbereitet. Wir sind im vergangenen Jahr schon mit einem Skoda die komplette Rally-WM in der S2000 Klasse gefahren. Das Team hat sich dabei eingeschossen auf die ganzen Abläufe, etwa beim Service. Als wir dagegen bei der Rallye Dakar angefangen haben, wussten die Leute nicht viel mehr, als wo das Klo steht. Das wollten wir diesmal vermeiden.

 

Die Rallye Dakar haben Sie trotz großer Erfolge verlassen. Warum?

Zuletzt gab es einen Dreifachsieg. Da war keine Konkurrenz mehr, wir mussten überlegen: Wie geht es weiter? Wenn man Motorsport betreibt, dann schaut man immer, was es gibt. Formel 1 etwa macht für VW keinen Sinn.

 

Weil es zu teuer ist?

Wir investieren einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag. Mit einem Formel-1-Budget können Sie sechs Jahre Rallye-WM fahren.

 

Was spricht noch für die Rallye-WM?

VW steht für vernünftige Automobile, sparsam, haltbar. Deshalb war uns die Seriennähe immer wichtig. Das geht nur bei der WTCC (Tourenwagen-Weltmeisterschaft) und im Rallyesport. Selbst in der DTM sind alle Autos gleich, wenn man die Hülle abnimmt. Es gibt ein einheitliches Carbon-Monocoque. Da kommt dann noch ein Motor dran, fertig. Bei unserem Polo ist nicht klar, wenn er vom Band läuft: Fährt damit die Hausfrau zum Kindergarten oder gewinnt er die Rallye-WM. Da fehlen höchstens ein paar Schweißpunkte, etwa für die Aufhängung der Rückbank.

 

Wollen Sie vor allem für den Polo werben?

Die Werbung zielt generell auf die Marke. Aber wir fahren mit den R-Modellen des Polo, der sportlichen Variante. Wenn der Polo ein Rennen gewinnt, dann sind die Leute zuhause stolz, die auch Polo fahren. Gefühle werden immer wichtiger in Zeiten, wo sich Automobile immer ähnlicher werden.

 

Hätten Sie nicht gleich mit dem Golf antreten können?

Da wären wir nicht siegfähig gewesen. Der Golf ist zu groß und zu schwer. Es gab auch die Überlegung, mit dem Beetle zu fahren. Man muss die Entscheidung treffen: Will man Lifestyle oder Erfolg.

 


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Dem bislang dominierenden Hersteller Citroen haben Sie mit Red Bull den Sponsor abgejagt. Ein erster Hinweis auf die neuen Machtverhältnisse in der Rallye-WM?

Das stimmt so nicht. Citroen brauchte mehr Geld und Red Bull wollte nicht mehr zahlen. Dass man sich trennt, ist bei der Rally 2012 auch schon kommuniziert worden. Wir hatten anschließend mit Red Bull nur über 2014 gesprochen. Erst im Dezember beschlossen wir die Partnerschaft schon für 2013. Die Teamkleidung war schon fertig produziert – dann musste da noch Red Bull drauf.

 

Passen die großen Logos auf dem Fahrzeug noch zu Ihrem Anspruch, dass VW im Vordergrund stehen soll?

Mal theoretisch: Sagen wir, ein Rennstall gibt 30 Millionen aus. Und der Sponsor zahlt drei Millionen. Für zehn Prozent kann er die ganze Werbung bekommen. Deshalb ist für mich immer wichtig: Wenn unser Auto um die Ecke kommt, dann muss feststehen: Das ist der VW. Unser Polo ist gut zu erkennen und nicht komplett zugeklebt.

 

Die Massen erreichen Sie nicht vor Ort, sondern im Fernsehen. Sind Sie mit der Präsenz zufrieden?

Im ersten Schritt: ja. Am liebsten hätte jeder zweieinhalb Stunden live bei RTL. Letzte Saison hatte Sport1 am Dienstag um 16.30 Uhr mit der WRC 30.000 Zuschauer. Jetzt sind es bei Sport1 200.000 bis 300.000. Bei RTL in der Spitze eine Million. Das ZDF hat auch schon in der Sportreportage berichtet. Wir haben noch nicht, was wir wollen. Aber wir sind auf einem guten Weg.

 

Welche Rolle spielt VW dabei?

Wir waren stark involviert in die TV-Deals. Wir sind ein nicht unerheblicher Werbekunde bei allen großen Sendern. Da macht es Sinn, dass man sich an einen Tisch setzt und darüber spricht, wie man weiterhelfen kann. Wir haben mit RTL und n-tv auch schon bei der Rallye Dakar erfolgreich zusammengearbeitet.

 

Gibt es Rechtekosten für die Sender?

Ja, die Vermarkter wollen natürlich auch verdienen. Wichtig aber ist, wenn ich das TV organisiere, dass es nicht darum geht, andere Hersteller zu verdrängen. Wir wollen Sendezeiten ausweiten, den Kuchen größer machen.

 

Was wäre Ihr Traumszenario?

Am Sonntag, jeweils eine Stunde live, bei einem großen, frei empfangbaren Sender.

 

Wie können Sie die Attraktivität der Rallye-WM steigern?

Dieser Sport ist nicht so einfach wie Formel 1. Da fahren 22 Autos los und wer als Erster im Ziel ist, hat gewonnen. Die Rallye läuft über drei Tage. Man muss über das Format nachdenken, und wir reden mit anderen Herstellern und dem Weltverband FIA darüber. Es wäre gut, wenn nicht schon samstags entschieden ist, wer gewinnt, weil er zwei Minuten Vorsprung hat. Denkbar wäre ein Shoot-out am Sonntag. Der Zehnte fährt gegen den Neunten im direkten Duell um Platz neun, und so weiter. Der Erste schließlich gegen den Zweiten um den Sieg. Beim Biathlon hat das auch geklappt. Da liefen vor zwanzig Jahren bärtige Männer eine halbe Stunde im Wald herum, bevor sie kurz zum Schießen rauskamen. Und wieder für eine halbe Stunde im Wald verschwanden. Mit den neuen Regeln ist das TV-kompatibel.

 


Stefan Moser: "Finnland ist unglaublich!"

 

Bislang fokussiert die Rallye-WM stark auf Europa. Würden Sie gerne häufiger auf anderen Kontinenten fahren?

Die Rallye-WM ist mit Argentinien, Australien und Mexiko schon gut aufgestellt. Aber wir wollen in die BRIC-Staaten. Brasilien steht ja schon auf der Matte. Es gibt auch Diskussionen mit China und Indien, auch mit Russland. Aber da ist man noch nicht ganz so weit wie in anderen osteuropäischen Ländern. Polen bietet die längste Sendezeit und hat die beste Quote. Dort würde man am liebsten schon im nächsten Jahr mitmachen. Finnland ist unglaublich, da kommt ein Fünftel der Gesamtbevölkerung zur Rallye. Tatsächlich ist Deutschland der schwierigste Markt.

 

Die Rallye-WM will auch die digitalen Aktivitäten ausweiten. Wie ist die Resonanz bei VW?

Wir haben im November unseren eigenen Facebook-Account für die WRC gestartet. Anfang August hatten wir 275.000 Fans. Die DTM lag da bei 134.000. Da sieht man, dass wir ganz gut ankommen.

 

In der kommenden Saison stößt der Hersteller Hyundai dazu. Wie sind Ihre Erwartungen?

Wir freuen uns über jeden, der reinkommt. Mit Ford, Hyundai und VW sind dann drei echte Big Player dabei, die auf dem Weltmarkt ganz vorne mitspielen.

 

Hätten Sie gerne einen deutschen Gegner?

Wenn Opel mitfahren würde, das wäre auch schön.

 

Sie haben sich zunächst bis 2015 an die Rallye-WM gebunden. Wie geht es dann weiter?

Bei VW laufen alle Motorsport-Engagements grundsätzlich für drei Jahre. Dann werden sie geprüft. Am Ende muss der Autoverkauf stimmen. Wir wollen nicht Reifen und Sprit verbrennen, es muss auch auf die Marke einzahlen. Aber die Rückmeldungen von allen Märkten sind gut.

 

Das Interview führte Thomas Mersch im Auftrag von JP4

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