Während die Rallye-Profis heute selbst auf den griechischen Knüppelpisten vom ersten Meter an ohne Rücksicht auf ihr Material Vollgas geben, spielt in Afrika noch die Taktik eine entscheidende Rolle: Gewinnen kann die ?Safari? paradoxerweise nur, wer nicht zu schnell fährt und mit der Technik ebenso bewusst umgeht wie mit seinen Reifen.
So freuen sich die Michelin-Piloten, dass sie sich zumindest auf eine Komponente ihrer Boliden hundertprozentig verlassen können: Der Michelin-Pneu ?Z19? wurde ausschließlich für die extremen Beanspruchungen des kenianischen WM-Laufs entwickelt. Mit maximalem Durchmesser und weitester Breite schöpft er die Vorgaben des Reglements aus, um dank des größtmöglichen Luftvolumens auch harte Hindernisse auf der Piste abfedern zu können. Sein robustes Profil minimiert dank des hohen Traktionsvermögens den Verschleiß, der von durchdrehenden Rädern verursacht wird.
Zudem rüstet Michelin den Z19 wie bereits im Vorjahr, als dieser Reifen dem damaligen Mitsubishi-Piloten Tommi Mäkinen zum Sieg verhalf, erneut mit dem pannenresistenten ?ATS?-System aus. Dabei füllt, vereinfach erklärt, ein Schaumstoffsystem im Falle plötzlichen Luftdruckverlustes den Reifen aus. Sollte die einsetzende Regenzeit die Straßen und Wege in Schlammpartien verwandeln, so steht den Michelin-Teams Peugeot, Mitsubishi, Skoda, Hyundai und Citroën mit dem ZA-Pneu alternativ ein offeneres Profil zur Verfügung.
Nicht nur für das Material ist die Rallye sehr belastend ? auch von den Piloten verlangen die extremen Tempowechsel äußerste Konzentration, erklärt Hyundai-Fahrer Armin Schwarz: ?Die größte Schwierigkeit stellen die Rhythmuswechsel dar. Wir fahren bis zu sieben Minuten im sechsten Gang mit knapp 200 km/h durch die Savanne, um dann Sektionen zu absolvieren, die nur im ersten Gang bewältigt werden können, weil die Strecke über große Felsen, gewaltige Löcher und rauestes Geröll führt.? Für Hyundai steht in diesem Jahr die Afrika-Premiere an: ?Wir wollen so viele Erfahrungen wie möglich sammeln. Da unser Accent WRC ursprünglich für europäische Schotter-Rallies entwickelt wurde, können wir das Fahrzeug mit den gesammelten Daten für 2003 spezifischer vorbereiten?, gibt sich Teamchef David Whitehead betont zurückhaltend.
Auch das Citroën-Werksteam betritt bei der Safari-Rallye Neuland. Das Team hat sich auf sein Debüt bei der härtesten Prüfung der Saison mit Testfahrten sowohl in Südfrankreich als auch in Kenia ? bei den typischen Bedingungen einer Rallye in großer Höhe sowie auf schnellen und rauen Strecken ? vorbereitet. Insgesamt legten die Piloten gut 4000 Kilometer zurück. Teamchef Guy Frequelin: ?Durch unsere Einsätze im Raid-Sport besitzen wir eine Menge Erfahrungen mit derartigen Bedingungen. Aber ich bin mir nicht sicher, ob das ausreicht. Denn bei der Safari gibt es keine Möglichkeiten, zu improvisieren." Mit einem Überraschungserfolg in Afrika rechnet der Teamchef daher nicht: ?Es gibt Teams, die jahrelang darauf gewartet haben, dort aufs Podium zu fahren. Wir wollen mit beiden Autos die Rallye beenden. Wenn das gelingt, haben wir reelle Chancen auf ein gutes Ergebnis."
Bei Tabellenführer Peugeot verliefen die Vorbereitungen nach Plan, auch wenn die Franzosen noch immer auf ihren ersten Kenia-Erfolg seit dem Triumph eines Peugeot 504 V6 Coupé im Jahre 1978 warten. Mit Richard Burns greift ein absoluter Kenia-Spezialist für die Löwen aus Sochaux ins Volant. Der amtierende Weltmeister hofft auf seinen drittten ?Safari?-Sieg nach 1998 und 2000. ?Wir haben in Marokko getestet und sind sehr optimistisch." Sein Erfolgsrezept erklärte der Brite so: ?Bei der Safari-Rallye brauche ich keine Taktik für die gesamte Veranstaltung. Ich konzentriere mich jeweils nur auf die kommende Prüfung."
Michelin reist mit einem Stab von 20 Experten sowie mit insgesamt 1840 Pneus nach Afrika.