Interview Schwarz

„Kaum Änderungen zu erwarten“

Der erste Lauf des Jahres deckte die Situation in der Rallye-WM schonungslos auf. Im Interview analysiert Rallye-Experte Armin Schwarz die aktuelle Lage.

<strong>KEINE ÄNDERUNGEN:</strong> Rallye-Experte Armin Schwarz bezweifelt den Handlungsspielraum der ISC

Armin, wie lange kann die Rallye-WM mit nur zwei Herstellern noch überleben?

„Ich denke, dass es wie in der DTM eine gewisse Zeit auch mit Kundenteams gehen kann. Der einzig gravierende Unterschied ist, dass in der Weltmeisterschaft die Kundenteams keine wirkliche Rolle spielen und dadurch das öffentliche Interesse für die Serie stark nachlässt. Außerdem hat man zumindest 2009 keine Möglichkeiten neue Hersteller zu aktivieren.“

 

Die Dominanz von Sebastien Loeb könnte ein weiteres Problem werden…

„Sicher wird das ein Problem. Ich rechne nicht wirklich damit das Mikko Hirvonen eine gute Chance hat. Für mich ist er ein sehr guter zweiter Mann. Jari-Matti Latvala hat zwar den Speed, aber darf sicher nicht immer so angreifen, wie er es gerne möchte. Für Malcom Wilson ist es der wohl schlechteste Zeitpunkt keine Alternative zu haben. Ich glaube auch, das ein Großteil der Fans sich etwas mehr in der IRC umschauen werden, da dort immer mehrere Fahrer gewinnen können und das erzeugt Spannung. Zu dem fahren dort die Autos die ab 2010 das Gesicht der WM bestimmen sollen.“

 

Warum gelang es nicht Petter Solberg zu Ford zu locken, um näher an Loeb zu kommen?

„Da gibt es Altlasten zwischen Malcom und Petter. Petter ist von Wilson weggegangen weil ihm Malcom damals mit einem Vertrag hingehalten hat und wurde bei Subaru schnell Weltmeister. Aus Petters Sicht gibt es keinen langfristigen Plan von Ford und Malcom da es nur einen Vertrag bis Ende 2009 gibt. Dann steht Petter unter Umständen wieder auf der Straße und war bei Malcom der ‚Notnagel‘.“ 

 

Die ISC ist nun globaler Promoter der WRC geworden. Welche Freiheiten und neue Möglichkeiten bekommt man jetzt überhaupt?

„Ich denke, dass es da keine großen Neuerungen geben wird. Soweit ich es anhand des Interviews mit Simon Long beurteilen kann erwartet man, dass nun die FIA mehr zuhört und macht was die ISC umsetzen will. Nur warum hat die FIA die letzten Jahre nicht schon besser gehört? Da sehe ich leider keine Änderungen auf uns zu kommen und ich denke, dass ich das sehr gut beurteilen kann, mit dem was ich weiß. Außerdem hat ja Max Mosley die erste Möglichkeit genutzt um wieder Unklarheit ins Konzept zu bringen mit der Äußerung zum S2000 Reglement. In der jetzigen Zeit wirklich unangebracht.“

 

Was ist das Allerwichtigste, das jetzt von der ISC zu erledigen ist?

„Für mich wäre das wichtigste gewesen, vor dem Promotor-Vertrag zu klären, welchen Einfluss man auf den Kalender hat, welche Rallyes kommen rein, welche nicht, welches Veranstaltungsformat gibt es, welche Technischen Änderungen werden umgesetzt und ganz wichtig, mit wem verhandelt man das alles. Mit welcher Person bespricht und vereinbart man diese Dinge. Das ist jetzt wieder die Frage und ich glaube nicht, dass es Antworten darauf geben wird.“  

 

Armin Schwarz:"Es muss den Zuschauer den Eindruck vermitteln, da kommt ein Biest daher, das nur ein Vollprofi steuern kann."

Ex-ISC-Boss David Richards meinte, viele Probleme seien hausgemacht. Er selbst scheiterte oft an der Umsetzung neuer Ideen…

„David wollte viele Dinge umsetzen und ändern und hat das auch versucht. Er ist aber an den zuvor genannten Punkten gescheitert. Als er das merkte ging es natürlich erst mal ums Geld verdienen. Dann hat er den ISC verkauft weil keines zu verdienen war. David hat die Glaubwürdigkeit verloren und auch das Vertrauen der Hersteller, Veranstalter und der Fans. Letztendlich hat Ihm das auch noch den Subaru Vertrag gekostet.“

 

Wie sinnvoll ist es, Super2000 als WRC-Ablösung für 2010 einzuführen?

„Es ist egal welche Klasse eingeführt wird, nur muss diese mehr Show bieten. Es muss den Zuschauer den Eindruck vermitteln, da kommt ein Biest daher, das nur ein Vollprofi steuern kann. Sobald der Zuschauer glaubt das kann ich auch, kommt der nicht mehr. Dann hört man nichts mehr, die Autos driften kaum noch und damit wird es unattraktiv. Zudem ist auf Serviceplatz schon gar nichts mehr los und man bekommt auch keinen Zugang zu den Fahrern und den Autos. All das ist ein Kreisellauf.“

 

Sind neue Hersteller wirklich an einem Einstieg in die WRC interessiert?

„Ich glaube, dass es sehr schwer wird, der IRC die Autos und Teams für 2010 zu entziehen und Hersteller wie Fiat, Peugeot, Proton und Skoda werden nicht in eine viel teurere Meisterschaft gehen. Welche Hersteller sollten sich dann in der WRC - wo es immer noch keine klaren Vorgaben gibt - bereit erklären teilzunehmen, da sehe ich noch keine Sicherheit für neue Hersteller.“

 

Also wird die IRC zu einer echten Gefahr für die WRC?

„Die IRC ist etabliert, die Leute der IRC haben beste Kontakte und bereits bewiesen, dass sie auch als „Zweite Division“ bestens bestehen können. Mich würde es nicht wundern, wenn ab 2010 die IRC als WM-Ersatz parat seht und damit die jetzige „Königsklasse“ leer ausgeht. Das sind natürlich alles Spekulation aber zumindest weiß man in der IRC, wie man was vermarktet und wie welches Geld zu verdienen ist.“

 

Sollte VW aus der Dakar aussteigen, wie bewertest Du die Chancen auf einen WRC-Einstieg?

„Volkswagen hat mit dem Gewinn der Dakar den ersten Schritt für ein sehr bedeutendes Motorsport-Programm gemacht, dazu noch nachträglich meinen Glückwunsch. Das war ein sehr hartes Stück Arbeit und man hat bewiesen, dass man alles mit Erfolg anpacken kann. Ob und welche Serie man fahren will wird wahrscheinlich der Markt entscheiden auf dem man erfolgreich Autos verkaufen kann und muss.“

 

Warum sollten Hersteller die WRC überhaupt als Vermarktungsbühne nutzen?

„Ich denke das sowohl IRC als auch WRC für jeden Hersteller eine interessante Plattform bietet da Rallyes nun mal auf allen Belägen, allen Witterungen und Global stattfinden. Nur dort kann man sein Produkt nahe genug am Kunden und unter den Bedingungen unter welche Automobile zum Einsatz kommen auch präsentieren. Dazu muss aber auch die FIA Automobilherstellern ihre Innovation lassen, das momentane Reglement täuscht niedrige Kosten und Chancengleichheit vor. Nicht zu vergessen ist, dass die Rallyeautos mittlerweile über weniger Technik verfügen als so manches Serienfahrzeug und die Hersteller sicher nicht mit weniger als im Serienauto fahren wollen. Das hat man bei Subaru gesehen die mit ihren Impreza Gruppe N nur mit einer Sondergenehmigung 2011 hätten fahren können, da war man dann gleich ganz weg. Ganz zu schweigen von der Show die immer noch hoch einzuschätzen ist. Jeder kauft mit einer gewissen Emotion und das hat man wohl komplett vergessen.“

 

Armin, wir danken Dir für das Gespräch…

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