Interview FIA-Präsident

Jean Todt: „Die Zeiten ändern sich“

Obwohl FIA-Präsident Jean Todt nur wenig von der Rallye Korsika gesehen hat, gefiel ihm die Rückkehr auf die Mittelmeerinsel. Jetzt geht es darum, die Veranstaltungen auch langfristig wieder in der Weltmeisterschaft zu verankern. Dort steht der Weltverband vor einigen Herausforderungen, wie Todt im Interview erklärt.

Wie hat Ihnen die Rallye Korsika gefallen?

Vor allem nach dem Sturm waren die Strecken sehr anspruchsvoll. Ich habe allerdings nur fünf Kurven gesehen. Deshalb kann ich kein repräsentatives Urteil fällen. Der Spirit der Rallye ist jedoch großartig. Korsika ist klein, aber einer der schönsten Plätze der Welt. Die Rallye ist eine Ikone in der Weltmeisterschaft, mit tollen Prüfungen und einer langen Geschichte.

War die Entscheidung des französischen Verbandes FFSA, mit dem WM-Lauf nach Korsika zurückzukehren, also richtig?

Die Zeiten ändern sich, ebenso Rallyes und ihr Layout. Schaut man auf das Resultat, sieht man, dass hier die Abstände zwischen den Topfahrern nicht nur eine oder zwei Zehntel betragen. Der beste Fahrer kann also den Unterschied machen.

Aber wie beurteilen Sie den WM-Lauf im Elsass und auf Korsika?

Eine Rallye lässt sich ganz unterschiedlich bewerten. Während im Elsass einige zehntausend Zuschauer mehr vor Ort waren, erreicht man mit einem so spannenden Wettbewerb wie hier, über Medien und soziale Netzwerke Millionen Interessenten.

Würden Sie es begrüßen, wenn das kompakte Format im nächsten Jahr wieder angewandt würde?

Man sollte nichts überstürzen und in Ruhe ein Fazit sehen, um die Rallye zu bewerten. Die Organisatoren sollten sich die Meinungen von allen Beteiligten anhören und ihre Entscheidung treffen. Die Fahrer wünschen sich zum Beispiel immer Abwechslung. Aber man kann nicht in jedem Jahr neue Strecken bieten. Außerdem sollte man auch berühmte Prüfungen regelmäßig fahren.

Die FFSA hat bislang noch nicht den Vertrag mit dem WM-Promoter unterzeichnet. Besteht die Gefahr, dass Korsika 2016 gar nicht dabei ist?

Es gibt einen Vorschlag für den nächstjährigen Kalender und zum jetzigen Zeitpunkt kann ich zu Vertragsverhandlungen nichts sagen. Für alle gilt: Wenn man einen Vertrag, der von der FIA unterstützt wird, unterzeichnen muss, dann muss man diesen unterzeichnen.

Die Hersteller hatten sich gegen einen Ausbau des WM-Kalenders ausgesprochen. Jetzt stehen 14 statt 13 Läufe im Kalender. Haben Sie keine Sorge, dass Teams aussteigen?

Das war der Vorschlag der Rallye-WM-Kommission und dem hat der FIA-Weltrat entsprochen. Das ist wie beim Restaurantbesuch. Jemand schaut sich die Karte an und entscheidet, ob er rein geht oder nicht. Die Kriterien dafür sind unterschiedlich. Einem ist es zu teuer, dem anderen schmeckt es nicht. Sehen wir es doch so: Hyundai ist dabei, Volkswagen bis 2019 bestätigt und Toyota kehrt 2017 zurück.

Ist es möglich eine Rangfolge innerhalb der WM-Läufe zu machen, damit deutlich wird, wer der beste und wer der schlechteste Veranstalter ist?

Eine sehr gute Frage. Wir müssen zunächst eine Vorstellung davon haben, wie sich der Rallyesport in den nächsten zehn Jahren entwickelt. Noch vor ein paar Jahrzehnten gab es nur europäische Läufe und China war nicht der wichtigste Automarkt. Wir müssen also sehr sorgfältig über Autos, Kalender und Format nachdenken.

Was denken Sie über die nächste WRC-Generation, die ab 2017 die aktuellen Modelle ablöst?

Motorsport ist ein Mix aus Technologie und Show. Die Leute sollten von den Topautos träumen. Gruppe-B-Autos werden jetzt im Museum bewundert. Ich bin mir aber nicht so sicher, ob in 20 Jahren jemand die jetzigen World Rally Cars dort sehen will. Die Show muss weitergehen, wir brauchen wieder Traumautos mit mehr Leistung und Optik, aber ohne bei der Sicherheit Kompromisse einzugehen. Diese ist für mich essentiell.

Sprechen wir über Sicherheit. In Korsika wünschten sich die Fahrer mehr Auswahl bei den Reifen, gerade wenn es stark regnet ...

Eines ist klar: Sicherheit hat immer die höchste Priorität. Ich werde aber noch ein paar zusätzliche Gespräche mit den Fahrern führen, um ein klares Bild zu bekommen. Dann kann ich eine Entscheidung treffen. Vielleicht wird es einen dritten Reifentyp zur Auswahl geben.

... in Australien gab es Diskussionen über die Nachtprüfung, die viele für zu gefährlich hielten.

Was Nachtprüfungen betrifft, sie gehören aus meiner Sicht zum Rallyesport. Ich kann damit nichts anfangen, wenn man am Morgen startet und eine Mittagspause einlegt, um anschließend wieder loszufahren, aber pünktlich zum Abendessen zurück ist. Ich finde Prüfungen in der Dunkelheit klasse. Aber sie müssen sicher sein und wenn ein Fahrer keine freie Sicht hat, dann ist es unfair. Wir werden die Geschehnisse in Australien noch einmal überprüfen und wenn nötig eingreifen.

Auf Korsika starteten sehr viele Autos, weil der Verband die gelockerten Regeln für Übersee-Läufe nutzte und nationale Klassen erlaubte. Ist das ein Vorbild für andere Veranstalter?

Man muss sagen, dass die Rallye fast schon ein Festival war. Man hatte viele Fahrzeuge, viele Fahrer in verschiedenen Klassen, Profis, Amateure, Enthusiasten, das ist großartig. Die Weltmeisterschaft ist eine Show und wenn ein Veranstalter so etwas möchte, dann ist es gut. Aber die Initiative muss vom Promoter ausgehen.

VIDEO: Highlights Rallye Korsika 2015


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