WM-Einstieg

Hyundai macht Ernst

Nach zehn Jahren Abwesenheit meldet sich Hyundai zurück. In Genf wurde die nächste Evolutionsstufe des i20 WRC vorgestellt. Ab 2014 will Hyundai in der WM angreifen. Teamchef Michel Nandan spricht über die Ziele.

Beim Autosalon in Genf präsentiert Hyundai den aktuellen Stand des Projekts Rallye-WM
<STRONG>ZWEITE EVOLUTIONSSTUFE: </STRONG> Beim Autosalon in Genf präsentiert Hyundai den aktuellen Stand des Projekts Rallye-WM

Die Rallye-Weltmeisterschaft bekommt weiteren Zuwachs. Auf dem Automobilsalon in Genf zeigte Hyundai die nächste Evolutionsstufe der i20 WRC-Studie. Nach dem Rückzug im Jahr 2003 wollen die Koreaner kommende Saison wieder in die WM einsteigen – mit einer komplett neuen Struktur. Schlüsselpositionen hat Präsident GH Choi bereits besetzt, im Laufe des Jahres sollen das Werksteam und die Infrastruktur vollständig aufgebaut werden. Teamchef Michel Nandan verrät die Hyundai-Pläne.

 

Warum kehrt Hyundai in den Rallyesport zurück?

„Das Ziel ist nicht nur, das Image des i20 zu verbessern. Die ganze Marke soll durch das Projekt aufgewertet werden. Hyundai hat sich für die WM entschieden, weil dort das Wettbewerbsauto der Straßenversion sehr nahe ist. Der i20 erhielt den Vorzug vor anderen Modellen wie dem Veloster, weil er die passenden Maße hat und zum gleichen Segment zählt wie die WRC der anderen Marken. Als ich im Januar zu hundertprozent in das Projekt eingestiegen bin, war ich sehr erstaunt, wie viel Vorarbeit bereits in Korea geleistet worden ist. Mr. GH Choi ist auf mich zugekommen, weil er mich kannte, vor allem aus der Zeit bei Peugeot. Auch wenn ich bei Toyota, Peugeot und Suzuki eng in die Entwicklung der World Rallye Cars eingebunden war, ist das ein aufregende und spannende Herausforderung. Ich bin für die komplette Motorsport-Abteilung verantwortlich, inklusive Aufbau in Deutschland.“

 

Was war denn bereits an Vorarbeit geleistet?

„Zwei Protoypen sind entwickelt. Auf dieser Basis werden wir weiterarbeiten und gleichzeitig den neuen Sitz in Deutschland aufbauen. Aber auch in Korea geht es weiter, dort wird ein vollständig neuer Weltmotor entwickelt. Erste Tests werden mit einem modifizierten Serien-Motor absolviert, bis der neue fertig ist. Was die Kraftübertragung angeht, arbeiten wir mit Xtrac zusammen, andere Verträge sind noch nicht abgeschlossen.“

 

Wenn es 2014 richtig losgehen soll, ist die Zeit knapp …

„Ja, der Zeitplan lässt kaum Spielraum zu. Hyundai hat entschieden, 2014 die komplette Saison zu bestreiten. Ein ehrgeiziger Entschluss, und wir können alle nur versuchen, unser Bestes zu geben. Wir müssen ja gleichzeitig das Team aufbauen und die Ausrüstung zusammenstellen. Da sind wir bei etwa 60 bis 70 Prozent angekommen. Ich hoffe, dass wir Ende April oder Anfang Mai in Deutschland loslegen können. Der dritte Prototyp soll Mitte des Jahres laufen, damit wir mit den Tests beginnen können.“

 

Wie viel Erfahrung aus den früheren WM-Zeiten hat Hyundai in das Projekt gesteckt?

„Die Bestimmungen haben geändert, eigentlich starten wir bis auf die Vorarbeit in Korea bei Null. Das Reglement ist viel strenger, die einzige Ausnahme ist der Motor. Der Weltmotor ist vielleicht nicht der billigste Weg, aber es ist immer schwerer, einen Wettbewerbsmotor zu entwickeln und die Serienmotoren sind als Basis einfach nicht geeignet. Der Weltmotor ist die beste Lösung, wenn man eine gewisse Haltbarkeit erreichen will.“

 

Sie sind Teamchef von Hyundai Motorsport. Was läuft neben dem Projekt Rallye-WM?

„Momentan gar nichts, wir konzentrieren uns zu 100 Prozent auf die Rallye-Weltmeisterschaft, das Werksteam und das Werksauto. Wir reden noch nicht mal über andere Vorhaben. Gerade weil die Zeit so knapp ist, müssen wir unsere ganze Energie in die WM stecken. Andere Disziplinen stehen im Moment nicht zur Debatte, genauso wenig wie Kundenautos. Es gibt keine Pläne für Markenpokale oder die Entwicklung von beispielsweise einer R2-Version.“

 

Wäre es nicht eine Chance, neben dem WRC auch ein RRC für nationale Meisterschaften zu entwickeln?

„Nächstes Jahr wird die FIA die Regeln anpassen, dann braucht man kein Regional Rallye Car mehr, um ein World Rallye Car zu bauen. Für uns ist das eine gute Sache, weil wir uns so voll und ganz auf das World Rallye Car konzentrieren können. In Wirklichkeit ist der einzige Nutzen der RRC-Version, dass sie einem WRC ein Leben danach ermöglicht. Der i20 wird der erste waschechte WRC nach 2014-Reglement.“

 

Wie ist der Stand, was die Teammitarbeiter angeht?

„Einige Schlüsselpositionen sind ja wie bekannt bereits besetzt. Als Chefingenieur wurde Bertrand Vallat verpflichtet, mit ihm habe ich bei Peugeot zusammengearbeitet. Er hat den 207 S2000 und zuletzt den 208 T16 entwickelt. Die PR-Abteilung wird von Thomas Villette geleitet, der für Peugeot und Toyota gearbeitet hat. Über mögliche Fahrer habe ich mir schon meine Gedanken gemacht, vor Ende des Jahres werden wir allerdings keine Gespräche führen. Aber eins ist sicher: Wir brauchen Leute mit Erfahrung.“

 

Für Sie persönlich ist es nach Toyota, Peugeot und Suzuki das vierte WM-Team. Wird der i20 ein Klon eines der früheren Projekte?

„Man darf nicht vergessen, dass Hyundai ganz andere Möglichkeiten bietet. Und was die technische Entwicklung angeht, sind alle Autos grundverschieden. Jedes WRC ist ein Kompromiss zwischen Serienmodell und dem Reglement. Man kann gelungene Konzepte nicht einfach von dem einen auf das andere übertragen. Was dort geklappt hat, muss auch hier Erfolg haben: So läuft das nicht. Besonders beim vorderen Ende bist du eng an das Serienmodell gebunden und kannst nicht machen, was du willst. Verschiedene Autos haben nunmal verschiedene Anforderungen.“

 

Wird die Arbeit bei Hyundai der Höhepunkt Ihrer Karriere?

„Zumindest wird es das letzte neue Projekt, das ich während meiner Motorsport-Karriere in Angriff nehme.“

 

Mit dem WM-Einstieg der Koreaner steht ein historisches Ereignis vor der Türe. Seit das Konzept WRC 1997 aus der Taufe gehoben wurde, haben zwölf verschiedene Marken bislang 19 unterschiedliche Modelle zur Homologation angemeldet. Dazu zählt auch der Hyundai Accent WRC, der von 2000 bis 2003 in der Weltmeisterschaft im Einsatz war. Der Hyundai i20 wird das 20. World Rally Car.

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