Eine weitere Besonderheit der Rallye Australien: Erstmals in dieser Saison gehen alle sieben Werksteams an den Start, wobei die fünf von Michelin ausgerüsteten Rennställe vor sehr verschiedenen Ausgangslagen stehen. Während Seriensieger Peugeot nach dem vorzeitigen Gewinn der Fahrer- und Marken-Weltmeisterschaft gleichermaßen entspannt und motiviert aufgeigen kann, versteht Citroën seinen Start als Schotter-Lehrstunde. Die in der Markenwertung fast gleichauf liegenden Abordnungen von Mitsubishi, Hyundai und Skoda kämpfen dagegen konzentriert um Platz vier in der Tabelle.
Wer könnte die Rallye Australien relaxter angehen als der frisch gebackene Titelträger? Marcus Grönholm hat nicht nur sein Saisonziel vorzeitig erreicht, sondern fühlt sich auf den anspruchsvollen Schotterstrecken in der Nähe der westaustralischen Metropole Perth auch pudelwohl. In den beiden Vorjahren gewann er den Event jeweils klar und peilt nun den Hattrick an: „Obwohl ich als erster Starter auf den rutschigen Schotter-Prüfungen einen Nachteil habe, will ich attackieren“, verspricht der schlaksige Finne. „Allerdings wird es nicht leicht, denn mein Teamkollege Richard Burns möchte unbedingt seinen ersten Sieg mit Peugeot feiern.“
Der Champion von 2001 gilt wie Grönholm als ausgemachter Australien-Spezialist: Dem Sieg 1999 folgten zwei zweite Plätze hinter dem Nordmann. Auf die leichte Schulter nimmt der Engländer die Prüfungen in Australien deshalb nicht: „Die Strecken führen oft durch Wälder. Die Bäume stehen dicht an der Fahrbahn und lassen nur wenig Raum für Fehler.“
Eine einzigartige Schwierigkeit im Rallye-WM-Kalender stellen die ganz speziellen, fast kugelrunden Kieselsteine dar, mit denen die welligen Wege übersät sind. Sie erinnern eher an Murmeln als an die von europäischen Rallyes bekannten Schottertypen und machen das Fahrverhalten der World Rally Cars teils unberechenbar. Gerade die zuerst startenden Autos leiden unter extremem Gripmangel. Wer das tückische Murmelspiel als Sieger beenden wird, hängt von zwei Faktoren ab: der Fähigkeit zum taktischen Fahren, um am richtigen Tag die optimale Startposition zu belegen, und von der richtigen Reifenwahl.
Mit Siegambitionen trägt sich das Citroën-Werksteam – das einen Xsara WRC für Jungstar Sebastien Loeb einsetzt – beim ersten Gastspiel in „Down under“ nicht. Dennoch nehmen die Franzosen den Start in Australien äußerst ernst: Sie wollen bereits im kommenden Jahr auch auf losem Untergrund voll konkurrenzfähig sein.
Unter den drei weiteren Michelin-Partnerteams spitzt sich der Dreikampf um Rang vier in der Konstrukteurswertung zu: Mitsubishi, Hyundai und Skoda drängeln sich in der Tabelle innerhalb von nur einem Zähler. Mitsubishi fühlt sich dabei von der beeindruckenden Vorstellung in Neuseeland beflügelt. Dort lag der Finne Jani Paasonen – der auch diesmal den verletzten Alister McRae vertritt – bis zu seinem Abflug in Reichweite eines Podestplatzes. Der fünffache Australien-Starter Francois Delecour erwartet gar ein noch besseres Abschneiden als beim zurückliegenden Lauf: „Aufgrund unserer Startposition finden wir eine viel sauberere Strecke vor als die WM-Führenden. Außerdem kann ich hier auf mehr Erfahrung zurückgreifen als in Neuseeland.“
Auch bei Hyundai stehen nach zuletzt drei Markenzählern wieder Punkte auf der Einkaufsliste. Die britisch-japanische Mannschaft vertraut dabei neben den Stammpiloten Armin Schwarz und Freddy Loix wieder auf Vierfach-Weltmeister Juha Kankkunen, der die Rallye Australien vier Mal gewann. Er bezeichnet den Event im australischen Frühling als seinen Favoriten im WM-Kalender und ist sicher: „Wir werden mindestens ein Auto in die Punkte bringen.“
Ein besonderes Highlight verspricht der 2,2 Kilometer lange Rundkurs im Langley Park von Perth. Besonders zum Aufgalopp am Halloween-Tag werden Unmengen von Rallye-begeisterten Zuschauern die Piste mit der spektakulären Sprungkuppe säumen. Insgesamt heizen die WRC-Boliden dreimal durch den ansonsten so ruhigen Stadtpark.