"Es ist schwer, Geld zu finden"

Finnischer Ausverkauf

Mit dem Doppelsieg von Marcus Grönholm und Mikko Hirvonen scheint die Welt im Land der 1000 Seen wieder in Ordnung zu sein, doch der Schein trügt.

<strong>HEILE WELT:</strong> Grönholm und Hirvonen siegen, aber wo sind die anderen Finnen?

Mitten in den Siegesfeierlichkeiten kam für Marcus Grönholm ein Tiefschlag. "Warum haben denn abgesehen von Ihnen und Mikko Hirvonen die anderen finnischen Fahrer so schlecht abgeschnitten?" fragte ein englischer Journalist während der Pressekonferenz.

 

Grönholm fing zunächst an zu stammeln: "Ich weiß gar nicht, wo der nächstbeste Finne gelandet ist." Dann erklärte der Tabellenführer: "Es ist einfach schwer, Geld aufzutreiben, deshalb sind viele gute finnische Fahrer erst gar nicht gestartet."

 

Tatsächlich war im WRC-Feld abgesehen von den Ford-Werksprofis und Jari-Matti Latvala die finnische Flagge auf den Seitenfenstern große Mangelware. Der sonstige Gruppe N-Fahrer Juho Hänninen blieb im Mitsubishi WRC mit Motorschaden liegen, Kristian Sohlberg überschlug sich im gleichen Auto schon auf der ersten Prüfung am Freitagmorgen. Bestplazierter Mann aus Suomi war hinter den Werks-Ford Kay Kuistila (ebenfalls auf einem Mitsubishi) auf Rang 13. In der Gruppe N mussten sich die Lokalmatadoren dem Schweden Patrik Flodin geschlagen geben, nachdem Anton Alén im Super 2000-Fiat nach diversen Problemen ausgefallen war. In der Junior-WM ist ohnehin kein namhafter Finne am Start. In Jyväskylä sorgte Youngster Jarkko Nikara mit seinem Gruppe N-Honda Civic immerhin zwischenzeitlich für tolle Zeiten.

 

Viele bekannte Gesichter fanden sich nur in Zivil am Serviceplatz. Der einst von Marcus Grönholm unterstützte Juuso Pykälistö lief mit einem T-Shirt durch die Gegend, auf dem in dicken Buschstaben "ausverkauft" zu lesen war. "Ich hänge zur Zeit nur rum", klagte der schmächtige Blondschopf. Gut im Futter dagegen steht Jani Paasonen. Der früherer Skoda-Werksfahrer hat dem Rallysport den Rücken gedreht und fährt nun Rallycross. "Da kostet mich eine ganze Saison 150.000 Euro. Dafür kriege ich nicht einmal einen einzigen WRC-Lauf finanziert." Ex-Teamkollege Janne Tuohino wurde In Jyväskylä lediglich am Steuer eines Kinderwagens gesichtet. 

 

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Von den Schützlingen von Star-Manager Timo Jouhki blieb Harri Rovanperä während des ganzen Wochenendes unsichtbar, Toni Gardemeister arbeitete als finnische Ausgabe von Günther Netzer im Fernsehen als Co-Kommentator. Immerhin ist Gardemeister noch aktiver Rallye-Fahrer. Im Rahmenprogramm trat er im eigenen BMW M3 in der historischen Gruppe F an, gewann alle fünf Prüfungen und holte sich seinen dritten Klassensieg in Folge.

 

"Der Rallyesport hat sich sehr verändert. Die traditionellen Teams lassen mehr und mehr Leute mit dicken Brieftaschen ihre Autos fahren", klagte er. Gardemeister verzichtete nach dem Frühling auf WRC-Starts im Mitsubishi. "Das Auto ist alt. Damit kannst du nur noch um Plaz fünf oder sechs fahren." Stattdessen kratzte der Ende der Neunziger als Supertalent gefeierte Finne sein Geld für einen Start im Citroën Xsara bei der Deutschland-Rallye zusammen. "Ich hoffe, damit kann man unter die ersten Drei kommen", sagt der Mann, dem gute Chancen auf ein Werks-Cockpit bei Suzuki nachgesagt werden. "Dass ich das Auto schon getestet habe, ist nur ein Gerücht", behauptet er. Dennoch: In Finnland glauben die Experten, dass Gardemeister den Start beim Heimspiel zugunsten der Deutschland-Rallye gestrichen hat, um sich auf das Debüt des Suzuki SX4 auf korsischem Asphalt vorzubereiten.

 

Verärgert über die Frage nach dem angeblich schwachen Abschneiden der Finnen in Jyväskylä ätzte Grönholm-Beifahrer Timo Rautiainen abschließend: "In zwei Wochen starten wir in Deutschland. Da könnt Ihr ja mal schauen, wie viel deutsche Fahrer wir auf den vorderen Plätzen finden."

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