Rallye Mexiko

Einer fehlt

Keine Nummer 1 in Sicht: Die Ära nach Sébastien Loeb ist angebrochen. Bei Citroën Racing sucht man vergebens nach dem Kaffee schlürfenden Weltmeister. Ein bisschen orientierungslos wirken die Roten schon. Nur mit der Pünktlichkeit ist es jetzt besser.

Servicepark - Rallye Mexiko - Citroën Racing
<STRONG>3, 2, ... NICHTS: </STRONG> Nach der Nummer 1 hält man in Mexiko vergeblich Ausschau

Allen war bewusst, dass der Tag kommt. Trotzdem ist im Servicepark von Mexiko spürbar, dass irgendetwas fehlt. Der Rallye-WM-Zirkus ist ohne den Rekordweltmeister irgendwie verloren. Als Hirvonen, Latvala, Sordo, Östberg und Ogier ihre erste WM-Rallye fuhren, kämpfte Loeb schon an vorderster Front. Eine Zeit ohne den französischen Überflieger haben sie alle nicht gekannt. Auch bei Citroën gibt es kaum jemanden, der vor Loeb in die Weltmeisterschaft eingestiegen ist.


Didier Clément war seit der Rallye Monte Carlo 2002 Loebs Ingenieur, bei der Rallye Mexiko kümmert sich „Dildo“ um das Auto von Dani Sordo. „Man muss ein Kapitel eben auch abschließen können“, meint Clément im Gespräch mit „Best of Rally live“. Reifendoktor Jacky hat unzählige Sätze für Loeb präpariert. „Natürlich ist es komisch. Auf meinen letzten Bestellschein für Michelin habe ich Loeb anstelle von Sordo geschrieben ...“


Auch in der Kantine taucht Seb noch hier und da zumindest auf dem Papier auf. „So ist er noch ein bisschen bei uns“, grinst Küchenchef Will. „Ohne Seb und Danos ist es viel ruhiger, vorher gab es zur Kaffee- oder Aperitif-Zeit hier einen wahren Ansturm. Ansonsten ist es eine Rallye wie jede andere. Aus Gewohnheit habe ich allerdings Croque Monsieurs vorbereitet, dass die einen Abnehmer finden, glaube ich aber nicht. In Finnland scheint es eher Rührei zum Frühstück zu geben.“


Auch für Pressefrau Marie-Pierre Rossi ist das Wochenende eine neue Erfahrung. „Wir haben uns darauf eingestellt, aber seltsam ist es schon. Ich habe Seb eben eine SMS geschickt, um ihm zu sagen, dass ich ihn an der Kaffeemaschine suche ...“ Die PR-Verantwortliche hat Loeb zu 115 Pressekonferenzen begleitet und kann noch nicht ganz loslassen. „Alle sagen sich: In Argentinien ist er ja wieder da!“


Physiotherapeut Marc Germain, der Loeb und Elena seit 2004 jeden Rallye-Morgen aus dem Bett geworfen hat, muss sich ebenfalls umstellen. „Ganz einfach: Seb und Danos sind Weltmeister, seit ich da bin. Sonst gingen wir montags zusammen einen Happen essen. Dieses Mal saß ich alleine im Restaurant und habe Seb eine Nachricht geschickt.“ Die Antwort kam umgehend: „Amüsiert euch gut in eurer Halle, hat er geschrieben. Ich habe geantwortet: Dreh du deine Runden in deinem McLaren!“


„Ja, die Zeiten haben sich geändert“, findet auch Teamchef Yves Matton, der seit Loebs Anfangsjahren bei Citroën Racing ist. „Zum Beispiel sind wir für einmal pünktlich vom Hotel aufgebrochen“, witzelt Matton. „Mal im Ernst: Natürlich werden sich die Zahlen ändern. Wir werden lernen müssen, etwas seltener zu gewinnen. Ich habe aber an das ganze Team appelliert, motiviert zu bleiben und eine Einheit zu bilden. Die neue Situation ändert nämlich nichts daran, dass unsere 'rote Armee' um den Herstellertitel kämpfen wird!“


Vor einem Jahr haben Sébastien Loeb und zeitgleich Papst Benedikt XVI. in Leon die Massen begeistert. Zwölf Monate später sind beide in Rente. Die Suche nach den Nachfolgern läuft ...

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