RALLYE DEUTSCHLAND

Die denkwürdige ‚Deutschland‘ 2004

Der WM-Lauf in Deutschland 2004 blieb als Ereignis mit vielen Dramen in Erinnerung. Sebastien Loeb gewann zum dritten Mal hintereinander in Trier, geriet aber unter immensen Druck durch den Ford-Piloten Francois Duval. Dazu trugen auch die katastrophalen Wetterbedingungen bei, denen unter anderem einige der Top-Fahrer zum Opfer fielen. Traurige Bilanz: Fünf Werksfahrer beendeten das Wochenende im Krankenhaus.

Die Rallye Deutschland war die erste reine Asphalt-Rallye im WM-Kalender 2004 und die erste, bei der die sogenannten „Gravel-Crews“ nicht mehr eingesetzt wurden – jene Vorabfahrzeuge, die im Auftrag der Teilnehmer das „Gebetbuch“ noch einmal mit den wirklichen Streckenbedingungen abglichen. Heute sind sie als „Safety-Crew“ wieder zugelassen, denn der Verzicht auf diese Sicherheitsmaßnahme wurde für die zahlreichen schweren Unfälle verantwortlich gemacht.

Der zweifache Weltmeister Marcus Grönholm beendete seine Rallye Deutschland bereits wenige Meter nach dem Start in der allerersten Kurve der ersten Wertungsprüfung. Dieselbe Glanzleistung wie der Peugeot 307 WRC-Fahrer vollbrachten auch Gilles Panizzi und Dani Sola jeweils mit ihren Mitsubishi. Den jedoch mit Abstand heftigsten Unfall erlitt Petter Solberg, der nach einer blinden Kuppe untersteuernd mit einem der berüchtigten „Hinkelsteine“ am Streckenrand Bekanntschaft machte. Nach dem Kontakt mit der Panzersperre rollte sich sein Subaru übers Dach ab. Vom Auto blieb nicht mehr viel übrig …

„Wir konnten es nur hören“, berichtete ein Zuschauer aus dem Militärgelände Baumholder gegenüber Best-of-Rallylive. „Nach dem Start lud er die Gänge durch, hinein in eine leichte Rechtskurve. Durch die Bäume konnten wir einen Blick auf den Subaru erhaschen, er war bereits sehr schnell, wohl im fünften oder sechsten Gang unterwegs in eine leichte ,Links voll‘ über eine Kuppe vor der schnellen Linkskurve in der wir standen. Danach war das Auto wieder hinter Bäumen verborgen. Das Motorengeräusch verstummte plötzlich und wir hörten einen brutalen, vermutlich mehrfachen Einschlag. Bei uns kam Petter nicht mehr vorbei …“

Solbergs Beifahrer Phil Mills wurde vorsorglich die Nacht über ins Krankenhaus einquartiert und leistete damit den Panizzi-Brüdern, Dani Sola und dessen Copilot Xavier Amingo Gesellschaft. Als einziger musste er auch die Nacht im Hospital verbringen.

Am zweiten Tag bereitete das Wetter den Teams Probleme: Durch das neu eingeführte Reifen-Reglement wurde die richtige Wahl der Pneus noch schwieriger und zum entscheidenden taktischen Mittel. Anders als heute, bestand in der Saison 2004 noch die Möglichkeit, die Laufflächenprofile nachzuschneiden, was eine erheblich größere Bandbreite an Reifenoptionen nach sich zog.

Doch ein Fahrer stach im Unwetter und auf den rutschigen Pisten besonders hervor: François Duval, hoffnungsvolles Nachwuchstalent aus Belgien, gewann  mit seinem Ford Focus fünf Wertungsprüfungen, nur zwei weniger als der um seinen dritten Deutschland-Sieg kämpfende Sebastien Loeb. Duval hätte sogar noch härter angreifen können, wurde jedoch von technischen Problemen etwas gebremst, gab aber alles – wie sein Copilot Stéphane Prévot zugab: „Wir sind bestimmt zehn Mal von der Strecke abgekommen …“

Am Ende musste Duval die oberste Stufe auf dem Podium Sébastien Loeb überlassen, der einen Vorsprung von einer halben Minute herausgefahren hatte. Carlos Sainz wurde mit immerhin 40 Sekunden Rückstand auf Duval Dritter. Mit dem fünften WM-Laufsieg stellte Loeb die Weichen für den ersten von neun WM-Titel.

Mikko Hirvonen ist mittlerweile der einzige aus der damaligen Spitzengruppe, der auch heute noch in der Rallye-WM vorne mitfährt. Seine Kollegen sind in den vergangenen zehn Jahren in andere Motorsportkategorien gewechselt oder haben den Helm an den Nagel gehängt. François Duval zum Beispiel investiert seine Zeit heute in den Werkstattbetrieb seiner Familie, taucht aber gelegentlich bei Rallye- oder Rallycross-Veranstaltungen wieder auf.

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