Petter Solberg World Rally Team

Als Solberg schon einmal WRC-Teamchef war

Petter Solberg träumt davon, in zwei Jahren sein eigenes WRC-Team zu haben. Vor knapp zehn Jahren war es bereits schon einmal so weit. In einem Citroën Xsara nahm es der Norweger mit den Werksteams auf.

Der Moment hatte Symbolcharakter. Eben noch ließ sich Petter Solberg in gewohnter Weise auf der Ehrenrunde des Memorial Bettega 2008 feiern, dann plumpste er vom Dach seines Subarus. Das Auto rammte sich führerlos in die Seitenbegrenzung und Solberg war die Lachnummer des Tages. Es war die letzte Aktion im WM-Programm von Subaru und bezeichnend für das Ende der langjährigen Partnerschaft zwischen Solberg und den Japanern, die sich immer mehr abgekühlt hatte. Der plötzliche Ausstieg zwang Petter zum Handeln und machte ihn zum Besitzer eines eigenen Teams, mit dem er 2009 gegen Citroën und Ford antrat. Wir blicken zurück auf die Anfänge des „Petter Solberg World Rally Teams“.

Zehn Jahre war Petter Solberg bereits Profi und sah sich plötzlich mit dem Ende seiner Karriere konfrontiert. Subaru hatte überraschend den Stecker gezogen, alle übrigen Werksautos waren belegt und für den Norweger schien es in der Weltmeisterschaft 2009 keinen Platz mehr zu geben. „Sofort nachdem wir hörten, dass Subaru aussteigen würde, mussten eine Menge Entscheidungen getroffen werden“, erinnert sich Petter an jene turbulente Dezember-Tage im Jahr 2008 zurück. „Meine Frau und ich sahen die Möglichkeit ein eigenes Team zu gründen, aber die Zeit lief uns davon.“

Solberg schnappte sich den Telefonhörer und klingelte bei seinem alten Prodrive-Spezi Ken Rees durch, der das Subaru-Werksteam gemanagt hatte. „Ich sagte ihm, wir müssen jetzt wirklich ranklotzen, aber er meinte nur, dass er gerade beim Einkaufen in England wäre“, schildert Petter das erste Telefonat. Doch Solberg ließ nicht locker und flehte Rees an, noch am selben Abend nach Monaco zu kommen, um einen Plan für die Saison 2009 auszuhecken. Rees lässt sich tatsächlich beknien, verschob die anstehenden Weihnachtseinkäufe und reiste am nächsten Morgen zu Solberg.

Aber wollte sich der immer fröhliche Blondschopf wirklich dem Stress eines eigenen Teams aussetzen? „Alles was ich bisher im Motorsport gemacht habe, hat mir Freude bereitet. Ich bin bei vielen anderen Dingen in meinem Leben nicht so gut, aber ich habe Träume und will diese ausleben, vor allem wenn sie mit Rallyesport zu tun haben. Marcus Grönholm und Tommi Mäkinen fragten mich, warum ich mir nicht für ein Jahr eine Auszeit nehme und dann wiederkomme. Darüber hatte ich zu keinem Zeitpunkt nachgedacht. Ich wollte nicht aufhören, ich hatte schließlich Ideen“, machte Petter klar.

Die Entscheidung, ein eigenes Rallyeteam zu gründen, ist das eine. Zu wissen, wie man das anstellt, eine andere. „Wir hatten so viele Ideen in unseren Köpfen“, blickt Solberg zurück. „Wie bekommen wir einen großen Sponsor, nachdem wir das Team benennen können, oder sollten wir bei Petter Solberg World Rally Team bleiben? Natürlich war es schwierig, in so einer kurzen Zeit einen Hauptsponsor zu finden, also hatten wir eine Entscheidung weniger zu treffen.“

Viel wichtiger war die Frage: Mit welchem Auto tritt Solberg künftig an? „Als Subaru alle WM-Aktivitäten stoppte, hieß das nicht, dass ich auch aufhören wollte, Subarus zu fahren. Auf hartem Untergrund war der Impreza ein sehr gutes Auto. Wir hatten nur Probleme mit den Dämpfern, wenn diese zu heiß wurden. Es gab eine Chance mit Subaru weiterzumachen, aber das ist eine andere lange Geschichte. Man wollte das Projekt fortsetzen und verschiedene Sachen anders machen, aber politisch war dies nicht einfach durchzusetzen“, schildert Solberg. „Sofort nachdem sie erklärten, aus der Rallye-Weltmeisterschaft auszusteigen bin ich nach Japan geflogen und habe dort mit vielen Leuten gesprochen, bis hin zum Subaru-Boss. Es gab zwar eine Menge Tränen, aber es lief nicht gut. Sie konnten die Dinge nicht in der Art und Weise möglich machen, die wir gerne gehabt hätten. Dennoch stehe ich weiterhin in engen Kontakt mit ihnen. Ich habe nach meinem zweiten Platz in Mexiko so viele Glückwünsche von Subaru bekommen und wer weiß, vielleicht kommen wir eines Tages zusammen zurück?“

Citroën oder Ford?

Nach der Absage von Subaru blieben nur noch Citroën und Ford. Von beiden Seiten gab es Offerten und zunächst sah alles danach aus, dass man sich mit Ford einig werden könnte. „Malcolm Wilson hat uns ein wirklich gutes Angebot gemacht. Aber es schien alles darauf hinaus zu laufen, Teil des B-Teams zu werden, was ich aber nicht wollte. Teil der zweiten Werksmannschaft hätte wirtschaftliche Vorteile gehabt, aber dann dachte ich daran, dass mein Bruder Henning schon dort ist und ich war mir nicht sicher, wie die Dinge mit uns gelaufen wären. Vielleicht hätte es Spaß gemacht, aber ich glaube nicht, dass Henning die Idee mochte. Es wäre möglicherweise für sein Ansehen im Team schlecht gewesen“, erklärt Petter. „Im Ford-B-Team zu fahren wäre sicher nur eine kurzzeitige Option gewesen. Auf lange Sicht wollte ich lieber Geld in mein eigenes Projekt stecken und hart für meine Zukunft arbeiten. Es gab nur zwei Optionen: Entweder ein Platz in einem Werksteam, den es aber nicht gab, oder auf eigenen Beinen stehen.“

Der Focus war ein sehr gutes Auto und auch wirtschaftlich gesehen sprach viel für M-Sport. „Sie waren sehr gut zu mir“, so Solberg. „Aber ich wollte um den Titel kämpfen und 2009 gab es viele Asphaltläufe, was vorteilhafter für den Citroën war. Geht es am Ende eng zu, kann dies der ausschlaggebende Faktor sein“, urteilt Petter. Doch noch sollten sich die Türen bei Citroën Frankreich nicht so einfach für ihn öffnen. „Es gab eine Menge Politik. Unglaublich, was das für ein hartes Stück Arbeit für uns war. Aber ich hätte mir nie vorstellen können, in einem acht Jahre alten Auto mit Citroën zu beginnen. Dennoch war ich besser mit diesem Auto, als mit den letzten Subarus. Zu Beginn war der alte Xsara die einzige Möglichkeit für uns. Ich hatte einfach noch nicht das nötige Geld um ein moderneres Auto zu fahren.“

Wechsel vom Xsara auf den C4 WRC

Die weitere Zusammenarbeit mit den Franzosen gestaltete sich weniger kompliziert. „Ich hatte ja bereits mit 'FX' (Francois-Xavier Demaison) meinem Ingenieur bei Subaru und Pierre Genon, der früher ebenfalls bei Prodrive war, zusammengearbeitet. Ich wusste also wie man mit ihnen umgeht. FX ist ein netter Typ, der sich den Hintern für seine Arbeit aufreißt. Ich mag ihn sehr. Er ist sehr erfahren und umgänglich, auch wenn er manchmal aufbrausend ist. Immer wenn wir uns streiten, dann haben wir einen guten Grund dafür. Er arbeitet in Vollzeit für uns und weiß, dass ich keine Probleme, sondern Lösungen haben will. Ich habe keine Zeit für Probleme, und FX findet eben die Lösungen.“

Es war schwierig das nötige Geld zu beschaffen. Solberg hatte einige schlaflos Nächte, musste immer wieder Leuten auf die Füße treten und vernachlässigte die Familie. „Manchmal habe ich mich selbst gewundert, dass wir uns überhaupt noch bemühen und nicht aufgegeben haben. Für 2010 alles unter Dach und Fach zu bekommen war noch schwieriger. Es gibt nicht nur mehr Rallyes, auch mehr Überseeläufe und verglichen mit unseren zehn Einsätzen 2009 musste unser Budget plötzlich verdoppelt werden. Die höheren Kosten liegen auch am Umstieg auf den C4. Wir brauchten außerdem ein zweites Rallyeauto, einen extra Container und Ersatzteile.“ Doch die Mühen waren prompt vergessen, als Solberg bei seinem ersten Auftritt als Privatier die Bestzeit holte. „Der Moment, als wir die Rallye Norwegen anführten, war so emotionell. Ich hätte mich zufrieden in die Ruhestand verabschieden können, aber in diesem Augenblick die Begeisterung der Fans zu spüren war unglaublich.“

Auf engen und kurvigen Prüfungen war der alte Xsara durchaus konkurrenzfähig. Wurde es jedoch schneller, war Schicht im Schacht. „Ging es um Motorleistung und Federweg, zeigte sich das Alter des Autos“, so Solberg. „Alles andere war ok. Weil das Werksteam bereits den C4 nutzte, gab es keine Entwicklung mehr für den Xsara, der nun veraltet war. Wenn sie wieder 20 PS mehr gefunden haben, konnte man nicht kontern.“

Wenn Solberg an 2009 zurückdenkt, dann fallen ihm Zypern, Finnland und Griechenland als seine besten Auftritte ein. „Bei diesen Rallyes konnte ich wirklich schnell fahren, aber auch nur, weil ich viel Risiko einging. In Griechenland hatte ich gerade Mikko Hirvonen die Führung abgenommen, da brach das Domlager und der Dämpfer durchstieß die Motorhaube. Das war die größte Enttäuschung der Saison. Ich hatte die Chance, diese Rallye zu gewinnen.“

Mit neuer Motivation ging es in die Saison 2010. „In diesem Jahr haben wir den C4 und spätestens in Mexiko gezeigt, dass mit uns zu rechnen ist. Der Xsara war einfach zu fahren und machte viel Spaß. Der C4 ist stabiler, hat eine bessere Traktion, einen stärkeren Motor und man merkt, dass es das bessere, wenn auch größere Auto ist“, fährt Petter fort. Dass sich das französische Werksteam noch ein paar Asse in der Hinterhand behält, musste er auch bald erfahren. „In Jordanien hatten wir dieselbe Spezifikation wie Sebastien Loeb, nur das Getriebe ist noch anders. Das macht aus meiner Sicht kaum einen Unterschied. Das Werksteam wollte uns nicht das aktuellste Getriebe verkaufen, das nach ihren Aussagen leichter ist. Also nahmen mein Beifahrer Phil Mills und ich eben Gewicht ab und blieben beim alten Getriebe“, grinst Petter und gibt umgehend zu. „Diese Geschichte haben wir für die Medien gemacht, denn ich brauche ständig Publicity. Nur so bekomme ich Sponsoren, denn die kommen nicht von alleine.“

Doch nicht nur nette Geschichten für die Öffentlichkeit zählen, auch nennenswerte Ergebnisse müssen her und die hat Solberg vorzuzeigen. „Das Ergebnis in Mexiko hat uns viel Gutes gebracht“, freute sich Petter und gibt Einblick in seine Gemütslage. „Ich hatte mich fast schon mit Rang drei zufriedengegeben, denn Sebastien Ogier konnten wir am letzten Tag eigentlich nicht halten. Aber ich war wild entschlossen doch noch Zweiter zu werden. Ich möchte immer 100 Prozent geben und gehe dafür mehr Risiken als andere ein. Ich hatte an jedem Tag genau studiert, wie die anderen Fahrer die Zuschauerprüfung fahren. Ich merkte, dass ich zu unsauber gefahren war, also konzentrierte ich mich voll auf die letzte Prüfung und konnte Ogier noch vom zweiten Rang verdrängen. Ich hatte die ganze Zeit meinen Atem angehalten und war im Ziel völlig leergepumpt.“

Trotz guter Leistungen als Privatier plagen ihn weiterhin Geldsorgen. „Noch fehlt mir ein Sponsor, der hoffentlich im Laufe des Jahres dazukommt“, gibt Solberg zu. „Dann könnte ich die komplette Saison durchfahren.“

Wie läuft die Zusammenarbeit mit Citroën? Ob Solberg Sorge hat, dass man ihn zum Spielball im WM-Kampf gegen Ford macht? „Ich mag keine Spiele. Ich muss ihnen vertrauen und kann nichts anderes machen. Sie wollen mir die Sachen geben, die auch Sebastien Loeb bekommt. Ich habe keine andere Wahl und muss ihnen glauben.“

Privatteams haben zwar einige Reglement-Freiheiten mehr als die Werksmannschaften, können diese aber wegen ihrer knappen Budgets kaum nutzen. Außerdem hat man ganz andere Dinge im Kopf. Solbergs Frau Pernilla kümmert sich um die familieneigenen Firma „PS Collection“, die Kleidung und Zubehör vertreibt. Jede Shell-Tankstelle in Norwegen bietet Sachen von Solberg an und der erzielte Erlös wandert direkt in die Unterstützung des Teams.

Sohn Oliver als Geschäftsmann

„Ich sitze in Jordanien und Pernilla muss sich zu Hause um alles kümmern. Mein achtjähriger Sohn Olivier begleitet mich, ihm macht das richtig Spaß hier. Ich versuche ihm ein wenig das Handeln und Feilschen beizubringen. Er bekam ein paar Mützen von mir und was passierte? Er tauschte diese gegen Eis für das ganze Team ein. Kannst Du handeln und feilschen, kannst du alles! Jedenfalls solange man ehrlich und glücklich ist und du nett zu den Menschen bleibst. Das ist die wirkliche Geschichte hinter dem Petter Solberg World Rally Team.“

Was denken andere Leser?Jetzt im Forum nachlesen ... « zurück