Rallye News

"Ungeheur handlich..."

Rauno Aaltonen arbeitete in den folgenden Jahren als Werksfahrer bei Lancia, Saab, Nissan, Citroën, Fiat und Opel. 1976 gründete der auch als ?Rallye-Professor? für seine analytischen und didaktischen Talente bekannt gewordene Finne gemeinsam mit Börries von Breitenbuch das BMW Fahrer-Training und wurde Chefinstruktor. Dieses Engagement für den Motorsport und die Verkehrssicherheit honorierte die finnische Regierung 1981 mit der Verleihung des Ritterordens ?Finnischer Löwe?.

Erinnern sie sich noch an Ihre erste Rallye Monte Carlo im Mini?

Ja, das war 1962. Es war meine erste Rallye Monte Carlo überhaupt.

Ich hatte zuvor den BMC-Sportchef Stuart Turner angerufen, den ich von den Sommerrallyes her kannte, und nach einem Auto für die Rallye Monte Carlo gefragt. Er hatte bereits zwei Wagen gemeldet, mit Geoff Mabbs und Pat Moss als Fahrern. Weil die Meldefrist fast schon abgelaufen war, wurde ich offiziell Beifahrer von Mabbs, tatsächlich aber saß ich am Steuer.

 

Wie waren Ihre ersten Eindrücke?

Erstmals wurde damals der Mini Cooper in einer größeren Rallye eingesetzt. Und das Auto ging überraschend gut. Ich hatte nicht erwartet, dass es beim ersten Einsatz schon so zuverlässig sein würde. Immerhin lagen wir wenige Sonderprüfungen vor Ende der Rallye auf dem zweiten Platz im Gesamtklassement.

 

Was ist dann passiert?

Ich hatte einen Unfall. Es war trocken, ich war nicht zu schnell, aber touchierte an einer engen Passage mit der linken Seite die Felswand und flog von der Straße. Das Auto hat sich sechsmal überschlagen und ist dann explodiert. Möglicherweise war die Rechtslenkung der Grund für meinen Fahrfehler, ich weiß es nicht. Der Beifahrer kam zuerst aus dem Auto, ihm ist nichts passiert.

 

Was hat Ihnen am Mini Cooper am meisten gefallen?

Als ich das Auto zum ersten Mal sah, dachte ich, es müsste wohl ungeheuer handlich sein, mit den Rädern außen an den Ecken. Und so war es dann auch. Das Team hat Auto und Motor hervorragend vorbereitet. Alles, was innerhalb des Reglements erlaubt und möglich war, wurde auch wahrgenommen. Mein Mini Cooper von 1962 hatte eine andere Nockenwelle von einem Rundstreckenauto und damit wahrscheinlich 85 PS. Auch das Getriebe war wohl etwas anders übersetzt als im Serienfahrzeug. Natürlich musste man die relativ bescheidene PS-Leistung ausgleichen und den Berg runter schneller fahren als die Konkurrenz. Das ging mit dem leichten Mini aber auch sehr gut.

 

Es gehörte aber auch exzellentes Fahrkönnen dazu...

Als Erfinder des Linksbremsens hatte ich im Mini Cooper große Vorteile.

Ich habe das 1958 entwickelt, als ich von den Autos mit Heckantrieb erstmals auf den frontgetriebenen Saab wechselte. Anfangs habe ich in Kurven immer große Löcher in den Schnee gemacht, weil ich geradeaus gerutscht bin. Die Kollegen sagten dann feixend zu mir, es gäbe da in der Mitte einen Hebel, mit dem könne man bremsen. Aber der Einsatz der Handbremse erschien mir nicht logisch, weil es besser ist, beide Hände am Lenkrad zu haben. Deshalb habe ich auf dem Saab das Linksbremsen entwickelt, das den zusätzlichen Vorteil hat, dass beim Bremsen mehr Last auf die Vorderachse kommt. Die anderen Fahrer konnten das nicht so gut. Auch nicht, als ich später den Mini fuhr.

 

Was haben Sie sich damals für den Mini Cooper am meisten gewünscht?

Größere Räder! Wir hatten immer Reifenprobleme. Die kürzeste Sonderprüfung während der Rallye Monte Carlo führte nur über zwölf Kilometer. Aber bereits danach war die komplette Lauffläche wegradiert. 13 Zoll-Reifen wären sehr viel besser gewesen. Zwölf Zoll hätten schon genügt. Aber es ging nicht.

 

Waren die kleinen Räder nicht auch im Schnee ein Nachteil?

Nein, denn wir hatten mit Abstand die besten Reifen. Wir sind damals auf finnischen Winterreifen gefahren. Die finnische Reifenindustrie war mit der Entwicklung von Haftreifen um Jahre voraus. In Finnland gibt es keine hohen Berge, deshalb gibt es auch keine Schneeketten. Also entwickelte man die Haftreifen. Damit waren wir den Konkurrenten total überlegen. Später kamen noch die Spikes dazu. Aber die haben sich oft auf trockener Straße überhitzt und sind dann rausgeflogen.

 

Haben Sie noch Kontakt zu ihren Kollegen von damals?

Ab und zu trifft man sich. Vielleicht einmal im Jahr. Paddy Hopkirk ist älter als ich und deshalb nicht mehr so aktiv. Timo Mäkinen lebt in Helsinki,

hat aber nicht so viele Sprachkenntnisse und bleibt deshalb lieber in Finnland.

 

Haben Sie auch amüsante Erlebnisse mit dem Mini gehabt?

Aber sicher. Ein Beispiel: Nach der Disqualifikation 1966 war ich im Dezember erneut zum Training für die Rallye Monte Carlo 1967 in den Seealpen. Aber sonntags konnte man nicht fahren, es waren einfach zu viele Skitouristen unterwegs. Also entschloss ich mich, auch Skilaufen zu gehen. Aber es gab keinen Parkplatz mehr und so stellte ich den Mini Cooper mitten auf den Marktplatz. Als einziges Auto. Sofort kam wütend ein französischer Polizist angelaufen und fragte, ob ich nicht verstünde, dass ich da nicht parken darf. Er verlangte meinen Führerschein; als er aber meinen Namen las, sagte er nur: Oh Herr Aaltonen, für Sie ist alles erlaubt. Und dann entschuldigte er sich noch für die Veranstalter der Rallye, dass sie uns disqualifiziert hatten. Aus heutiger Sicht kann man sagen, dass diese Disqualifikation dem Mini eine ungeheure Beliebtheit und Bekanntheit eingebracht hat. Mehr noch als jeder Sieg vielleicht.

 

Wissen Sie noch, wie viele Rallyes Sie mit dem Mini gefahren sind?

Nein, das weiß ich wirklich nicht mehr. Aber in den 60er Jahren bin ich hauptsächlich auf Mini Cooper gefahren. Ich hatte in dieser Zeit mehr Gesamtsiege als jeder andere Rallyefahrer auf der Welt. Und fast alle waren auf Mini Cooper.

 

Wann sind Sie zum letzten Mal mit dem klassischen Mini gefahren?

Als Werkseinsatz im Jahr 1968. Aber Mitte der 80er Jahre bin ich noch mal bei einem Rundstreckenrennen mit einem privaten Mini Cooper gestartet.

 

Mit welchem Ergebnis?

Ich habe gewonnen. Es war eine sehr enge Rennstrecke.

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