TTS schafft ohne Fahrer legendäre Strecke

Pikes Peak 2.0

Im September 2010 absolvierte ein Audi-Prototyp vollkommen eigenständig die knapp 20 Kilometer lange Pikes-Peak-Bergstrecke in den Rocky Mountains.


AUTOFAHREN 2.0: Audi betont ausdrücklich, dass die E
lektronik den Fahrer entlasten, nicht abschaffen soll
 

Keine Sorge. Dem Spaß am Autofahren fühlt sich Audi weiterhin verpflichtet. Aber man will es sicherer machen. Eine Fülle an Assistenzsystem gibt es bereits, künftig sollen es noch mehr werden. Den aktuellen Stand der Dinge demonstrierte Audi mit dem Technikträger "Audi Urban Mobility". Beim Vorabend-Event des Volkswagen-Konzerns zum Genfer Automobilsalon fuhr ein umgebauter Audi TTS ohne Fahrer auf die Bühne.

 

Im September 2010 absolvierte der Prototyp vollkommen eigenständig die legendäre, knapp 20 Kilometer lange Pikes-Peak-Bergstrecke in den Rocky Mountains. Dabei galt besonders der wechselnde Untergrund von Asphalt und Schotter als Herausforderung. Bei diesem Projekt kam eine Elektronik zum Einsatz, die dem Fahrer hilft, gefährliche Situationen zu vermeiden. Dafür musste Software entwickelt werden, welche die raschen Entscheidungen und schnellen Manöver professioneller Rallyefahrer unter schwierigsten Straßenbedingungen reproduzieren konnte.

 

Die Rechner-Hardware im TTS-Forschungsfahrzeug ist nicht wesentlich komplizierter als die eines Standard-Laptops. Gegenwärtig werden im Fahrzeug zwei im Gepäckraum untergebrachte Computer eingesetzt. Auf dem einen laufen sicherheitsrelevante Algorithmen unter Nutzung von Real Time Java (Java RTS) von Oracle. Auf dem anderen laufen Fahrzeugdynamik-Algorithmen. Diese Algorithmen ermöglichen es dem TTS, auf verschiedenen Oberflächen, bei unterschiedlichen Geschwindigkeiten und Bedingungen souverän zu agieren. Das GPS mit Differentialsignal ist in der Lage, den TTS innerhalb von etwa zwei Zentimetern zur Mittellinie einer normalen Fahrstraße zu halten.

 

Die Verbindung zum Rallye-Sport war für das Projektteam eine wichtige Inspiration. Viele führende Automobiltechnologien, die heute in einem Audi zu finden sind, haben sich aus dem Motorsport entwickelt. In naher Zukunft soll die Elektronik zwar nicht den Autobesitzer auf den Pikes Peak bringen, aber Routineaufgaben wie z.B. das Anfahren eines bestimmten Parkplatzes in einem mehrstöckigen Parkhaus übernehmen.

 

Audi und der Pikes Peak

 

Für Audi hat der 4.301 Meter hohe Berggipfel in der Nähe von Colardo Springs eine besondere Bedeutung. Nach dem Ende der Gruppe B blieb dem legendären S1 noch ein letzter Triumph vergönnt – der Sieg im Bergrennen 1987 mit Walter Röhrl am Steuer.

 

Der Start liegt auf 2.866 Meter, bis zum Ziel auf dem Gipfel sind es 19,99 Kilometer. Die Serpentinenpiste mit ihren 156 Kurven bestand damals zum großen Teil aus Sand und Schotter über einem festen Untergrund aus Lehm. Die Strecke ist auf den Geraden sechs Meter und in den Kurven bis zu 15 Meter breit, Leitplanken fehlen. Immer wieder geht es an scharfen Graten wie an einer Tischkante entlang, am Punkt „Bottomless Pit“ gähnt ein Abgrund von 1.800 Meter Tiefe.

 


FLÜGELMONSTER: Der Audi S1 Pike Peak war die Spitze
der Gruppe-B-Aufrüstung

 

Audi trat 1984 zum ersten Mal am Pikes Peak an. Michèle Mouton wurde mit dem Sport quattro Zweite, 1985 gewann sie das Rennen. 1986 setzte der Lokalmatador Bobby Unser im S1 mit 11:09,22 min eine neue Bestmarke; im Jahr darauf folgte ihm Walter Röhrl. Sein Sport quattro S1 war ein Konzept nackter Funktionalität, ans äußerste Limit getrieben. Der Fünfzylinder gab etwa 440 kW (knapp 600 PS) und 590 Nm Drehmoment ab; das Umluftsystem hielt den großen Turbolader am Laufen. Ein Doppelkupplungsgetriebe leitete die Momente auf einen quattro-Antriebsstrang mit drei Sperrdifferenzialen. Hinter den 16-Zoll-Rädern mit den geschnittenen Slicks saß eine kleine und leichte Bremsanlage, allein zum Bergauffahren gemacht. Der S1 wog nur etwa 1.000 Kilogramm, über dem Gitterrohrrahmen spannte sich eine Außenhaut aus Stahlblech und Kunststoff. Gewaltige Flügel an Bug und Heck drückten die Karosserie auf den Boden, selbst aus den Flanken wuchsen Seitenleitwerke heraus.

 

 

Am Renntag, dem 11. Juli, startete Röhrl als Vorletzter, vor dem Trainingsschnellsten Ari Vatanen (Peugeot). Am Steuer ruhig und abgeklärt wie immer, bewältigte der Bayer den höchsten Highway der Welt in der neuen Rekordzeit von 10:47,85 min. Viermal brachte er den Sport quattro S1 in den sechsten Gang, an der schnellsten Stelle wurde er mit 196 km/h gemessen. Röhrl schlug Vatanen um knapp sieben Sekunden.

 

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