ÖRM 2016

Grössing: "Mundl im Wunderland"

Gerwald Grössing, einer der Hauptkandidaten für einen WRC-Einsatz in der „geöffneten“ österreichischen Rallye-Staatsmeisterschaft im kommenden Jahr, stoßen die Aussagen Raimund Baumschlager mehr als sauer auf. Jetzt nimmt er zu den Aussagen des Rekordstaatsmeisters Stellung – und dabei kein Blatt vor den Mund.

Gerwald, du hast das aktuelle Interview mit Raimund Baumschlager zum Anlass genommen, um Dich bei uns zu melden und Deine Sicht der Dinge darzustellen. Worum geht es Dir genau?
Dass der Raimund, wann immer er einen leichten Gegenwind verspürt – sei es seitens der Gegner auf den Prüfungen, oder wenn das Reglement nicht in seine Richtung spielt – dazu neigt, ein gewisses Grundniveau zu verlassen und mit Rundumschlägen beginnt, die eines Staatsmeisters schlicht und einfach nicht würdig sind.

Jetzt hat der Raimund ja zum dem Thema Reglementöffnung relativ viel gesagt. Was genau davon bringt Dich besonders auf die Palme?
Vieles. Aber fangen wir mit seinen Aussagen zum Thema Rennsprit und Seriensprit an: Der Raimund war einer der Ersten, der sich dafür eingesetzt hat, dass wir mit Seriensprit fahren. Wir waren uns damals einig, dass wir – wenn es für alle gilt – ruhig mit Seriensprit fahren können, da dann keiner einen Nachteil hat. Er war bei dieser Entscheidung genauso eingebunden und dafür wie alle anderen. Das Ganze war für den Raimund also kein „Überraschungs-Ei“ oder etwas, das er eigentlich gar nicht haben wollte, so wie er es jetzt immer darstellt. Er war genauso für die Kosteneinsparungen wie alle anderen.

Das wird aber nicht das Einzige sein, das Dir sauer aufstößt…?
Er hat jetzt einen neuen Spitznamen: „Mundl im Wunderland“. Ich weiß nämlich nicht, wovon er träumt, wenn er von zwei Sekunden pro Kilometer spricht, die ein WRC schneller sein soll, als ein R5. Da reden wir von einem Werksauto, das von einem Latvala oder Ogier bewegt wird. So ein Fahrzeug ist für eine nationale Meisterschaft gar nicht erhältlich, geschweige denn käuflich. Ein Kunden-Spec-WRC ist am Kilometer um fünf bis sieben Zehntel schneller als ein Kunden-Spec-R5. Um mich dieser unausstehlichen Kaffesud-Leserei nicht anzuschließen, habe ich mir letzte Woche ein aktuelles WRC auf Kundenstand und ein aktuelles R5 auf Kundenstand nach Rohr im Gebirge geholt und bin beide Autos gegeneinander gefahren. So, von zwei Sekunden pro Kilometer sind wir so weit entfernt, wie Rohr im Gebirge vom Mond weg ist. Soviel zu seinen Aussagen zum Leistungsunterschied. 

Dann die Sache mit dem „Geldhahn“ den irgendwer gefunden haben soll. Der Raimund und sein Rennstall BRR haben zu Zeiten der Mitsubishi Serienautos, die man ein bisserl auf Rennauto hergerichtet hat – ich spreche also von Gruppe-N-Fahrzeugen – für diverse ÖM-Läufe an junge, österreichische Nachwuchspiloten Angebote ausgeschickt, wo für seine Gruppe-N-Mitsubishis Mietpreise zwischen 20.000 und 30.000 Euro aufgerufen wurden. Für einen Staatsmeisterschaftslauf, wohlgemerkt. Damals hat er also die Hand aufgehalten und die Kohle genommen, ohne zu fragen, wer sich das bitte leisten kann, will, oder wo der berühmte Geldhahn ist. Aus der Perspektive ist mit Raimund Baumschlager eine Diskussion über dieses Thema ganz einfach nicht zu führen. Damit begibt er sich auf ein Niveau, auf dem er sportpolitisch zur Persona non grata wird.

WRC kostet 40.000 EUR mehr als R5

Und noch etwas zum Thema Kosten: Ein WRC auf Kundenstand kostet mich im Jahr, also auf sechs Läufe gerechnet, 40.000 Euro mehr als ein R5-Auto. Aber das ist dann insgesamt noch immer nicht mehr Geld, als uns seinerzeit die Ära mit den R4-Autos gekostet hat. Damals musste man nämlich so ein Auto kaufen, um konkurrenzfähig mitfahren zu können. Und dann sind wir mit der Einführung der R5-Fahrzeuge auf unseren Autos sitzengeblieben, weil die praktisch über Nacht wertlos wurden. Wenn ich das hineineinrechne, dann war diese Zeit genauso teuer, wie es jetzt mit einem WRC ist. Natürlich kann ich auch ein WRC anmieten, das doppelt so teuer ist wie ein R5 – man bewegt sich schließlich auf dem freien Markt, und da gibt’s immer eine große Spanne. Aber das muss ich ja nicht machen. 

Und last but not least, was mich am allermeisten ärgert, ist seine Aussage, dass „die anderen noch anderthalb Sekunden haben, um in den Kurven zu schlafen“. Damit beweist Raimund Baumschlager erstmals offen und ehrlich, was er von seinen Mitbewerbern in der ORM hält: Dass wir nämlich schlicht und ergreifend Wappler sind. Wir waren für den Raimund allesamt liebe und nette Sportskollegen, als wir noch als reine Hobby-Piloten eine brave Performance abgeliefert haben, mit bescheidenen Budgets und dadurch immer leicht unterlegenem Material angetreten sind, alles umrahmt von guter Pressearbeit, wo er dann aber am Ende des Tages immer der Sieger war. Das hat ihm gefallen, das hat ihm gepasst. Jetzt, wo er möglicherweise – die Betonung liegt auf möglicherweise – durch das eine oder andere WRC auch sportlich unter Druck kommt, zeigt der vorgebliche ewige Saubermann sein wahres Gesicht. Diese Aussage steht nun für sich selbst, da möge sich jeder einen Reim drauf machen. Allerdings wird von unserer Seite – also von den restlichen Piloten der Division 1 – sicher keine Diskussion auf diesem Niveau geführt.

Wo und wie werdet ihr die Diskussion dann führen?
Die können wir gerne auf technischer und sportlicher Ebene führen, wenn es darum geht, für die Fans in Österreich endlich wieder spannenden Rallyesport auf Augenhöhe zu betreiben. Wo aufgrund des neuen Reglements erstmals seit Jahren zumindest die theoretische Chance auf eine gewisse Ausgewogenheit besteht. Und eines ist auch klar: Spurlos wird die ganze Sache nicht vorübergehen. Wie man hört, rumort es bei Skoda schon, möchte doch der Herr Baumschlager seine Motoren plötzlich nicht mehr bei Oreca revidieren lassen.

Wenn wir schon bei Gerüchten sind. Was ist an den Gerüchten dran, dass ein Quirin Müller – immerhin Team-Manager beim WRC-Team von Martin Prokop – Anfragen erhalten, danach aber nie mehr wieder etwas gehört hat? Hast du dort auch angefragt?
Ja, ich habe dort angefragt, wie andere auch. Ich kann für meinen Teil allerdings mit Sicherheit sagen, dass ich dem Team eine schriftliche Absage erteilt habe, weil das Paket nicht gepasst hat. Ich weiß also nicht, von wem der Herr Baumschlager hier spricht. Wenn jedoch der Geschäftsmann Quirin Müller über vertrauliche Anfragen mit irgendwelchen Dritten spricht und das alles offensichtlich eins zu eins weiterträgt, dann wird man beim Team von Martin Prokop in Zukunft vielleicht nicht mehr besonders viele Anfragen erhalten. Seriöses Geschäftsgebaren sieht – zumindest nach meinem Verständnis – deutlich anders aus.

Wie schaut jetzt dein Resümee aus? Wie geht es weiter?
Wir würden uns sehr freuen, wenn wir für die kommende Saison ein WRC-Projekt auf die Beine stellen könnten. Der erste Test hat mir großen Appetit auf mehr gemacht. Aber natürlich muss man auch in einem WRC erst einmal den Raimund in seiner Skoda-Rakete besiegen. Wer ihn kennt, der weiß, dass er Himmel und Hölle in Bewegung setzen wird, um seine bisher komfortable Situation zu prolongieren.

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