Die 43. ADAC/PRS-Havelland-Rallye leidet unter dem Wetter, vier Tage lang hat es im Berliner Umland ohne Pause geregnet. Am Abend vor dem Start präsentieren sich die Beton-Plattenweg nass und schmierig, die Schotterwege von Pfützen – oftmals Teichen – übersät, die Sandwege haben sich in Matschpisten verwandelt, stellenweise mehrere hundert Meter lang. Der Veranstalter zieht die Notbremse, streicht vier Passagen und händigt den Teilnehmern am Samstagmorgen 17 neue Bordbuchseiten aus. Dass sich bei der einzigen Schotter-Rallye 70 die Summe der WP-Kilometer von 66 auf 58 km verringert und der Schotter-Sand-Gras-Anteil von 59% auf 51% stört niemand, die Havelland-Rallye bleibt hart, schwierig und schmierig – aber sie läuft!
Zwei Durchgänge in der Waschstraße
Der Auftakt ist allerdings rumplig, denn auf dem kurvenreichen Betonplattenweg am Neuendorfer Quergraben rutschen drei Fahrzeuge von der Piste, die notwendige Bergung reißt ein halbstündiges Loch ins Feld; die Lücke wird zwar in den Pausen geschlossen, aber der erste Trabant erreicht letztlich mit einer Dreiviertelstunde Verspätung das Ziel in Beelitz. Dort treffen am Samstagabend immerhin noch 45 der 60 gestarteten Teams ein: Alle sind reif für zwei Durchgänge in der Waschstraße, doch die Ausfallquote bleibt angesichts der extrem schwierigen und schmierigen Pisten sogar unter dem Rallye-70-Durchschnitt.
Früher Ausfall von Keskinen
Der haushohe Favorit Jaakko Keskinen, als Letzter gestartet, zählt allerdings zu den Ausgefallenen. Schon auf der ersten Prüfung bricht eine Antriebswelle am Mitsubishi, der Finne rollt langsam bis zum Stopp und lädt früh auf. Erste Spitzenreiter werden dadurch die Thüringer Patrick Neidhardt und Susanne Oelszner, die den nur rund 250 PS starken Audi A4 Quattro knapp drei Sekunden schneller über die Beton- und Schotterwege scheuchen als Martin Christ und Tino Krajewski den Gruppe-N-Mitsubishi von Michael Ehrle. Christ, Trabi-Champion von 2007 und beim Schotter-Cup-Auftakt in Wittenberg noch Klassensieger im Trabant, hat zum zweiten Mal einen Allrad-Turbo angemietet und übernimmt mit einer Bestzeit auf der kurzen Prüfung bei Nichel die Führung. Neidhardt kracht mit der Fahrerseite in einen Baum, der eine tiefe Kerbe zwischen Fahrertür und Hinterrad erzeugt, das Fahrverhalten des Audi ist anschließend leicht gestört.
Die dritte Prüfung bei Brück erlebt viele Zuschauer an der Flugkuppe. Martin Christ setzt hier die zweite Bestzeit und führt im Regrouping auf der Pferderennbahn - die Drifts über den Rasen der „Titanen-Arena“ entfallen wetterbedingt – mit elf Sekunden Vorsprung vor dem finnischen Gentleman-Driver Rami Seppä im Gruppe-H-Evo 7 und mit 21 Sekunden vor Neidhardt. Auf den beiden Prüfungen der zweiten Schleife teilen sich Christ und Seppä die Bestzeiten, Neidhardts Rückstand auf die führenden Mitsubishi vergrößert sich. Nach der langen Pause mit Reifenwechselmöglichkeit und Christbaum-Montage stehen zwei Durchgänge auf dem Klassiker „Deutsch Bork“ – Volksfest auf dem Dorfanger inklusive - an, aufgefüllt mit der zweiten Prüfung rund um Nichel. Martin Christ und Tino Krajewski setzen zwei weitere Bestzeiten und können das Finale durch Deutsch Bork locker angehen; mit einem Vorsprung von sechzehn Sekunden fahren die Trabant-Spezialisten ihren ersten Gesamtsieg nach Hause. Der Finne Rami Seppä, dirigiert vom langjährigen Keskinen-Copiloten Juha Heikkilä, erzielt als Zweiter das beste Resultat seiner kurzen Karriere. Patrick Neidhardt und Susanne Oelszner kämpfen sich mit dem ramponierten Audi bis ins Ziel und werden mit dem dritten Platz auf dem Podest belohnt.
Vollak bester Nicht-Allradler
Eineinhalb Minuten hinter den drei Allrad-Turbos sieht der beste Nicht-Allradler das Ziel. Einmal mehr zeigen Sebastian Vollak und Lisa Kuhn im BMW 318 Compact der Konkurrenz die Rücklichter. Mitfavorit Mark Muschiol muss seinen Clio schon nach wenigen Kilometern mit Motorschaden abstellen. Doch Dark Liebehenschel und Henry Wichura im Citroen C2 R2 und die Lausitzer Golf-Treter Marek Goldbohm und René Sommer liegen lange in Schlagdistanz zu Vollak, bis am Golf die Motoraufhängung bricht – Goldbohm erreicht dank Ratschengurt-Notreparatur das Ziel – und Liebehenschel auf einem der sauglatten Betonwege beim Bremsen in die Wiese kreiselt und den Anschluss verliert. Auch Bernd Knüpfer und Daniel Herzig leisten sich im Opel Astra einen Dreher, bringen den Astra GSi aber trotzdem auf Rang 6 ins Ziel, direkt vor Bernds Bruder Dirk Knüpfer mit Frank Dietzsch im Honda Civic R. Hinter den CTC-Siegern Andreas Rink und Gernot Polzin im Impreza fahren Stephan Dammaschke und Julia Siegel den 1600-cm³-Colt auf einen tollen neunten Gesamtrang, gewinnen die Klasse F9 und hüpfen noch auf Platz 1 im DMSB-Rallye-Pokal Ost.
Christ wird nach Sieg Beifahrer
Die 3-Liter-Klasse der Gruppe F ist mit zwölf Fahrzeugen am stärksten besetzt. Überraschend feiern Nick Heilborn und Christian Schramm im BMW 328 den Klassensieg vor Siegfried und Petra Damm im Audi 90 Quattro. Die besten Volvo aus dem Original-Cup landen dahinter auf den Klassen-Plätzen 3 bis 5. Charly Beck rettet sich mit einem Rest von drei Sekunden Vorsprung gegen Werner Löseke ins Ziel, nachdem Stefan Haberland nach einem Einschlag vorn links die Führung abgeben muss. Andreas Leue knickt mit seinem Volvo 940 einen Telefonmast und landet nur im Mittelfeld. Die 1300-cm³-Klasse der Gruppe H gewinnen Uwe Joachim und Tobias Gutewort im Opel Kadett und übernehmen dadurch die Tabellenführung im Schotter-Cup. Die Trabant-Klasse sieht Benjamin Derda und Maria Kretzschmar klar vorn. Bei der Lausitz-Rallye in zwei Wochen wird Derda mit einem anderen Copiloten starten: mit Havelland-Sieger Martin Christ!
Ergebnis 43. ADAC/PRS-Havelland-Rallye
1. | Martin Christ / Tino Krajewski | Mitsubishi Evo 9 | F3A | 43:03,3 |
2. | Rami Seppä / Juha Heikkilä | Mitsubishi Evo 7 | H16 | +16,0 |
3. | Patrick Neidhardt / Susanne Oelszner | Audi A4 Quattro | F3A | +36,6 |
4. | Sebastian Vollak / Lisa Kuhn | BMW 318 Compact | F8 | +2:05,1 |
5. | Dark Liebehenschel / Henry Wichura | Citroen C2 R2 | H13 | +3:11,0 |
6. | Bernd Knüpfer / Daniel Herzig | Opel Astra GSi | F8 | +3:13,8 |
7. | Dirk Knüpfer / Frank Dietzsch | Honda Civic R | F8 | +3:27,2 |
8. | Andreas Rink / Gernot Polzin | Subaru Impreza | C28 | +3:32,9 |
9. | Stephan Dammaschke / Julia Siegel | Mitsubishi Colt | F9 | +3:34,7 |
10. | Robby Fechner / Florian Pitzk | Mitsubishi Evo 6 | H16 | +3:41,2 |
11. | René Möller / Nico Köllner | Subaru Impreza | C28 | +4:03,0 |
12. | Björn Leiß / André Seltmann | Mazda 323 GTX | G20 | +4:35,5 |
13. | Marek Goldbohm / René Sommer | VW Golf III GTI | H14 | +4:36,0 |
14. | Nick Heilborn / Christian Schramm | BMW 328i E36 | F3B | +5:19,8 |
15. | Klaus Braun / Mareen Morgenroth | Opel Vectra 4x4 | G19 | +5:22,1 |
GALERIE: Die Bilder der Havelland-Rallye 2015
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