BAD SCHMIEDEBERG

Finnen-Triumph in Bad Schmiedeberg

Bei der Rallye Bad Schmiedeberg erobern die Fahrer aus Finnland alle drei Podestplätze. Einzig Copilotin Kerstin Munkwitz hält mit dem vierten Sieg in Folge die schwarz-rot-goldene Fahne gegen Weiß-Blau hoch.

2011 hat sie mit Dirk Richter im Ford Escort ihren ersten Heimsieg in Bad Schmiedeberg gefeiert, 2012 und 2013 nachgelegt mit dem Finnen Jukka Ketomäki am Volant seines Mitsubishi Lancer Evo 10. In diesem Jahr startet das finnisch-deutsche Team erneut mit der Nummer 1 in der Favoritenrolle. Zwei Fragen stehen im Raum. Erstens: Hält das Differenzial des Gruppe-N-Evo 9, der mit Eigentümer Pekka Ruokonen am Lenkrad bei der Wedemark-Rallye ausgefallen ist? Zweitens: Kann Ketomäki auf den beiden langen Asphaltprüfungen (WP 1+5 und 2+6) so dicht an den Gruppe-H-Mitsubishi von Raphael Ramonat und Rudi Reindl dran bleiben, dass er auf der WP 3+7 mit 70% Sand und Schotter zum großen Schlag ausholen kann?

Die zweite Frage erübrigt sich schon nach der ersten Prüfung mit drei engen Ortsdurchfahrten , vier langen Geraden und vier Bremsschikanen, insgesamt 9,2 km Asphalt. Denn Ketomäki fährt nicht hinter den Gruppe-H-Markenkollegen her, sondern fährt ihnen auf und davon! Reindl verliert 9, der finnische Sprintspezialist Toni Ahola 10 und Raphael Ramonat 11 Sekunden. Der gut besuchte Zuschauer-Rundkurs über 8,4 km puren Asphalt sieht sogar drei Finnen vorn, wobei Ahola die Bestzeit setzt vor Ketomäki und dem letztjährigen Schotter-Cup-Dritten Tero Röyhkiö. Raphael Ramonat scheidet am Start zur WP 2 aus, als sein Evo 7 an der Zeitkontrolle nicht mehr anspringt; Lazar Kan (Evo 9) ist bereits auf der ersten Prüfung ausgefallen, Thomas Böhm (Impreza GT) streckt im Rundkurs mit Motorproblemen die Waffen.

Die dritte Prüfung am Golmer Berg führt zu 70% über Schotterpisten und sandige Naturwege. „Natürlich“ versägen Jukka Ketomäki und Kerstin Munkwitz – wie schon in den beiden letzten Jahren – die Konkurrenz, 14 Sekunden Vorsprung auf Reindl bei knapp 7 km Länge sprechen eine deutliche Sprache. Ketomäki holt sich auch auf der vierten Prüfung – zwei sehr schnelle Landstraßen, verbunden durch eine reizvolle Schotterspange – die Bestzeit und erreicht die Halbzeitpause am Schloss Pretzsch mit satten 36 Sekunden Vorsprung vor Rudi Reindl, dem die Finnen Ahola und Röyhkiö mit 3 bzw. 4 Sekunden Rückstand an der Stoßstange kleben. Die einheimischen Brüder Matthias und Marcel Koch sind im Evo 8 zweitbestes Gruppe-N-Team vor Jörg Mittelsdorf (Evo 10) und Debütant Benjamin Leuchter (Evo 9), können aber wegen Problemen am Antrieb zur zweiten Schleife nicht mehr antreten.

Die Möglichkeit zum Reifenwechsel, gleich nach dem Restart, nutzen lediglich neun Teams. Die zweite Schleife ähnelt dem ersten Umlauf sehr, Ketomäki setzt dreimal, Ahola einmal die Bestzeit. Der Mitsubishi Lancer Evo 9 läuft wie ein Uhrwerk - das ist die Antwort auf die erste Frage. Jukka Ketomäki und Kerstin Munkwitz bauen die Führung auf mehr als eine Minute aus und feiern im Ziel vor dem Schmiedeberger Kurhaus ihren dritten Gesamtsieg hintereinander – ein echter Hattrick. „Wir wollten den Deutschen mal zeigen, dass wir Finnen auch auf Asphalt schnell fahren können“, kommentiert der eher wortkarge Finne den Erfolg. Den Triumph komplettieren seine Landsleute Toni Ahola und Timo Mäki-Ikola sowie Tero Röyhkiö und Timo Hallia auf den Plätzen 2 und 3. Sie haben den enttäuschenden und enttäuschten Rudi Reindl auf Rang 4 durchgereicht. Das zweite Auto aus dem Teams des Thüringer Copiloten Michael Ehrle, der Evo 10 mit Jörg Mittelsdorf und Ehrles Tochter Lara Quast, erreicht Rang 5.

Marc Bach und Patrick Hoßbach aus Eisenhüttenstadt bewegen den PS-starken, aber traktionsschwachen BMW M3 mit viel Einsatz und strahlen im Ziel, weil sie nur fünf Allrad-Turbos den Vortritt lassen müssen. 13 Sekunden langsamer als Bach spult ein glänzend aufgelegter Patrick Pusch die acht Prüfungen ab. Pusch jagt den angemieteten Peugeot 208 R2 mit kernigem Sound sehr flott und sehr gleichmäßig über die Pisten und liegt ab WP 2 (nur beim Auftakt fährt Sebastian Langlotz im VW Golf Kitcar zwei Sekunden schneller) an der Spitze der Fronttriebler. Souverän gewinnen Pusch und sein Co Max Menz die 1600er-Klasse (vor Rudi Macht im Fabia R2 und dem Berliner Thomas Leonhardt im Golf I) und jubeln über Gesamtrang 7. Den hätten ihnen Bernd Knüpfer und Daniel Herzig mit den turbobefeuerten Opel Astra OPC vielleicht streitig gemacht, doch ein kleiner Ausritt kostet Knüpfer auf WP 3 ungefähr jene sechs Sekunden, um die Pusch die Nase vorn hat.

Die mit dreißig Fahrzeugen besetzte Klasse der Gruppe N/F bis 2000 cm³ erlebt einen packenden Zweikampf zwischen Mark Muschiol, Schotter-Cup-Sieger 2013, im Renault Clio und dem Rheinländer Günther Werner, Schotter-Cup-Sieger 2011, im BMW 318is – kein Cup-Auto, sondern mit rund 185 PS unterwegs. Viermal wechselt die Führung, auf der letzten Prüfung wandeln Günther und sein Co Hans-Peter Schmitz eine Zehntelsekunde Rückstand in einen 8-Sekunden-Vorsprung um, schaffen Platz 10 und gewinnen die Klasse. Muschiol, dem diesmal Marcel Eichenauer als Ersatz für Kerstin Munkwitz das Gebetbuch vorliest, wird Zweiter, die drittplatzierten Rudi und Simone Weileder gewinnen die 318is-Cup-Wertung vor Felix Weisert; dazwischen schiebt sich noch der Wittenberger Quertreiber Frank Zischkale in einem weiteren 318is (außerhalb der Cup-Wertung). Kaum weniger spannend und nur wenig langsamer geht es in der 2-Liter-Klasse der Gruppe H zu. Die Clio-Piloten Christian Bauer und René Heller sind zwar auf Sand und Schotter rund 18 Sekunden schneller, doch die Junioren Sebastian Zimmermann und Valentin Langner, 26 und 20 Jahre alt, jagen den Golf III so flott über die Asphaltstrecken, dass sie die Klasse mit fünf Sekunden Vorsprung zu ihren Gunsten entscheiden. Die Brüder Andreas und Kevin Fräßdorf belegen Klassenrang 3 im Seat Ibiza.

Recht deutlich behalten die amtierenden ADMV-Rallye-200-Meister Mirko Graf und Gundo Schmidt (Citroen Saxo) in der Gruppe N/F bis 1600 cm³ die Oberhand gegen die Dauerrivalen Rigo Sonntag und Mathias Rochow (Honda Civic). Die Polo-Fahrer Marcus Heß (Comeback nach vier Jahren Pause) und Johannes Heldt belegen die nächsten Plätze. Das traditionelle Duell bei den Trabis endet denkbar knapp: Mario Keller und David Krowiors siegen mit nur sechs Zehntelsekunden Vorsprung vor ihren Clubkameraden Andreas Schramm und Maik Bruder. Weitere Klassensiegerpokale nehmen Uwe Joachim und Tobias Gutewort (Suzuki Swift, H bis 1300), Andreas Rink und Gernot Polzin (Impreza, CTC), Mario Kunstmann und Julia Wolanski (Mitsubishi, G21) sowie Klaus Braun und Mareen Morgenroth (Opel Vectra 4x4, G19) auf der Bühne im Festzelt in Empfang. Während die Sieger pünktlich das Ziel ansteuern, klafft in der Mitte des Feldes eine Lücke, nachdem ein BMW 318 frontal gegen einen Baum geprallt und in Flammen aufgegangen ist. Der leicht verletzte Fahrer ist abends bei der Rallye-Party im Festzelt dabei, der Beifahrer bleibt unverletzt. Die letzte Prüfung wird deswegen abgebrochen.

Die 9. ADMV-Rallye Kurstadt Bad Schmiedeberg ist fünfter und letzter Testlauf für das Konzept „Rallye 200 Plus“. Mit acht Wertungsprüfungen über 59 km, mit 80% Asphalt und 20% Schotter und einem gelungenen Strecken- und Zeitkonzept setzen die Organisatoren den Rahmen gut um, lediglich die große Entfernung zwischen Rallyezentrum und Reifenwechselzone gibt Anlass zu Kritik. Als überdurchschnittlich werden das Rallyezentrum sowie das Leitsystem für Fahrer und Zuschauer und das Rahmenprogramm am Rundkurs bewertet. Von den 114 gestarteten Teams stehen abends 87 im Parc Fermé, das bedeutet eine relativ niedrige Ausfallquote von 23%.

Ergebnis 9. ADMV-Rallye Bad Schmiedeberg am 13. September 2014:

01. Jukka Ketomäki/Kerstin Munkwitz, Mitsubishi Evo 9, N3A, 31:06,8
02. Toni Ahola/Timo Mäki-Ikola, Mitsubishi Evo 7, H16 +1:02,6
03. Tero Röyhkiö/Timo Hallia, Mitsubishi Evo 8, H16 +1:06,1
04. Rudi Reindl/Michael Ehrle, Mitsubishi Evo 7, H16 +1:14,0
05. Jörg Mittelsdorf/Lara Quast, Mitsubishi Evo 10, N3A +1:58,3
06. Marc Bach/Patrick Hoßbach, BMW M3 E36, H15 +2:57,5
07. Patrick Pusch/Max Menz, Peugeot 208 R2, H13 +3:10,0
08. Bernd Knüpfer/Daniel Herzig, Opel Astra Turbo, N3B +3:16,1
09. Michael Dinkel/Michael Bayer, Mitsubishi Evo 7, H16 +3:26,7
10. Günther Werner/Hans-P. Schmitz, BMW 318is E30, F8 +3:27,0
11. Mark Muschiol/Marcel Eichenauer, Renault Clio II, N8 +3.35,4
12. Seb. Zimmermann/Valentin Langner, VW Golf III, H14 +4:00,9
13. Christian Bauer/René Heller, Renault Clio II, H14 +4:06,1
14. Mario Kunstmann/Julia Wolanski, Mitsubishi Evo 7, G21 +4:25,9
15. Wolfram Centner/Nanett Centner, Mitsubishi Evo 8, H16 +4:26,7
16. Rudi Weileder/Simone Weileder, BMW 318is E30, F8 +4:44,0

GALERIE: Die Bilder der Rallye Bad Schmiedeberg 2014


Mehr Bilder ansehen ...

« zurück