Dakar 2023

Audi stellt RS Q e-tron E2 vor

Mit dem vollelektrischen RS Q e-tron startet Audi im kommenden Jahr zum zweiten Mal bei der legendären Rallye Dakar. Damit es mit dem Sieg klappt, müssen die Designer zurückstecken.

Bei Audi Sport dreht sich zur Zeit alles um die Formel 1. Seit der Bekanntgabe des Einstiegs der Ingolstädter in die Königsklasse des Rennsports im Jahr 2026 hagelt es nur so vor Anfragen. Dabei ist es noch lange hin, bis die vier Ringe im Grand-Prix-Zirkus zu sehen sein werden. Und vor allem gibt es bis dahin noch ein anderes Motorsportprojekt, dem sich die Ingolstädter mit voller Kraft und vermutlich auch mit überzogenen Budgets widmen: die Wüstenrallye Dakar, bei der man in diesem Jahr erstmals dabei war. Das Einsatzfahrzeug ist der RS Q e-tron, der das Attribut revolutionär zurecht trägt: Er wird vollelektrisch angetrieben und bezieht den Strom dafür von einem bordeigenen Hochleistungsgenerator.

Beim Dakar-Debüt im Januar 2022 blitzte bereits das große Potenzial dieser Technologie auf. Etappensiege und ein neunter Platz im Gesamtklassement überspielten dabei Kinderkrankheiten am Fahrzeug und teures Lehrgeld, das Wüstenrallys fordern. Und es offenbarte sich, das an einen Punkt in der Kürze der Entwicklungszeit nicht konsequent genug gedacht worden war: das Fahrzeuggewicht. Der Audi überschritt den vorgegebenen Mindestwert deutlich, was im Rennsport grundsätzlich ein Manko ist. Ein wesentlicher Teil dieses Ballasts ging dabei auf das Konto der Designer. So hatten großen Einfluss, durften mitgestalten und ihre Vorstellungen von einem futuristischen Rallye-Audi verwirklichen. Als Folge entstand ein wirklich imposant anzusehender RS Q e-tron, der aber nicht gerade ein sportliches Slimfit-Model war.

Seit diesem Jahr haben ganz augenscheinlich aber wieder die Rennsportingenieure, Aerodynamiker und Wüstenfüchse das Sagen. Sie stellten eine neue Version auf die Räder, die den Zusatz E2 trägt. Dafür wurde alles, was nicht irgendwie fürs Siegen hilfreich ist, radikal entfernt. Dazu gehörten zum Beispiel die voluminösen Seitenkästen, die selbst von Audi-Leuten als „Elefantenfüße“ verspottet wurden. Sämtlicher unnötiger Verkleidungen beraubt, wirkt der RS Q e-tron E2 fast ein bisschen wie ein Buggy oder wie „ein Formel-1-Wagen für die Wüste“, wie es der technische Projektleiter, Benedikt Brunninger, beschreibt. An den Abmessungen des Fahrzeugs änderte sich dabei nichts.

Doch es waren nicht nur Designelemente, die entsorgt wurden. „Manche Dinge haben wir als Einsteiger vor der unserer ersten Dakar einfach falsch eingeschätzt“, räumt Brunninger ein. Der Unterfahrschutz, also Platten besonders im vorderen Fahrzeugbereich, waren viel zu massiv kalkuliert. Auch sie wurden gegen standesgemäße Alternativen getauscht. 80 Kilogramm sollen es in Summe sein, die auf diese Weise insgesamt eingespart wurden. Schaut man sich alt und neu an, dürften es sogar mehr sein. Auf jeden Fall ist man jetzt beim Gewicht im Zielbereich. Dabei ist dieses Ziel noch gar nicht exakt definiert, denn erst im Oktober gibt der Automobil-Weltverband FIA die exakten Regeln bekannt. Lag das Mindestgewicht für diese Fahrzeugkategorie in diesem Jahr noch bei zwei Tonnen, werden es 2023 vermutlich 2,1 Tonnen sein. Doch Ballast zuzuladen geht immer leichter, als Gewicht zu sparen. Zumal auf diese Weise der Schwerpunkt weiter optimiert werden kann.

Das offiziell noch nicht fixierte Regelwerk wirft aber nicht nur beim Gewicht Fragezeichen auf. Da das Antriebskonzept von Audi einzigartig ist, besteht die Aufgabe des Weltverbands auch darin, die anderen Fahrzeugkategorien – allen voran die, in der Hauptwettbewerber und 2022-Gewinner Toyota startet – einander anzupassen. Dass dabei auch Politik im Spiel ist, liegt nahe. So ist beispielsweise auch nicht sicher, wie viel Leistung der RS Q e-tron E2 letztlich haben wird. Sein Vorlänger brachte es auf 392 PS. Mehr wäre möglich, wahrscheinlicher ist indes eine leichte Reduktion. Das Antriebskonzept blieb für diese Evolutionsstufe sowie unangetastet: zwei Elektromotoren, 800-Volt-Systemspannung, 52-kWh-Batterie und ein Verbrennungsmotor zur Stromgewinnung, der seine Wurzeln in der DTM hat. Einzig das Steuersystem wurde weiter verfeinert.

„Der RS Q e-tron E2 ist deutlich agiler als sein Vorgänger“, freut sich Werksfahrer Mattias Ekström, der den Neuen bereits ausgiebig getestet hat. Doch bei Wüstenrallye sind Piloten nicht nur Rennfahrer, sondern zusammen mit ihren Copiloten oft auch ihre eigenen Mechaniker. Sie sollen den Wagen im Schadensfall unterwegs wieder flott kriegen – schnell und ohne viel Hilfsmittel. Auch wenn es banal klingen mag: Bereits ein Reifenwechsel ist eine Herausforderung in der Wüste und zählt dabei zu den gängigeren Pannen. Durch spezielle Radnaben können die trainierten Audi-Piloten den Wechsel jetzt in unter zwei Minuten schaffen. Dieser Wert ist deshalb so wichtig, weil im Zwei-Minuten-Rhythmus gestartet wird. Bei einer längeren Panne zieht folglich der Nachfolger vorbei, was ein Hinterherfahren in einer Staubwolke bedeuten würde. Ein Hinweis, der wohl von erfahrenen Wüstenfahrern kam und nicht von den Designern.

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